Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz

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Profession machten", zu einem Handwerk, das sie im Umherziehen
betreiben konnten. Sie waren heute hier und morgen dort
als Medikaster und Materialisten, als Schinder und Wasenknechte,
oder sie boten sich als rauhe Gesellen dem Henker an. Als derartige
„Freileute" genossen sie weder Schutz noch Schirm, sondern
zählten zum verachteten und rechtlosen „unehrlichen Volk".
Andere betrieben dem Schein nach als Kesselflicker oder Sägenfeiler,
als Bäust- oder Zundelmacher, als Schirmflicker oder Ölträger,
als Scherenschleiferi) oder als hausierende Handler mit
„kurtzen Waren" ein armseliges Handwerk oder Gewerbe.
Die Gründe dafür, daß der Vagabunden- und Gaunerschlag
gerade in Schwaben zu seiner stärksten Entwicklung kam, lagen
in äußeren Verhältnissen. Er breitete sich dort aus, wo er
auf den geringsten Widerstand stieß, und wo er zugleich
den besten Nährboden fand.
Die Beschaffenheit des Landes, hügelige Gegenden, einsame
Täler, große Wälder boten gute Ausweichmöglichkeiten und sorgten
für Sammelplätze und für geeignete Schlupfwinkel. In dieser Landschaft
fanden sich aber vor allem auch viel abgelegene Dörfer und
Weiler, einzelstehende Herbergen, Mühlen und Einödhöfe.
Vor allem aber bot das schwäbische Land der Ausbreitung
des Vagabundenschlages insofern ein besonders günstiges Gebiet,
als es aufgeteilt und zerstückelt war in zahllose kleinste Herrschaften
und Enklaven, in denen unzählige Fürsten, Grafen und
freie Reichsritter, reichsunmittelbare Prälaten und freie Reichsstädte
ihre Hoheitsrechte ausübten. Eine uneinheitliche Regierung
und Gesetzgebung in den verschiedensten kleinen Staatsgebilden,
die Machtlosigkeit des einzelnen, das Gegeneinanderarbeiten nicht
immer gerade freundnachbarlich gesinnter Obrigkeiten, gelegentlich
auch die Trägheit, Furchtsamkeit und Eifersüchtelei behördlicher
Organe boten den Angehörigen des Gaunerschlages
die vorzüglichste Gelegenheit zur Ausübung ihres Gewerbes.
Die durch die territoriale Zersplitterung gegebene Möglichkeit,
bei jeder Gefahr schnell auf fremdes Gebiet überzutreten und die
Schwächen der einzelnen Obrigkeiten auszunützen, bildete für sie
einen beachtlichen Schutz und eine gute Lebenssicherung.
1) Nicht jeder Scherenschleifer — diese Bezeichnung gilt heute
noch in Schwaben als beleidigendes Schimpfwort — war ein ehrloser
Vagabund. So war beispielsweise ein Matthias Berger in jener Zeit
„wohlbestallter wirklicher Hechinger Landesscherenschleifer".