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Perfekte Illusion<br />
Savoy Theatre, London<br />
Beatles, immer wieder Beatles. Der mediale Overkill ist bekannt: Coverbands<br />
spielen an jeder Milchkanne und so genannte <strong>Music</strong>als mit den Fab Four bzw.<br />
ihrer Musik laufen an Provinz<strong>the</strong>atern. Die Londoner Produktion "<br />
Let It Be",<br />
derzeit in Deutschland unterwegs, ist allerdings eine Show, die selbst Skeptiker<br />
noch einmal in die Schauspielhäuser ziehen sollte.<br />
Im Londoner West End feiert das<br />
zweistündige Konzert – denn vor<br />
allem das ist es – im Savoy Theatre<br />
seit Monaten Riesenerfolge. Und<br />
da war es eigentlich nur eine Frage<br />
der Zeit, bis man es mit einem<br />
Tross für einen Testlauf aufs Festland<br />
schickte.<br />
Der Beginn des Live-Marathons ist<br />
eher hausbacken, man hat das so<br />
irgendwo schon mal gesehen. Vier<br />
Typen – gekleidet, frisiert und ausgerüstet wie die Beatles – geben<br />
ihre einst für Ohnmachtsanfälle sorgenden Melodiewunder zum Besten.<br />
Der Lennon-Darsteller steht be<strong>to</strong>nt breitbeinig hinterm Mikro,<br />
das Paul-McCartney-Double wackelt unentwegt kokett mit dem Kopf,<br />
der „neue" George Harrison hat wie das Original einen Kleiderbügel<br />
im Anzug, und Ringo rotiert über die Felle, als wäre er heillos unterfordert.<br />
Auch Bühnenaufzug Nummer zwei gehört zum Standard<br />
jeder halbwegs guten Beatles-Tribute-Veranstaltung: das Konzert in<br />
der Royal Albert Hall vor der Königsfamilie nebst Lennons Spruch vom<br />
Juwelen-Geklimper.<br />
Fo<strong>to</strong>: © BB Promotion<br />
Fo<strong>to</strong>: © BB Promotion<br />
Was einen allerdings danach erwartet, sprengt bisher Dagewesenes. Schon jene<br />
Szenen, die das Quartett bei seinen Auftritten im New Yorker Shea Stadium zeigen<br />
sollen, beeindrucken durch die Fusion von Liveband mit Bühnendeko, Filmaufnahmen<br />
und O-Tönen. Plötzlich sind da nicht nur vier Schauspieler mit Beatles-<br />
Gehabe, die Illusion beginnt zu wirken. Ist die Band dann in den psychedelischen<br />
Jahren angekommen und die Bühne in dreidimensionalen Halluzinationen<br />
versunken, gerät der Zeitsprung vollkommen. Jetzt sind<br />
es die Beatles, und dass sie ihre Songs live mit ellenlangen Instrumentalimprovisationen<br />
anreichern, ist da nur logisch. "A Day In The<br />
Life" wird zu einem Klanggebirge, dass man sich vor Faszination<br />
die Nägel zerbeißen möchte. Auch die Kommunikation mit dem<br />
Publikum ändert sich. Da wird nicht mehr rezitiert, sondern frei der<br />
Dialog gesucht: ja, so wäre es vermutlich gewesen. Damals.<br />
Perfekt machen diese Reise Könner wie die <strong>Music</strong>al-erprobten<br />
James Fox als Paul McCartney oder Reuven Gershon als John Lennon.<br />
Sämtliche Beatles<br />
haben Mehrfachbesetzungen,<br />
alle sind hochkarätig.<br />
Im Kölner <strong>Music</strong>al Dome<br />
ist „Let It Be" vom 20. bis<br />
25. August, in der Frankfurter<br />
Alten Oper vom 27.<br />
August bis 1. September<br />
zu sehen.<br />
Jens-Uwe Berndt<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 23