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PDF-Download - Bayerische Staatsoper

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ungarn<br />

Fotografie Klaus rózsa, photoscene.ch<br />

Ein Mitglied der rechtsradikalen Motorradgang „goj Motorosok“<br />

(„nicht jüdische Motorradfahrer“) mit den Insignien großungarns<br />

Doch das ist jetzt vorbei. Balázs Kovalik ist das erste prominente Opfer der neuen<br />

Kulturpolitik. Sein Vertrag mit dem Opernhaus wurde nicht verlängert. Sechs Tage vor ablauf<br />

hatte ihn der Intendant zu sich gerufen und ihm ein Schreiben des Ministeriums gezeigt, das<br />

in kargen Worten seinen abschied forderte. „Das ist doch dilettantisch“, sagt er, „so kurz vor<br />

der nächsten Spielzeit dem zu kündigen, der für das Programm verantwortlich ist.“<br />

Einige Wochen später rüttelt die Politik am Stuhl des Ballettdirektors gábor Keveházi,<br />

der in diesem Frühjahr einen Fünfahresvertrag erhalten hatte. Die Intendanten der<br />

Hauptstadtbühnen ziehen die Köpfe ein: nachdem bereits die Fördermittel für die unabhängigen<br />

Theater des Landes eingefroren wurden, könnte eine unvorsichtige Inszenierung auch die<br />

staatlichen Bühnen in die Schusslinie bringen. noch ist offen, wie der überwältigende rechtsruck<br />

in ungarn – 17 Prozent wählten im Frühjahr die rechtsextreme Jobbik-Partei, 53 Prozent<br />

deren ultrakonservativen Koalitionspartner Fidesz-KDnP – das intellektuelle Klima im Land<br />

verändern wird. Dass Führungspositionen wie die von Kovalik politisch besetzt werden und<br />

jeder Machtwechsel damit auch zum austausch wichtiger Entscheidungsträger führt, ist keine<br />

Erfindung der rechten, sondern hat in ungarn seit der Wende Tradition, so der Komponist<br />

Péter Eötvös. „Es ist zu früh“, betont er, „um daraus Schlüsse zu ziehen.“ Doch er versteht,<br />

dass sein prominenter Kollege györgy Kurtág heute in Frankreich lebt und nicht in seiner<br />

Heimat, wo antisemitische Äußerungen an der Tagesordnung sind.<br />

Denn auch das hat in ungarn Tradition. Im Sozialismus diente der antisemitismus<br />

dazu, die Parteikader zu diskreditieren, von denen viele nach dem Zusammenbruch des<br />

Horthy-regimes aus dem Moskauer Exil nach ungarn zurückgekehrt waren. „Links“ galt als<br />

Synonym für „jüdisch“ und wurde mit der Macht gleichgesetzt. Dabei wollte gerade die in<br />

hohem Maße assimilierte jüdischstämmige Bürgerschicht nichts lieber, als ihre Wurzeln vergessen<br />

und endlich als „normale“ ungarn akzeptiert werden. nobelpreisträger Imre Kertész<br />

hat seine Identitätskrise als ungarischer Jude immer wieder eindrucksvoll beschrieben. Wie er<br />

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