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PDF Katalog - Koller Auktionen

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Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen<br />

1161 (Detail)<br />

1161*<br />

FREISCHWINGER SKELETT-LYRAPENDULE, Louis XVI, der<br />

Zifferring sign. FILON A PARIS (Claude Charles François Filon, Meister<br />

1782), verso sign. vom Emailleur COTEAU (Jean Coteau, Genf 1740-<br />

1801 Paris), Paris um 1786/90.<br />

Blaues Sèvres-Porzellan, sog. „beau bleu“, sowie matt- und glanzvergoldete<br />

Bronze. Lyraförmiges Porzellangehäuse mit Apollo-Maskaron-<br />

Abschluss auf profiliertem Ovalsockel mit Perlstab und gequetschten<br />

Kugelfüssen. Fein bemalter Zifferring mit arabischen Minuten- und<br />

Stundenzahlen sowie Datum und Sekunde. 4 feine, durchbrochene und<br />

teils vergoldete Zeiger. Skelettiertes, frei schwingendes und mit 2760<br />

nummeriertes Werk mit Stiften-/Scherenhemmung und Schlossscheiben-<br />

Schlagwerk mit Stunden- und 1/2-Stundenschlag auf Glocke. Im Werk<br />

zusätzliche Revisions-Bezeichnungen N 1809 / BRUN OBRE 1812 /<br />

N-NAZE MAI 1819 und 11-5-88. Ausserordentlich feine, matt- und<br />

glanzvergoldete Bronzebeschläge und -applikationen. Mit feinem<br />

Glassturz. 27x14x61 cm.<br />

Provenienz: Aus einer europäischen Sammlung.<br />

Hochbedeutende Pendule von musealer Qualität, deren zusätzliche<br />

Besonderheit vor allem durch das frei schwingende Skelettwerk evident<br />

wird. Modellogleiche Pendulen wurden in unserer November-Auktion<br />

1995 (<strong>Katalog</strong>nr. 4012) und Dezember-Auktion 2006 (<strong>Katalog</strong>nr. 1184)<br />

verkauft.<br />

Die ersten beiden Lyren in Sèvres-Porzellan, welche als Uhren konzipiert<br />

waren, sind im „Registre des ventes de la Manufacure“ auf den 4.1.1786<br />

datiert (Sèvres, M.N.C. ArchVy10, fo 13r). Ihre Farbe wurde „beau bleu“<br />

genannt. In der Liste werden sie gleich nach den verschiedenen Käufen<br />

von Louis XVI im Dezember 1785 aufgeführt, die dieser an den jährlich<br />

stattfindenden Verkaufsausstellungen der Manufaktur in Versailles tätigte.<br />

Als Käufer der Lyren kommt - entgegen anderer Behauptungen - nicht<br />

der König in Frage, sondern ein nicht erwähnter „marchand-mercier“.<br />

In den gleichen Registern werden Zahlungen (ibid., Vy10, datiert auf den<br />

30.1.1786), der Witwe Courieult erwähnt, Gattin des am 16.1.1786 verstorbenen<br />

Uhrmachers Gabriel. In dessen am 13.2.1786 erstelltem Inventar<br />

wird „une boîte de lyre en porcelaine bleu avec son cadran et ses bronzes<br />

sans être dorés, prisée deux cent quarante livres“ (Paris, A.M. Min., Cen.<br />

CXIII. 564) aufgeführt - damit kann nur die Lyra in „beau bleu“ aus dem<br />

oben erwähnten Kauf gemeint sein. Die Witwe Courieult kaufte 1786<br />

eine zweite, 1787 5 weitere und 1788 noch eine Pendule (Sèvres, M.N.C.<br />

Arch., Vy10). Drei weitere Pendulen wurden vor dem Sturz der<br />

Monarchie anderen Personen verkauft; wovon eine als bar zahlend notiert,<br />

jedoch nicht namentlich erwähnt ist (ibid., Vy10 und 11). In den<br />

Verkaufsregistern von 1795 und 1796 sind 12 an den Uhrmacher Kinable<br />

verkaufte Lyren „à fond bleu, rose, bleu céleste et vert“ notiert. 1798<br />

erwarb der Citoyen Cardineaux eine; weitere werden 1806 erwähnt, 7<br />

Lyren „à fond bleu“, ebenfalls von Kinable gekauft. Zusammenfassend<br />

kann festgehalten werden, dass im Zeitraum zwischen 1785 und 1806 nur<br />

31 Porzellan-Lyren verschiedener Farbgebung verkauft wurden, davon<br />

gingen 8 an die Witwe Courieult und 19 an Kinable, alle stammen aus<br />

dem Directoire und Empire.<br />

Mehrere Lyra-Pendulen von Kinable befinden sich in den Sammlungen<br />

des Victoria und Albert Museum in London (Inventarnr. 1004-1882), der<br />

Königlichen Sammlungen von England und der Walters Art Gallery in<br />

Baltimore (Inventarnr. 58.232). Wie bereits dargelegt, hielt die Beliebtheit<br />

der Lyra-Pendulen auch während und nach der Revolution an. Es ist<br />

wahrscheinlich, dass eine Pariser Manufaktur ähnliche Modelle herstellte;<br />

jenes der Fondation Ephrussi de Rothschild in Saint-Jean-Cap-Ferrat - mit<br />

Werk von J. Bréant und rosa Porzellan ist das wohl prächtigste Beispiel.<br />

J. Coteau erhielt den Titel „maître peintre-émailleur“ an der Académie de<br />

Saint-Luc in Genf. In den späten 1760er Jahren zog er nach Paris, wo er in<br />

der Rue Poupée sein Atelier installierte. Bald hatte er sich einen Namen<br />

als herausragender Emailmaler gemacht und fertigte die wohl bedeutendsten<br />

und akkuratesten Zifferblätter seiner Zeit. Er entwickelte ein neues<br />

Verfahren, das es ihm ermöglichte, mit Goldlegierungen auf Porzellanfond<br />

zu malen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass er auch für die königliche<br />

Manufacture de Sèvres arbeitete.<br />

Lit.: H.L. Tardy, Dictionnaire des horlogers français, Paris 1972; S. 227<br />

(biogr. Angaben zu Filon). J.D. Augarde, Les ouvriers du temps, Genf<br />

1995; S. 103 und 342 (Abb. zweier Skelettpendulen mit Zifferblättern von<br />

Coteau).Thieme/Becker, Leipzig 1999; 7/8, S. 551 (biogr. Angaben zu<br />

Coteau).<br />

CHF 80 000.– / 140 000.–<br />

(€ 66 700.– / 116 700.–)<br />

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