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Das Wirken der Unendlichkeit - Zum Abnehmen

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Vetter ließ nicht locker, um mich zu überreden, ihn in das Leichenschauhaus zu<br />

begleiten. Je mehr er darüber sprach, wie unbedeutend wir im Tod seien, desto<br />

neugieriger wurde ich. Ich hatte noch nie eine Leiche gesehen. Meine Neugier<br />

gewann schließlich die Oberhand, und ich ging mit ihm.<br />

Er zeigte mir mehrere Leichen, und es gelang ihm, mir größtes Entsetzen<br />

einzuflößen. Ich fand den Anblick <strong>der</strong> Toten we<strong>der</strong> erzieherisch noch beson<strong>der</strong>s<br />

erhellend. Die Leichen waren einfach das Entsetzlichste, was ich jemals gesehen<br />

hatte. Während er mit mir sprach, blickte er wie<strong>der</strong>holt auf die Uhr, als warte er auf<br />

jemanden, <strong>der</strong> im nächsten Augenblick hier auftauchen werde. Er wollte mich<br />

offensichtlich länger im Leichenschauhaus festhalten, als meine Kräfte zuließen.<br />

Meinem kämpferischen Wesen entsprechend dachte ich, er beabsichtige, mein<br />

Durchhaltevermögen und meine Männlichkeit auf die Probe zu stellen. Ich biss die<br />

Zähne zusammen und war entschlossen, bis zum bitteren Ende auszuharren. <strong>Das</strong><br />

bittere Ende kam auf eine Weise, die ich mir nicht hätte träumen lassen. Eine mit<br />

einem Laken verhüllte Leiche bewegte sich plötzlich röchelnd auf dem Marmortisch,<br />

auf dem alle Toten lagen, und schien sich aufzusetzen. Die Leiche gab einen<br />

schrecklichen Rülpser von sich, <strong>der</strong> mir durch Mark und Bein ging und den ich für<br />

den Rest meines Lebens nicht vergessen werde. Mein Vetter, <strong>der</strong> Arzt und<br />

Wissenschaftler, erklärte, bei dem Toten handle es sich um einen Mann, <strong>der</strong> an<br />

Tuberkulose gestorben war. Seine Lunge sei von Bazillen aufgefressen, die in den<br />

Lungenflügeln große, mit Luft gefüllte Löcher hinterlassen hätten. In solchen Fällen<br />

führe das dazu, daß sich <strong>der</strong> Tote bei einer Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lufttemperatur<br />

manchmal aufsetze o<strong>der</strong> zumindest in Zuckungen gerate.<br />

»Nein, du hast es noch nicht begriffen«, sagte Don Juan und schüttelte den Kopf.<br />

»Die Geschichte handelt nur von deiner Angst. Auch ich wäre zu Tode erschrocken<br />

gewesen. Und wenn jemand so große Angst hat, kann das seinen Weg nicht<br />

erhellen. Aber ich bin doch neugierig zu erfahren, was mit dir dann geschah.« »Ich<br />

habe wie verrückt geschrieen«, sagte ich. »Mein Vetter schimpfte, ich sei ein<br />

Feigling, eine Memme, weil ich mein Gesicht vor Entsetzen an seine Brust drückte<br />

und mich dann übergab.«<br />

Ich fand plötzlich Gefallen an den Schauergeschichten meines Lebens und erzählte<br />

Don Juan eine an<strong>der</strong>e Begebenheit von einem Sechzehnjährigen, den ich in <strong>der</strong><br />

Schule kannte. Der Junge hatte eine Drüsenkrankheit und wurde übermäßig groß.<br />

Sein Herz wuchs jedoch nicht so schnell wie sein Körper, und eines Tages starb er

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