PDF-Download - Deutsche Geodätische Kommission
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7<br />
Zusammenfassung<br />
Die Notwendigkeit der automatischen Interpretation und Analyse von räumlichen Daten wird heutzutage immer<br />
wichtiger, da eine stetige Zunahme der digitalen räumlichen Daten zu verzeichnen ist. Dies betrifft auf der einen<br />
Seite Rasterdaten wie auch auf der anderen Seite Vektordaten, welche überwiegend auf unterschiedlichen Landschaftsmodellen<br />
basieren. Differenzen zwischen diesen Landschaftsmodellen bestehen u.a. in den Objektarten,<br />
dem Grad der Generalisierung oder der geometrischen Genauigkeit der gespeicherten Landschaftsobjekte. Die<br />
interaktive Prozessierung und Analyse von großen Datenbeständen ist sehr zeitaufwendig und teuer. Speziell<br />
die manuelle Analyse räumlicher Daten zum Zwecke der Datenrevision wird in Zukunft das Limit der technischen<br />
Umsetzbarkeit erreichen, da moderne Anforderungen an die Laufendhaltung der Daten zu immer kürzeren<br />
Aktualisierungszyklen führen.<br />
Die automatische Interpretation digitaler Landschaftsmodelle setzt die Integration von Methoden des räumlichen<br />
Data Mining bzw. Knowledge Discovery in raumbezogenen Daten innerhalb von Geographischen Informationssystemen<br />
(GIS) voraus. Hierauf wird sich die vorliegende Arbeit konzentrieren. Grundsätzlich kann man die<br />
automatische Interpretation von digitalen Landschaftsmodellen (DLM) in drei Kategorien unterscheiden: die<br />
Interpretation basierend auf einem spezifischen Modell des DLM, die Interpretation basierend auf einem generischen<br />
Modell der Basiselemente des DLM sowie die unüberwachte Interpretation des DLM.<br />
Zunächst beschreiben wir einen Ansatz zur Generierung von 3D-Gebäuden, welche als Hypothese aus Katasterkarten<br />
abgleitet werden. Diese Vorgehensweise stellt ein Beispiel für die DLM-Interpretation auf der Grundlage<br />
eines spezifischen Modells dar und kann zur schnellen Generierung von groben 3D-Stadtmodellen oder als<br />
Vorabinformation zur bildgestützten 3D-Gebäuderekonstruktion verwendet werden. Des weiteren stellen wir<br />
detailliert einen Ansatz zur Ableitung von ATKIS-Daten aus ALK-Daten vor, welcher ein Beispiel für die DLM-<br />
Interpretation basierend auf einem generischen Modell der DLM-Basiselemente darstellt und zur automatischen<br />
Laufendhaltung der Daten dient. Beide Ansätze führen direkt zum grundsätzlichen Problem der Gruppierung<br />
von räumlichen Objekten, welches generell unter dem Begriff des Clusterns zusammengefasst wird. Man unterscheidet<br />
zwei Arten von Clusterverfahren: überwachte und unüberwachte Methoden. Unüberwachte Clusteroder<br />
Lernverfahren können für den dritten genannten Fall der DLM-Interpretation verwendet werden und sind<br />
gut geeignet für die Modellgeneralisierung und die kartographische Generalisierung von DLM-Daten, falls die Methoden<br />
in der Lage sind, Cluster mit beliebiger Form zu erkennen. Die bisher existierenden Verfahren benötigen<br />
jedoch zumeist verschiedenste Kenntnisse als Voraussetzung, wie z.B. die Verteilungsfunktion der Daten oder<br />
Schrankenwerte für Ähnlichkeitsmessungen bzw. Abbruchkriterien. Zudem finden viele Clusterverfahren nur<br />
Gruppierungen mit konvexer Form und erkennen keine Löcher (z.B. Maximum-Likelihood-Methoden).<br />
Der Hauptteil dieser Arbeit widmet sich einem neu entwickelten, unüberwachten Clusterverfahren zur automatischen<br />
Interpretation von raumbezogenen Daten. Das Verfahren heißt Hierarchisches Parameterfreies Graph-<br />
CLustering (HPGCL) und dient zur Erkennung von Clustern beliebiger Form. Es benötigt weder Parameter wie<br />
z.B. Schrankenwerte noch Annahmen über die Verteilung der Daten oder die Anzahl der Cluster. Die Neuartigkeit<br />
des HPGCL-Algorithmus besteht auf der einen Seite in der Anwendung der Hierarchie von Nachbarschaftsgraphen<br />
zur Definition der Nachbarschaft eines Einzelobjekts oder eines Objektclusters in allgemeiner Art und<br />
Weise, sowie auf der anderen Seite in der Definition eines Entscheidungskriteriums zur Ähnlichkeitsbestimmung<br />
von Clustern, welches medianbasiert ist und ohne Angabe von Schwellwerten auskommt. Der Nächste-Nachbar-<br />
Graph, der Minimal Spannende Baum, der Relative Nachbarschaftsgraph, der Gabriel-Graph und die Delaunay-<br />
Triangulation kommen im HPGCL-Algorithmus zum Einsatz. Es wird aufgezeigt, dass die hierarchische Beziehung<br />
dieser Nachbarschaftsgraphen in einem natürlichen Generalisierungsprozess im Sinne einer grob-zu-fein-<br />
Segmentierung eines Datensatzes genutzt werden kann. Als weiterer Aspekt des HPGCL-Algorithmus kann die<br />
Tatsache genannt werden, dass im allgemeinen eine begrenzte Anzahl von Clustern größer eins gefunden wird.<br />
Im Gegensatz dazu benötigen andere hierarchische Clusterverfahren generell die Minimalanzahl der zu findenden<br />
Cluster als Parameter, da ohne Abbruchkriterium sonst alle Objekte des Datensatzes in einem einzigen großen<br />
Cluster vereinigt werden. Die Arbeit untersucht detailliert den Einfluss eines einzelnen Nachbarschaftsgraphen<br />
in der Hierarchie auf das Ergebnis des Clusterings, und es wird die Verwendbarkeit des HPGCL-Algorithmus auf<br />
der Grundlage von verschiedenen Datensatztypen evaluiert. Anhand zweier Datensätze werden die Ergebnisse<br />
des HPGCL-Verfahrens mit den Resultaten eines durch Testpersonen durchgeführten manuellen Clusterings<br />
verglichen.