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Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz

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dann einen Erfolg versprechen, wenn von uns selbst sämtliche<br />

Pfarrbücher einer Gegend systematisch durchforscht wurden.<br />

Der Gedanke, die Geistlichen zu beauftragen, uns einen<br />

Auszug aus ihren Tauf-, Ehe- <strong>und</strong> Totenbüchern zu liefern, der<br />

sämtliche Vagi enthielt, die seit dem Dreißigjährigen Krieg dort<br />

durchgezogen waren, mußte von vornherein aufgegeben werden,<br />

da man den Pfarrern eine derartig umfassende Arbeit nicht zumuten<br />

durfte; aber selbst dann, wenn einzelne Geistliche bereit<br />

gewesen wären, uns zu helfen, hätte dies keine Sicherheit geboten,<br />

denn ihre Amtsbrüder, die vor 100 <strong>und</strong> 200 Jahren lebten, hatten<br />

keine Anweisung, die Bezeichnung „vagab<strong>und</strong>i" in jedem Falle<br />

hinzuzusetzen. Trugen doch einzelne Pfarrer, wie wir schon<br />

sahen, in humaner Weise oft nur „vom Lande" oder „fremd" oder<br />

auch „peregrini" u. a. m. ein oder verzichteten völlig auf eine<br />

äußere Kennzeichnung. Uns aber waren immerhin manche der<br />

Vagab<strong>und</strong>engeschlechter bekannt, so daß sie uns bei sorgfältigem<br />

Durcharbeiten der Bücher auch dann nicht entgehen konnten,<br />

wenn der entscheidende Zusatz fehlte, <strong>und</strong> diese Bekanntschaft<br />

mußte sich außerdem von Mal zu Mal steigern').<br />

Letztlich aber schien die Möglichkeit, manche Vagantengeschlechter<br />

doch noch zu erfassen, überhaupt erst in dem Augenblick<br />

gegeben, als wir nach der Entdeckung <strong>und</strong> dem Studium<br />

alter Gaunerlisten, die allerdings nur ganz s elten die richtigen<br />

Familiennamen nennen, erkannt hatten, daß einzelne Vagantenfamilien<br />

sich mit Vorliebe in einem bestimmten „Revier" — also<br />

etwa „im Ries", „auf dem Schwarzwald", „im Gäu", „im<br />

Hohenzollerischen", „in der Gegend des Bodensees", „auf der<br />

Alb", „im Biindtner Land", „um den Ziirichersee herum", „im<br />

Bregenzerwald", „über Rhein" — aufhielten.<br />

Aus diesem Wander- <strong>und</strong> Strichgebiet der „Vagab<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

Jauner", das Tirol, die nördlichen Kantone der Schweiz, das<br />

Elsaß, die Pfalz, Baden, Bayern <strong>und</strong> „des schwäbischen Kreises<br />

Lande" umfaßte, mußte also erst einmal ein umschriebener<br />

1) Außer den obengenannten <strong>Ein</strong>trägen finden sich je nach dem<br />

Temperament des Kirchenbuchfährers auch andere <strong>Ein</strong>träge wie<br />

etwa: „den Almosen nachgehend", „ein Landmensch", „eine Landbettlerin",<br />

„Landfahrersleut", „ein Bettelmensch", „Lumpengesind",<br />

„Zigeunerbrut". Zigeuner erhalten die Bezeichnung : cingari, zingani,<br />

aegypti, „ex tribu cingarorum", Ziginer, Zigeiner. Unverdächtige<br />

Reisende erhielten das Prädikat: vagi, sed honesti.

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