„Oh, dear!“, sagt Carol K. Brown auf die Frage, ob ihre Kunst sie gelehrt hat, das Leben besser zu verstehen. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich viel vom Leben begriffen habe ... Außer vielleicht, dass ich immer noch jede Menge lernen muss.“ Geboren in Memphis, Tennessee, wuchs sie im New Orleans der 50erund 60er-Jahre auf – „in einer dieser typischen dysfunktionalen amerikanischen Familien, wie sie heute an der Tagesordnung sind“, erklärt sie im Gespräch mit MAX JOSEPH. Studiert habe sie dann an verschiedenen Kunstschulen – „je nachdem, wo wir gerade lebten.“ Damals, Ende der 70er-Jahre, sei sie bereits verheiratet und Mutter gewesen, erzählt Brown. „Deshalb konnte ich nur die Kurse belegen, die mit dem Zeitplan des Babysitters zu vereinbaren waren.“ Nach den Abschlüssen an den Universitäten von Miami und Boulder, Colorado, macht sie sich als Bildhauerin einen Namen, entwickelt Installationen und wird mit Bilderserien wie „Pedestrians“ oder „Passersby“ bekannt. So bekannt, dass ihre Werke bei Nohra Haime und in der Ambrosino Gallery, bei der Art Basel Miami, der Art Chicago, der Scope in New York und in London gezeigt werden. Erfolge, die sie eher amüsiert registriert: „Ich hatte überhaupt keine Vorstellung, was ein Künstler ist, jedenfalls dachte ich, es müsse etwas mit diesen Leuten im French Quarter zu tun haben, die am Jackson Square Porträts von Touristen zeichnen.“ Aber Realismus um der Ähnlichkeit willen interessiert Brown nicht. Obwohl sie fotorealistisch arbeitet. „Ich benutze Fotografie nur als Werkzeug für meine Kunst, als eine Art Basismaterial, als Ausgangspunkt für meine Gemälde oder Collagen. Alles beginnt damit, dass ich Leute fotografiere, deren Fotos mir dann als Vorlagen für Gemälde dienen“, erklärt sie. „Dabei gibt es einen voyeuristischen Moment, denn die Porträtierten wissen in den seltensten Fällen, dass sie fotografiert wurden. Ohne meine kleine Stalking-Kamera bin ich verloren“, erzählt Brown, die heute als Kunstprofessorin in Miami Beach und – „wenn das Herbstsemester an der New World School of the Arts vorüber ist“ – in New York lebt. Ihre Werke wurden unter anderem im Whitney Museum of American Art, im Denver und Miami Art Museum gezeigt und hängen in renommierten Sammlungen wie dem Museum of Contemporary Art San Diego, im Herbert F. Johnson Museum of Art oder im Tampa Art Museum. Mit ihrer Kamera hält sie jene flüchtigen Begegnungen mit Menschen fest, die, aus dem ursprünglichen Kontext gelöst und in neuen Räumen und Zusammenhängen arrangiert, eine ganz eigene Monumentalität erhalten. Als seien es gestohlene Momente, eine Auseinandersetzung mit dem, was sich hinter dem Sichtbaren verbirgt. Ironie zum Beispiel – wenn auch eine sehr bittere. „Ich liebe die Vorstellung, dass jemand in einer coolen weißen Galerie eine Menge Portfolio Carol K. Brown Home DéCor 7 0 Home Décor: Dining room – 2 Chromogenic C print, mounted, plexiglas on dibond
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