Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz
Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz
Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
....._. 33<br />
schien jedoch nur dann gegeben, wenn sich die Forschung von<br />
vornherein in dem Umfang organisieren ließ, der durch das<br />
ständige Umherziehen der Vagab<strong>und</strong>en bestimmt war.<br />
Die großen Schwierigkeiten lagen darin, daß keine Anhaltspunkte<br />
darüber zu gewinnen waren, in welchen Orten <strong>und</strong> zu<br />
welcher Zeit die einzelnen Vaganten geboren waren, wann <strong>und</strong> wo<br />
sie eine Ehe geschlossen, <strong>und</strong> wann <strong>und</strong> wo sie gestorben waren.<br />
Zur Klärung ihrer Abstammungs- <strong>und</strong> Verwandtschaftsverhältnisse,<br />
die ja die erste Voraussetzung für jede weitere Erbforschung<br />
bildete, ließ sich, wie sich das schon anfangs gezeigt hatte, die<br />
übliche, von einem einzelnen Probanden ausgehende genealogische<br />
Methode nicht anwenden.<br />
Es gab daher keine andere Wahl, als die sämtlichen Pfarrbücher<br />
eines mehr oder weniger umschriebenen Bezirks erst einmal<br />
versuchsweise zu durchforschen, um festzustellen, ob sich auf diese<br />
Weise Zusammenhänge zwischen den überall vereinzelt eingetragenen<br />
Vaganten auffinden ließen. Die ganze Vagab<strong>und</strong>enforschung<br />
war damit zuerst ausschließlich auf Zufallsf<strong>und</strong>e angewiesen, <strong>und</strong><br />
selbst, wenn man alte Vagantenpaare fand, so blieb es doch völlig<br />
ungewiß, wo ihre Nachkommen verblieben waren. In keinem<br />
Kirchenbuch durfte man jemals Angaben darüber erwarten, in<br />
welche Gegenden sich die alten Gauner zu schlagen gedachten.<br />
Man mußte aus diesen Gründen von vornherein auch darauf verzichten,<br />
jemals mit Statistiken zu arbeiten, da keiner der F<strong>und</strong>e<br />
berechenbar bzw. rechnerisch verwertbar war. Wie sollte man<br />
davon reden können, wieviel Kinder ein Vagab<strong>und</strong>enpaar hatte,<br />
da dieses doch ein jedes Kind an einem anderen — unbekannten<br />
— Ort geboren hatte. Auch durfte man nicht damit rechnen, zu<br />
erfahren, wie viele von diesen Kindern am Leben blieben, da ja<br />
ein jedes an einem fremden Ort sterben mußte, — oft unbekannt —,<br />
so daß die Totenbücher nur verzeichnen konnten: „persona vagab<strong>und</strong>a,<br />
duodecim annorum", oder „Maria Anna; mendicata vaga ;<br />
cognomen nescitur", oder etwa : „<strong>Ein</strong> Bettelweib, begraben abends<br />
spät, sine lux et sine crux an einem besonderen Ort."<br />
Wenn man das gesteckte Ziel erreichen wollte, so durfte man<br />
sich durch Lücken <strong>und</strong> Unvollkommenheiten dieser Art ebensowenig<br />
schrecken lassen wie durch die Notwendigkeit, Millionen nichtssagender<br />
Namen in H<strong>und</strong>erten von Pfarrbüchern zu überprüfen, um<br />
als Vorarbeit die Abstammungsverhältnisse der hie <strong>und</strong> da vereinzelt<br />
vorkommenden „vagi" zu klären Diese Arbeit ließ tatsächlich nur<br />
3 <strong>Ritter</strong>, <strong>Ein</strong> <strong>Menschenschlag</strong>