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Robert Ritter: Ein Menschenschlag.Erbärztliche und - sifaz

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Sie lernten aber auch von klein auf die Gefahren kennen,<br />

die den „Reisenden" drohten. Sie mußten achtgeben auf die<br />

Streifer, die nach ihnen fahndeten, auf die Miliz <strong>und</strong> die<br />

Hatschiere, denen befohlen war, ein wachsames Auge auf sie<br />

zu haben.<br />

Wenn sie sich leidlich durchs Leben schlagen wollten, so<br />

mußten sie gewandt <strong>und</strong> behende <strong>und</strong> „flüchtig auf den Füßen<br />

sein". Sie mußten alle Pfade <strong>und</strong> Schliche kennen <strong>und</strong> mußten<br />

vertraut sein mit den Wurzeln, Kräutern <strong>und</strong> Beeren des Waldes,<br />

die den Hunger stillen konnten, sie mußten aber auch aufzumerken<br />

verstehen, wenn Vögel aufflatterten <strong>und</strong> Wild durchbrach, da<br />

dann gewöhnlich Gefahr drohte.<br />

Aber nicht nur die Bekanntschaft mit der Natur war eine<br />

Vorbedingung ihres Lebens, sondern auch die Kenntnis der<br />

Menschen <strong>und</strong> ihrer Gewohnheiten. Welchen Nutzen hatte gestohlenes<br />

Gut, wenn man nicht wußte, wer es als Hehler zum<br />

Verkauf auf den Markt trug ? Es galt zu wissen, wem man eine<br />

Untat zumuten, wem man sie nicht zumuten durfte. Man mußte<br />

sich auskennen unter den Bauern, in deren Scheuern <strong>und</strong> Ställen<br />

man Zuflucht suchen konnte, wenn die Kälte oder ein Unwetter<br />

es erforderte, man mußte sich gut zu stellen wissen mit den<br />

Herbergsvätern in den Diebswirtshäusern, so daß sie einen nicht<br />

verrieten an die Obrigkeit. Mußten doch auch die Eltern die<br />

Pfaffen kennen, die das Kind tauften <strong>und</strong> die Ehen schlossen,<br />

auch wenn die Schriften falsch oder nicht in Ordnung waren.<br />

Derjenige, der die Augen am besten offen hatte, dessen Aufmerksamkeit<br />

überall war, sah am ehesten die Schwächen der<br />

anderen. Ohne den Blick für den Menschen wäre es nicht möglich,<br />

den Dummen ausfindig zu machen, den man betrügen kann.<br />

Welches Mädchen würde wohl von einer weisen Frau ein Mittel<br />

erwerben, um schön zu werden, welcher Bauer brauchte ein<br />

Pulver für das kranke Vieh, welches alte Weiblein eine Pille<br />

gegen die Schärfe im Blut ? Ließen sich nicht überall Menschen<br />

finden, die den Falschmünzern Geld hergaben, um reich zu werden,<br />

die dem Schatzgräber trauten, oder die einer Wahrsagerin glaubten,<br />

daß Haus <strong>und</strong> Stall verhext seien ? Gab es nicht überall Menschen,<br />

die sich dem Fremden, seinem besonderen Äußeren, seinem sicheren<br />

Auftreten, seinem eindringlichen Blick nicht entziehen konnten,<br />

<strong>und</strong> die sich bestimmen ließen, gegen den eigenen Willen etwas<br />

zu kaufen ? Wer konnte ein rechtes Gaunerleben führen, der nicht

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