Das Wirken der Unendlichkeit - Zum Abnehmen
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im Weg zu sein. Er war schließlich <strong>der</strong> Künstler.<br />
Luigi begann eine regelrechte Show. Seine Bewegungen beim Malen wurden immer<br />
schwungvoller und ausladen<strong>der</strong>, so daß das Gerüst bald hin und her schaukelte. Mir<br />
wurde schwindlig. Ich wollte auf das sichere Dach zurück und nutzte als Vorwand<br />
dazu die Feststellung, daß ich mehr Farbe und Werkzeug brauche. Ich hielt mich am<br />
Rand <strong>der</strong> niedrigen Mauer fest, die das flache Dach umgab, und wollte mich<br />
hinaufziehen. Aber meine Fußspitzen verklemmten sich in den Spalten zwischen den<br />
Dielen des Gerüsts. Ich versuchte, meine Füße und das Gerüst näher an die Mauer<br />
zu ziehen, doch je fester ich zog, desto weiter stieß ich das Gerüst von <strong>der</strong> Mauer ab.<br />
Anstatt mir dabei zu helfen, meine Füße frei zu bekommen, setzte sich Luigi auf die<br />
Dielen und umklammerte die Seile, mit denen das Gerüst am Dach befestigt war. Er<br />
bekreuzigte sich und sah mich entsetzt an. Er richtete sich kniend halb auf und<br />
weinte, während er das Vaterunser betete.<br />
Ich klammerte mich mit aller Kraft an den Mauerrand. Die Gewißheit, daß ich auf<br />
keinen Fall meine Selbstkontrolle verlieren durfte, wenn ich verhin<strong>der</strong>n wollte, daß<br />
sich das Gerüst weiter und weiter von <strong>der</strong> Wand weg bewegte, gab mir die Kraft <strong>der</strong><br />
Verzweiflung. Ich würde meinen Griff nicht lockern und dreizehn Stockwerke tief<br />
stürzen und sterben. Luigi, bis zum bitteren Ende ein großer Redner, rief mir unter<br />
Tränen zu, ich solle beten. Er schwor, wir würden beide hinunterfallen, und das<br />
Mindeste, was wir vor unserem Tod tun könnten, sei, für die Rettung unserer Seelen<br />
zu beten. Ich überlegte einen Augenblick, ob Beten zweckmäßig sei, aber ich<br />
entschied mich dafür, um Hilfe zu rufen. Die Leute im Gebäude mussten schließlich<br />
mein Geschrei gehört und die Feuerwehr gerufen haben. Ich hatte wirklich den<br />
Eindruck, es habe nur zwei o<strong>der</strong> drei Sekunden gedauert, bis die Feuerwehrmänner<br />
aufs Dach kamen, mich und Luigi packten und das Gerüst sicherten, nachdem ich<br />
angefangen hatte, um Hilfe zu rufen.<br />
In Wirklichkeit hing ich mindestens zwanzig Minuten an <strong>der</strong> Wand. Als mich die<br />
Feuerwehrleute schließlich auf das Dach zogen, hatte ich den letzten Rest meiner<br />
Kontrolle verloren. Ich musste mich übergeben. Vor Angst und von dem ekelhaften<br />
Geruch des weichen Teers drehte sich mir <strong>der</strong> Magen um. Es war ein sehr heißer<br />
Tag. Der Teer über den Rissen <strong>der</strong> rauben Dachpappbahnen schmolz in <strong>der</strong> Hitze.<br />
<strong>Das</strong> Erlebnis war so schrecklich und peinlich, daß ich mich nicht daran erinnern<br />
wollte. Deshalb bildete ich mir schließlich ein, die Feuerwehrmänner hätten mich in<br />
ein warmes gelbes Zimmer gezogen. Dann hätten sie mich in ein überaus bequemes