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PDF-Download - Bayerische Staatsoper

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WASSermythen<br />

ihr Anblick ist erregend und verlockend. Gertenschlanke<br />

mädchen mit langem, wallendem haar, golden oder grünlich<br />

schimmernd, gehüllt in leichte, durchsichtige Gewänder,<br />

manchmal auch nackt, auf dünnen<br />

Birkenzweigen an einem Gewässer sitzend,<br />

wiegen sich, lachen und singen mit<br />

hellen Stimmen so herrlich, dass ihnen<br />

kein Bursche widerstehen kann, wenn<br />

sie ihn fröhlich, mit wippenden Brüsten<br />

auffordern, mit ihnen zu schaukeln oder<br />

einen flotten reigen zu tanzen.<br />

Doch wehe dem, der dieser einladung<br />

Folge leistet, verblendet vom reiz der<br />

jungen Dinger – den nehmen sie in die<br />

mitte und tanzen mit ihm in rasendem<br />

Wirbel, bis ihm die Lunge platzt und er<br />

sein Leben aushaucht, zu tode getanzt<br />

von den koketten. Oder sie kitzeln ihn<br />

mit sanften Fingern, sodass er am eigenen Lachen erstickt.<br />

Zuweilen locken sie einen vorwitzigen feschen Burschen<br />

auch in ihr heimisches element, ins Wasser, um ihn wie<br />

einen hilflosen Welpen zu ertränken.<br />

Die rede ist von den rusalki, Angehörigen der zahlreichen<br />

Schar slawischer naturgeister und Dämonen, die in<br />

oder an Gewässern hausen, in meeren, Flüssen und Bächen,<br />

Weihern, Sümpfen und Seen, Brunnen und Quellen.<br />

ihr name leitet sich ab von dem vor allem bei den Südslawen<br />

bekannten rosenfest rosalia /rusalia, begangen mit<br />

Umzügen zu ehren der toten, bei denen getanzt und gesungen<br />

wurde – ein relikt aus heidnischen Zeiten. rosalia<br />

fällt mit dem christlichen Pfingstfest zusammen. im<br />

ehemaligen Galizien streuten mädchen am Vorabend des<br />

Pfingstsonntags rosen in die Bäche, um die darin lebenden<br />

weiblichen Wesen günstig zu stimmen und davon abzuhalten,<br />

ihre Burschen zu verführen oder ihnen gar nach<br />

dem Leben zu trachten.<br />

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Die so verführerischen wie gefährlichen, Gewässer aller Art<br />

und ihre Ufer bewohnenden Jungfrauen waren den Slawen<br />

von alters her vertraut, die mythischen Gestalten nahmen<br />

einen festen Platz im Volksglauben<br />

ein, in Liedern, märchen und Legenden.<br />

im neunzehnten Jahrhundert wird diese<br />

erotisch aufgeladene traumwelt aufs<br />

neue entdeckt, die aus der tiefe (des Unbewussten)<br />

tauchenden, leicht geschürzten<br />

Geister symbolisieren die bedrohlichen<br />

kräfte der entfesselten erotik, die<br />

die ruhe und Sicherheit der bürgerlichen<br />

Lebenswelt infrage stellen. Gleichzeitig<br />

stehen sie für das drängende Verlangen<br />

nach dem Ausbruch aus dieser<br />

engen, miefigen, spießigen Welt.<br />

Doch die von den mythischen Sphären<br />

ausgehende Faszination ist nicht allein<br />

erotischer natur. Die schönen Wassergeister<br />

verkörpern auch die Sehnsucht des modernen menschen<br />

nach einem neuen, unbeschwerten Lebensgefühl,<br />

nach einem Leben im einklang mit der natur, fern vom<br />

Gehetze und Gedröhne der Großstadt, befreit von den<br />

Fesseln der bürgerlichen konvention. Dunkle Waldweiher<br />

und rauschende Gebirgsbäche als Sehnsuchtsorte des städtischen<br />

menschen.<br />

Ursprünglich waren die rusalki unter anderen namen bekannt,<br />

je nach region verschieden, von denen manche noch<br />

heute in Gebrauch sind: Beregyni, die auch auf Bergen wohnen<br />

können, Vili (bei Serben und russen gebräuchlich), Samovili<br />

(bei den Bulgaren im Osten), Samodivi (in Westbulgarien),<br />

mavki und navki (in der Ukraine und Weißrussland),<br />

Boginki, topielice, mamuni, Vodnici, um nur ein paar Bezeichnungen<br />

für die weiblichen Wassergeister aufzulisten.<br />

Ob die unterschiedlichen namen jeweils die gleichen Wesen<br />

benennen oder andere, anders aussehende, mit anderen<br />

P-r-e-M-i-e-r-e<br />

Rusalka<br />

1<br />

9<br />

Rusalka<br />

lyrisches Märchen in<br />

drei akten op. 114 von<br />

antonín Dvořák<br />

Premiere am<br />

23. Oktober 2010<br />

weitere termine im<br />

Spielplan ab S. 90

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