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PDF-Download - Bayerische Staatsoper

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fotoESSAY<br />

Geld für ein Bild ausgibt, das einen<br />

Obdachlosen zeigt. Denn natürlich<br />

würde er die gleiche Person auf<br />

der Straße nicht einmal mit den<br />

Fingerspitzen anfassen wollen.“ Bereits<br />

in ihrer Kindheit in New Orleans<br />

seien ihr die sozialen Unterschiede<br />

ins Auge gefallen. „Leute,<br />

die in großer Armut lebten und<br />

ihre Lumpen inmitten von Prunkbauten<br />

ausbreiteten. Heute“, meint<br />

Brown, „sind die Gräben noch breiter<br />

geworden.“<br />

Obdachlose, ausgemergelt, brandig<br />

aufgequollen, mit Augen, die ins<br />

Nichts starren, und Haaren wie verfaultes<br />

Gras. Gezeichnet von Drogen<br />

und einem bösen Schicksal.<br />

Der Auswurf einer auf Leistung,<br />

Disziplin und Fassade geeichten<br />

Gesellschaft. Eben jene Obdachlosen,<br />

die sie in „Home Décor“, einer<br />

ihrer letzten Serien, das gutbürgerliche,<br />

cremegoldene Interieur ihrer<br />

Mutter entern lässt.<br />

„Meine Mutter war eine Frau, die<br />

alles in ihrer Umgebung kontrollieren<br />

musste, vor allem die Ästhetik.<br />

In den Monaten vor ihrem Tod arbeitete<br />

ich gerade an Gemälden von<br />

Leuten, die auf der Straße lebten.<br />

Diese Bilder montierte ich dann in<br />

Aufnahmen von verschiedenen Räumen<br />

im Haus meiner Mutter. Sie<br />

lag im Sterben, aber nicht ihre<br />

Krankheit ließ sie Höllenqualen leiden,<br />

sondern vielmehr die Tatsache,<br />

dass Krankenschwestern mit<br />

Sauerstoffgeräten ihre schöne Ordnung<br />

durcheinanderbrachten und<br />

ihren Sinn für Ästhetik beleidigten.<br />

Sie empfand das als schrecklichen<br />

Übergriff und insistierte noch kurz<br />

vor ihrem Tod so lange, bis man ihr<br />

all das aus den Augen räumte. Ich<br />

bin nicht sicher“, fährt Carol K.<br />

Brown fort, „was Mutter mehr aufgeregt<br />

hätte: der Gedanke ans Sterben<br />

oder die Vorstellung, dass die<br />

Leute aus meinen Bildern wirklich<br />

in ihrem Haus sein könnten.“<br />

TEXT SIMONE HERRMANN<br />

Home Décor:<br />

living room – 4<br />

Chromogenic C print,<br />

mounted, plexiglas on dibond<br />

7<br />

6

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