12|13 Forschung & Lehre
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<strong>12|13</strong> <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> EUROPA 1011<br />
unterstreicht den Sinn und die Notwendigkeit<br />
einer konsequenten Einflussnahme<br />
im Vorfeld, die die späteren Verhandlungen<br />
deutlich erleichtert. Die<br />
»Die krassen Unterschiede in der<br />
Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Mitgliedstaaten sind<br />
greifbar.«<br />
Kommission hat sich beispielsweise bei<br />
der Ausgestaltung der Säule „Große<br />
Gesellschaftliche Herausforderungen“<br />
sehr stark an der High-Tech-Strategie<br />
der Bundesregierung orientiert. Sie<br />
schoss allerdings mit dem ursprünglichen<br />
Vorschlag selbst über das Ziel hinaus,<br />
als die Geistes- und Sozialwissenschaften<br />
mit dem Bereich der Sicherheit<br />
verschmolzen werden sollten. Dieser<br />
„Makel“ wurde auf Betreiben von<br />
Deutschland mit nicht unerheblichem<br />
Aufwand durch die Aufspaltung der ursprünglichen<br />
6. Herausforderung<br />
in eine nunmehr 6.<br />
und 7. Herausforderung in<br />
den Verhandlungen bereinigt.<br />
Es erscheint zusammenfassend<br />
sinnvoll, sich die<br />
Art und Weise, wie<br />
Deutschland sich in die<br />
„Ménage à trois“ einbringt, einmal insgesamt<br />
in den nächsten Monaten in Ruhe<br />
näher anzusehen und ggf. anzupassen.<br />
Foto: picture-alliance<br />
Ausblick<br />
Die Verhandlungen zum Folgeprogramm<br />
von „Horizont 2020“ werden<br />
2018 beginnen. Dies mag einigen Lesern<br />
genügen, um sich zurückzulehnen<br />
und sich zu entspannen. Zu Unrecht.<br />
Wir sind mit 3,3 Mrd. Euro aus dem<br />
1. <strong>Forschung</strong>srahmenprogramm 1984<br />
gestartet und sind heute bei über 70<br />
Mrd. gelandet. Der einzige Teil im EU-<br />
Budget, der auch in den nächsten Jahren<br />
tendenziell steigen wird, wird der<br />
für Wettbewerbsfähigkeit sein. Warum?<br />
Weil es einen mit Daten belegbaren Zusammenhang<br />
gibt zwischen dem Euro,<br />
der in <strong>Forschung</strong> und Innovation investiert<br />
wird, und neuen Patenten, Produkten<br />
und Arbeitsplätzen. Mit anderen<br />
Worten: Es wird in den nächsten Jahren<br />
und Jahrzehnten um immer mehr Geld<br />
für <strong>Forschung</strong> und Innovation in der<br />
EU gehen. Wir sollten schauen, dass wir<br />
davon ausreichend viel nach Deutschland<br />
zurückbringen.<br />
Dabei wird es nicht nur darauf ankommen,<br />
Kompromisslinien mit einem<br />
immer stärker werdenden Europäischen<br />
Parlament zu finden, sondern<br />
auch den Konsens innerhalb eines zunehmend<br />
heterogenen Rates zu wahren.<br />
Die krassen Unterschiede in der<br />
Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Mitgliedstaaten sind greif- und belegbar.<br />
Hier geht es nicht mehr um ein<br />
Europa der zwei Geschwindigkeiten,<br />
sondern der drei, vier Geschwindigkeiten.<br />
Wir werden in den nächsten Jahren<br />
und Jahrzehnten eine schwierige Debatte<br />
um die Exzellenzorientierung haben.<br />
Wie soll ein Staat guten Herzens einem<br />
finanziell starken Nachfolgeprogramm<br />
zustimmen, wenn es von dem Geld absehbar<br />
nur einen Bruchteil sehen wird?<br />
Wir hatten bereits bei „Horizont 2020“<br />
eine Debatte, die stark von Rückflussquoten<br />
geprägt war. Fragen der sozialen<br />
Gerechtigkeit („Warum verdient ein rumänischer<br />
Wissenschaftler bei gleicher<br />
Leistung in einem europäischen Projekt<br />
zwölf bis 14 mal weniger als sein niederländischer<br />
Kollege?“) spielten dabei eine<br />
wichtige Rolle.<br />
Die Verhandlungen werden in 2018-<br />
2020 keine theoretischen sein, sondern<br />
sehr handfeste. Staaten wie Estland und<br />
Bulgarien in 2018 sowie Rumänien in<br />
der 2. Hälfte von 2019 werden dann als<br />
Präsidentschaften die Debatte maßgeblich<br />
steuern. Und dies bei einem „Club<br />
der EU 12“, der mit Kroatien auf 13<br />
Staaten angewachsen ist. Wir sollten also<br />
frühzeitig über mögliche für uns akzeptable<br />
Brücken nachdenken, die es<br />
weniger leistungsstarken Staaten erlauben,<br />
einem budgetstarken und rein exzellenzorientierten<br />
Nachfolgeprogramm<br />
zuzustimmen.