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GoodTimes - Music from the 60s to the 80s Mick Jagger (Vorschau)

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LP<br />

REVIEWS<br />

BIG STAR<br />

COLUMBIA… LIVE AT<br />

MISSOURI UNIVERSITY<br />

Diese<br />

Wiederveröffentlichung<br />

ist<br />

unbestritten<br />

von<br />

einem Geist für das<br />

Außergewöhnliche<br />

geprägt. Denn die<br />

Alben von Big Star<br />

waren schon im Oi Original grundsätzlich<br />

Ladenhüter. Allerdings gilt die Band,<br />

von der zwischen 1972 und 1978 drei<br />

wegweisende Platten erschienen, in der<br />

Rückschau als maßgeblicher Einfluss<br />

für Indie-Rock, Alternative und Grunge.<br />

COLUMBIA dokumentiert einen Reunion-Gig<br />

aus dem Jahr 1993, als die Big-<br />

Star-Zeit gut 20 Jahre zurücklag. Und<br />

genau dieser Umstand erstaunt, klingt<br />

der schrullige Live-Auftritt doch geradezu<br />

wie das Tondokument einer hippen<br />

Gruppe aus jenen Jahren. Ein bisschen<br />

Dinosaur Jr., schräge R.E.M. und Brit-<br />

Rock-Schlagseite – es ist schon beeindruckend,<br />

für wen Big Star vermutlich<br />

so alles Steilvorlagen gegeben haben<br />

dürften. Bei diesem denkwürdigen Konzert<br />

waren von der wichtigsten Big-Star-<br />

Besetzung noch Alex Chil<strong>to</strong>n (g, voc)<br />

und Jody Stephens (dr, voc) mit dabei.<br />

Unterstützt wurden sie von den Posies-<br />

Musikern Jonathan Auer und Ken Stringfellow.<br />

Dass die Songs alles andere als<br />

perfekt klingen, passt trefflich zum ungehobelten<br />

Material der Band, die damit<br />

allein bei ihren COLUMBIA-Aufnahmen<br />

mehr Punk versprühen, als Kasperköppe<br />

wie Green Day während ihrer gesamten<br />

Karriere.<br />

(Steamhammer/SPV, 1993, 14 Tracks) jub<br />

LEON RUSSELL<br />

THE MONTREUX SESSION<br />

Hut ab! Heute noch<br />

eine Rockproduktion<br />

puristisch „direct <strong>to</strong><br />

two track” zu fahren,<br />

dazu noch pur<br />

analog, grenzt schon<br />

an Wahnsinn. Doch<br />

edel lhat sich entschlossen, innerhalb seiner<br />

„AAA”-Reihe genau diesen Weg zu<br />

gehen. Direkt vom Mischpult auf eine<br />

Zweispur-Tonbandmaschine überspielte<br />

Produzent Dirk Sommer diesen Auftritt<br />

von US-Legende Leon Russell und seiner<br />

vierköpfigen Band am 6. Juli 2011<br />

in Montreux. Der Begleiter unzähliger<br />

Rockgrößen spielte natürlich seinen<br />

größten Hit “Delta Lady”, coverte auch<br />

mehr oder weniger gekonnt die Beatles<br />

(“I’ve Just Seen Your Face”), die S<strong>to</strong>nes<br />

(“Wild Horses”) und Chuck Berry (“Roll<br />

Over Beethoven”). Der mit allen Wassern<br />

gewaschene Keyboarder, Sänger, Songschreiber<br />

und Produzent ist mit Jahrgang<br />

1942 nicht mehr der Jüngste, was man<br />

seiner ungeschminkt aufgenommenen<br />

Stimme auch anhört. Doch was soll’s:<br />

Das höchst routiniert gespielte Programm<br />

aus Swamp-Rock, Rock’n’Roll<br />

und Blues klingt dermaßen au<strong>the</strong>ntisch,<br />

unmaskiert und natürlich, dass man sich<br />

direkt in die Miles Davis Hall versetzt<br />

fühlt. Wahnsinn.<br />

(edel, 2013, 12 Tracks)<br />

lbr<br />

ROACHFORD<br />

ROACHFORD<br />

“Cuddly Toy” – auf<br />

dem Debüt von<br />

1988 enthalten –<br />

war der größte Hit<br />

von Roachford, womit<br />

das Trio auch in<br />

Deutschland zumindest<br />

tfür Aufmerksamkeit k sorgte. Richtige<br />

Duftmarken hinterließen die Briten aber<br />

nie. Selbst mit ihrer unvergleichlichen<br />

Single “Lay Your Love On Me” von 1994<br />

schafften sie nicht einmal die Top 50. Dabei<br />

hatte die Band so ziemlich alles, um zu Superstars<br />

aufzusteigen: mit Andrew Roachford<br />

