Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz
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Baldowerer <strong>und</strong> Zuträger, als Helfershelfer <strong>und</strong> Hehler. Das zu<br />
dem eigentlichen Schlag gehörende Gesindel bildete aus sich<br />
heraus dagegen nur selten größere Banden.<br />
Nur in Zeiten großer staatlicher Schwäche konnten sich<br />
organisierte Banden länger halten. In der Regel vereinigten sich<br />
die Diebe <strong>und</strong> Gauner nur vorübergehend zu gemeinsamen Unternehmungen,<br />
um nach Vollbringung einiger Diebstähle- <strong>und</strong> <strong>Ein</strong>brüche<br />
oder einiger Straßen- <strong>und</strong> Kirchenräubereien wieder auseinanderzugehen<br />
<strong>und</strong> einzeln des Wegs zu ziehen. In anderen<br />
Gegenden <strong>und</strong> in anderer Zusammensetzung verbanden sie sich<br />
dann wieder für kurze Zeit zu neuen Taten. Dieses Vorgehen<br />
bildete für sie einen großen Schutz, da die Behörden hinter den<br />
harmlosen „Reisenden", die mit ihrer Familie einem armseligen<br />
Handwerk nachzogen oder als Bettler auftraten, nicht die gesuchten<br />
Bandit en vermuteten. Und selbst dann, wenn der eine<br />
oder andere „gefänglich eingezogen" wude, so waren die übrigen<br />
längst weit zerstreut <strong>und</strong> über alle Berge. <strong>Ein</strong>e weitere Möglichkeit,<br />
sich der Verfolgung zu entziehen, lag für sie darin, vorübergehend<br />
unter die Soldaten zu gehen. An Werbern fehlte es im<br />
geeigneten Augenblick ebensowenig wie später an Gelegenheiten<br />
zu desertieren. Der eigentliche alte Stamm des Vagab<strong>und</strong>enschlages<br />
nährte sich aber weniger durch aufsehenerregende Räubereien als<br />
durch offenen <strong>und</strong> versteckten Bettel, durch Diebstahl <strong>und</strong> durch<br />
vielgestaltigen Betrug. Die Erbanlage des umherstrolchenden<br />
Diebes, des verschlagenen Betrügers, des gerissenen Gauners ist<br />
in der Regel eine andere als die des verwegenen <strong>und</strong> gewalttätigen<br />
<strong>Ein</strong>brechers oder des räuberischen Bösewichts.<br />
Das jeweilige Bild, das die Angehörigen des Vagantenschlages<br />
im Laufe der Jahrh<strong>und</strong>erte boten, <strong>und</strong> das von Jahrzehnt zu<br />
Jahrzehnt wechselte, hing in hohem Maße von äußeren Umständen<br />
ab. Nach den mittelalterlichen Kriegen nahmen die Glieder<br />
des Schlages die Maske der entlassenen Söldner oder der heimatlos<br />
gewordenen kriegsbeschädigten Landsknechte an oder zogen als<br />
„gartende Knechte" umher. Andere Generationen traten wieder<br />
als „Pilger" oder als Konvertiten, als Kollektanten oder später<br />
als „Emigranten" auf. Unter den Reisigen der alten Söldnertruppen<br />
<strong>und</strong> auch unter dem Troß hat sich zweifellos mancher<br />
Vagant <strong>und</strong> Abenteurer bef<strong>und</strong>en.<br />
Zu anderen Zeiten griffen die Angehörigen dieses Schlages,<br />
wenn sie nicht als Gauner „vom Diebstahl <strong>und</strong> vom Betrug<br />
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