Das Wirken der Unendlichkeit - Zum Abnehmen
Das Wirken der Unendlichkeit - Zum Abnehmen
Das Wirken der Unendlichkeit - Zum Abnehmen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
eiteten wir unsere Sachen in <strong>der</strong> Sonne zum Trocknen aus. Dann gingen wir in die<br />
Stadt zurück. Sho Velez war beinahe untröstlich, weil wir das Floß seines Vaters<br />
hatten zurücklassen müssen.<br />
»Mein Vater wäre dort gestorben«, sagte er schließlich. »Er wäre zu groß für das<br />
Loch gewesen. Mein Vater ist groß und dick. Aber er wäre stark genug gewesen, um<br />
zum Höhleneingang zurückzulaufen.« <strong>Das</strong> bezweifelte ich. <strong>Das</strong> Wasser flöß infolge<br />
<strong>der</strong> Neigung an manchen Stellen erstaunlich schnell. Ich räumte ein, daß ein großer<br />
Mann in seiner Verzweiflung vielleicht mit <strong>der</strong> Hilfe von Seilen und unter großen<br />
Anstrengungen den Rückweg geschafft hätte. Wie auch immer, es ließ sich nicht mit<br />
Sicherheit sagen, ob <strong>der</strong> Vater von Sho Velez auf dem unterirdischen Fluß ums<br />
Leben gekommen wäre o<strong>der</strong> nicht. Aber darauf kam es mir nicht an. <strong>Das</strong> Wichtige an<br />
diesem Erlebnis war für mich, daß ich zum ersten Mal Neid empfunden hatte. Sho<br />
Velez war <strong>der</strong> einzige, den ich in meinem Leben beneidet habe. Es gab jemanden,<br />
für den er bereit gewesen wäre zu sterben, und er hatte mir bewiesen, daß er dazu<br />
bereit war. Ich hatte niemanden, für den ich sterben wollte, und ich hatte mir nichts<br />
bewiesen. Auf symbolische Weise überließ ich Sho Velez den ganzen Triumph des<br />
Abenteuers. Sein Sieg war vollkommen. Ich verneigte mich vor ihm. Es war seine<br />
Stadt, und dort lebten seine Leute. Und er war meiner Meinung nach <strong>der</strong> Größte von<br />
allen. Als wir uns an jenem Tag trennten, konnte ich eine gewisse Banalität nicht<br />
vermeiden, aber ich sprach eine echte Wahrheit aus, als ich sagte: »Sei hier König,<br />
Sho Velez. Du bist <strong>der</strong> Größte.«<br />
Ich habe danach nie wie<strong>der</strong> mit ihm gesprochen, son<strong>der</strong>n bewusst die Freundschaft<br />
beendet. Ich fühlte, ich könne nur mit dieser Geste bekunden, wie tief er mich<br />
beeindruckt hatte.<br />
Don Juan glaubte, ich schulde Sho Velez auf ewig Dank, weil er <strong>der</strong> einzige war, von<br />
dem ich lernte, daß wir etwas haben müssen, für das wir bereit wären zu sterben,<br />
bevor wir daran denken können, wir hätten etwas, für das wir leben.<br />
»Wenn du nichts hast, wofür du bereit bist zu sterben«, sagte Don Juan einmal zu<br />
mir, »wie kannst du dann behaupten, du hättest etwas, wofür du lebst? Beides gehört<br />
zusammen, und <strong>der</strong> Tod sitzt am Steuer.« Die dritte Person, <strong>der</strong> ich über mein Leben<br />
hinaus Dank schuldete, wie Don Juan sagte, war meine Großmutter<br />
mütterlicherseits. In meiner blinden Verehrung für meinen Großvater, den Mann,<br />
hatte ich die wahre Quelle <strong>der</strong> Kraft in dieser Familie vergessen – meine sehr<br />
exzentrische Großmutter.