PDF-Download - Bayerische Staatsoper
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WASSermythen<br />
eigenschaften, lässt sich nicht präzise sagen: Wir bewegen<br />
uns hier auf einem weiten, dunklen Feld voller Geheimnisse<br />
und Unergründlichkeiten, widersprüchlicher Überlieferungen<br />
und mutmaßungen. Die mythologie der Slawen<br />
ist wissenschaftlich schwer zu erfassen. „Die slawischen<br />
mythen“, so schrieb der lange Jahre in Berlin tätige polnische<br />
Slawist und kulturhistoriker Alexander Brückner,<br />
„sind selber eher ein mythos: die gesicherten, nicht imaginierten<br />
oder bloß wiederholten nachrichten davon lassen<br />
sich auf einer einzigen Druckseite zusammenfassen.“<br />
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Andererseits ist der Glaube an Dämonen und naturgeister<br />
in slawischen Ländern bis heute tiefer verwurzelt als in<br />
den meisten anderen regionen europas. Das gilt auch für<br />
die im Wasser lebenden Geister, die über Bäche und Quellen<br />
wachen. meist erscheinen sie den menschen als überirdisch<br />
schöne mädchen mit leichten, beinahe durchscheinenden<br />
Leibern. Die huzulen, die Bergbewohner der östlichen karpaten,<br />
glauben, die hübschen mädchen hätten nur vorn<br />
feste körper, hinten könne man in sie hineinschauen und<br />
ihr inneres sehen, ihre Leber zum Beispiel. ihre haut wird<br />
als auffallend hell beschrieben, im östlichen Weißrussland<br />
allerdings meint man, sie sei erdfarben, weil die Wesen<br />
nicht im Wasser, sondern in der erde wohnten, in Wiesen<br />
und Feldern, für deren Fruchtbarkeit die Geister sorgen.<br />
Am Balkan meint man, Vili könnten auf Wolken reiten<br />
und nach Bedarf unterschiedliche Gestalten annehmen: von<br />
Pferden, Schwänen, Schlangen, Falken oder sogar Wölfen.<br />
Dort werden auch alle Geisteskrankheiten dem verderblichen<br />
Wirken von Vili zugeschrieben.<br />
Was ihre herkunft angeht, verehrten die heidnischen Slawen<br />
übernatürliche Wesen, die in Quellen und anderen<br />
Gewässern wohnten und diese hüteten. erst später, mit<br />
dem christentum, kam der Glaube auf, es handle sich um<br />
die verwunschenen Seelen Verstorbener. in<br />
der regel um Seelen junger mädchen und<br />
Frauen, die auf unnatürliche Weise, unerwartet<br />
ums Leben gekommen sind, kurz<br />
vor der hochzeit, im kindbett, durch Selbstmord,<br />
die umgebracht wurden oder ertranken.<br />
manchmal heißt es auch, sie seien die<br />
Seelen von kindern, die vor der taufe, also<br />
als heiden, gestorben sind.<br />
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Den Wassergeistern wurden magische kräfte<br />
über die Gewalten der natur zugeschrieben,<br />
dabei galten sie als unberechenbar, weshalb<br />
ihnen die menschen Opfer darbrachten, Blumenkränze,<br />
runde kuchen, frische Früchte,<br />
eier usw., um die kapriziösen Wesen bei Laune<br />
zu halten. Dann konnten sie auch gut und<br />
hilfreich sein, indem sie die menschen vor<br />
katastrophen bewahrten, die ernte beschützten<br />
oder dafür sorgten, dass Fischer einen reichen Fang<br />
machten. Auch dauerhafte Beziehungen zwischen menschen<br />
und Geistern, etwa Vili, waren nach dem Volksglauben mög-