12|13 Forschung & Lehre
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<strong>12|13</strong> <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> BRAIN DRAIN/BRAIN GAIN 981<br />
Nach fast sieben Jahren als Professorin<br />
an der Universität St. Gallen in<br />
der Schweiz bin ich 2011 nach<br />
Deutschland zurückgekehrt. Grund war<br />
ein Ruf an das Walther-Schücking-Institut<br />
für Internationales Recht an der<br />
Universität Kiel. Das Institut ist ein Juwel:<br />
das älteste universitäre Völkerrechtsinstitut<br />
der Welt mit der zweitgrößten<br />
Völkerrechtsbibliothek Deutschlands,<br />
einer guten Ausstattung sowie einer<br />
sehr kollegialen Atmosphäre. Es<br />
Kerstin Odendahl<br />
ist Professorin für Völkerrecht und Geschäftsführende Direktorin des Walther-Schücking-Instituts<br />
für Internationales Recht an der Universität Kiel.<br />
hätte gute Gründe geben müssen, um<br />
abzulehnen. Die gab es aber nicht. Die<br />
deutlich niedrigere Besoldung in<br />
Deutschland relativierte sich angesichts<br />
der geringeren Lebenshaltungskosten.<br />
Die Verluste, die der Wechsel brachte<br />
(unvollständige Erstattung der Umzugskosten,<br />
Aufgabe der Drittmittelprojekte,<br />
Zurücklassen der Handbibliothek),<br />
wurden durch das großzügige Programm<br />
„Rückkehr deutscher Wissenschaftler<br />
aus dem Ausland“ der Krupp-<br />
Stiftung weitestgehend aufgefangen.<br />
Wichtig war aber noch etwas anderes:<br />
Ich hatte in Deutschland eine hervorragende<br />
Schul-, Hochschul- und wissenschaftliche<br />
Ausbildung genossen, war<br />
aber direkt nach der Habilitation ins<br />
Ausland gegangen. Nach einigen Jahren<br />
in der Ferne hatte ich zunehmend das<br />
Bedürfnis, zurückzukehren und „etwas<br />
zurückzugeben“.<br />
Ja?! Warum ist mir als Französin die<br />
TU Berlin zur Heimat geworden? Eine<br />
Mischung aus Zufall und Liebe, würde<br />
ich sagen. Am Anfang war es die<br />
Lust am Berliner Chaos, die mich nach<br />
fertigem Studium der Germanistik in<br />
Paris hierher zog – und die feste Entscheidung,<br />
niemals an einer Uni zu arbeiten.<br />
Uni, das war ungefähr das<br />
Schlimmste, was ich mir für die Zukunft<br />
vorstellen konnte. Mutige Freunde, die<br />
Bénédicte Savoy<br />
ist Professorin für Kunstgeschichte am Institut für Kunstwissenschaft<br />
und Historische Urbanistik der TU Berlin.<br />
es in Paris nach dem Studium gewagt<br />
hatten, nicht an der Uni zu bleiben, sondern<br />
in die Medien, zum Film, in die<br />
Kunst zu gehen, hatten ein Wort erfunden:<br />
nécrosé. Die Uni war nekrosiert,<br />
eine abgestorbene Welt. Wer cool war<br />
und frei und kreativ – oder sich dafür<br />
hielt –, der hatte damals nur ein Ziel:<br />
Hände weg von der Uni! Deswegen<br />
kam ich ja auch nach Berlin. Mitte der<br />
1990er Jahre war das die Stadt aller<br />
Möglichkeiten. Und siehe da! Plötzlich<br />
hatte ich ein knackiges Promotionsthema<br />
– Kunstraub –, mit dem ich in Berlin<br />
bleiben durfte, und auch die schöne<br />
Möglichkeit, als Doktorandin an der<br />
Uni zu lehren. Und ich merkte: cool,<br />
frei und kreativ – das war hier möglich!<br />
Seit 2003 erlebe ich täglich das Glück,<br />
an der TU Berlin forschend lehren zu<br />
dürfen. Und vice-versa: Wer hätte das<br />
gedacht?<br />
Markus Ries<br />
ist Habilitand am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik Heidelberg<br />
In den USA habe ich zunächst vier<br />
Jahre als Kinderarzt und Wissenschaftler<br />
an den National Institutes of<br />
Health in Bethesda, MD, und anschließend<br />
drei Jahre in der Biotech-Industrie<br />
in Boston gearbeitet. Diese Zeit war<br />
sehr produktiv. Wir haben Medikamente<br />
zur Behandlung seltener Stoffwechselerkrankungen<br />
entwickelt und hervorragende<br />
Publikationen, u.a. im Lancet,<br />
erarbeitet. Nach der Geburt unseres<br />
dritten Kindes sind wir nach Deutschland<br />
zurückgekehrt, da uns die Nähe<br />
zur Familie wichtig war. Meine Frau<br />
konnte sich beruflich weiterentwickeln,<br />
und wir sind mit der schulischen Betreuung<br />
unserer Kinder in Heidelberg<br />
sehr zufrieden. Mein berufliches Ziel<br />
war es, als Kinderarzt wissenschaftlich<br />
mit einem stärkeren klinischen Bezug<br />
international vernetzt zu arbeiten. Im<br />
forschungsstarken Zentrum für Kinderund<br />
Jugendmedizin an der Universität<br />
Heidelberg habe ich als Habilitand<br />
ideale Bedingungen vorgefunden. Ich<br />
hatte mich für eine Position in Heidelberg<br />
beworben, da der <strong>Forschung</strong>sschwerpunkt<br />
Stoffwechsel und Neurologie<br />
sehr gut zu meinem Profil passte.<br />
Darüber hinaus kannte ich Professor<br />
Hoffmann aus einem früheren gemeinsamen<br />
Projekt.<br />
Meine Familie und ich fühlen uns<br />
sehr wohl in Heidelberg und wir sehen<br />
hier gute Entwicklungsmöglichkeiten<br />
für uns.