einen charismatischen Frontmann,<br />

der eingängige Songs komponierte, einen<br />

ausgewogenen Mix aus straightem Power-<br />

Pop und groovendem Soul sowie einen<br />

Kreativitätsbrunnen, der nicht zu versiegen<br />

schien. Das nun in 180 Gramm vorliegende<br />

Debüt gab 1988 einen Einblick in die Fähigkeiten<br />

der Gruppe, die sich in den Folgejahren<br />

noch zu Größerem aufschwingen<br />

sollte. Weshalb diese SPV-Veröffentlichung<br />

in der remasterten Version allerdings gegenüber<br />

dem Original an Druck eingebüßt<br />

hat und der einst fette Bass obendrein etwas<br />

aufgeweicht wurde, bleibt das Geheimnis<br />

von Studiotüftler Roger Lomas.<br />

(Steamhammer/SPV, 1988, 10 Tracks) jub<br />

BLOOD, SWEAT & TEARS<br />

SECOND ALBUM<br />

In jeder einigermaßen<br />

seriösen<br />

Top-100-Liste<br />

der<br />

besten<br />

Rock-LPs<br />

taucht das zweite<br />

Album von BS&T<br />

zwangsläufig<br />

auf.<br />

Htt Hatten sich ihdie US-amerikanischen Brass-<br />

Rocker doch mit dem kanadischen Sänger<br />

David Clay<strong>to</strong>n-Thomas ein weiteres Ass in<br />

den Ärmel geholt. Aus dem sie dann eine<br />

Fülle grandioser Songs beziehungsweise<br />

Bearbeitungen zauberten, keiner wie der<br />

andere und einer stärker als der andere.<br />

Taktwechsel, überraschende Harmonien<br />

und virtuose Instrumentaleinlagen machen<br />

das SECOND ALBUM zum Vorläufer des<br />

progressiven Rock. Beginnend und endend<br />

mit einer fluschigen Variation einer Melodie<br />

des französischen Exzentrikkomponisten<br />

Eric Satie, prasselten dazwischen<br />

Alltime-Greats wie “Spinning Wheel”<br />

(neben der Ballade “Sometimes In Winter”<br />

die einzige Eigenkomposition), “You<br />

Made Me So Very Happy”, “And When<br />

I Die” und die sensationelle Fassung von<br />

“Smiling Phases”. Die zwischen jazzigem<br />

Swing und hart rockendem Beat irisierenden<br />

Drums, der tight treibende Bass<br />

und die messerscharfen Bläsersätze kamen<br />

noch nie so direkt, so fesselnd und so dynamisch<br />

aus der schwarzen Rille wie diesem<br />

luxuriösen Umschnitt auf zwei Scheiben<br />

mit 45 Umdrehungen. Mit dieser Wucht,<br />

dieser Stimmpräsenz und diesem Detailreichtum<br />

kann selbst die MFSL-Gold-CD<br />

kaum mithalten; und für amerikanische<br />

Verhältnisse geriet auch die Pressung–<br />

nach Möglichkeit waschen (lassen) – recht<br />

gut. Unbedingt zugreifen.<br />

(ORG/Sieveking Sound, 1968, 2 LPs<br />

45 rpm, 10 Tracks) lbr<br />

THE ALAN PARSONS<br />

PROJECT<br />

GAUDI<br />

Das war’s dann. 1987<br />

raffte sich das Team<br />

Alan<br />

Parsons/Eric<br />

Woolfson zum letzten<br />

Originalalbum ihres<br />

einst so innovativen<br />

Projects auf. Im neunminütigen<br />

Titelsong, gesungen von John<br />

Miles, beziehen sich die Au<strong>to</strong>ren auf den<br />

katalanischen Architekten An<strong>to</strong>nio Gaudi<br />

(1852–1926), dem sie so ein musikalisches<br />

Denkmal setzen. Ansonsten gibt es routiniert<br />

komponierten und gespielten, gefälligen Pop<br />

zu hören. Wobei sich “Too late” fast schon<br />

nach Foreigner anhört. Die große Klasse<br />

der ersten drei Alben hallt noch als Ahnung<br />

durch die Rillen. Parsons hatte seinerzeit<br />

schon auf 48 Digitalspuren aufgenommen<br />

und mit dem seinerzeitigen State-of-<strong>the</strong>-art-<br />

Equipment gemischt und gemastert. Das LP-<br />

Reissue geht freilich auf die jüngeren Digitalremaster<br />

des Meisters zurück.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1987, 7 Tracks) lbr<br />

TIM BUCKLEY<br />

TIM BUCKLEY<br />

In der an Sensationen<br />

nun nicht gerade<br />

armen<br />

Halbdekade<br />

1965–1970 spielt<br />

das Debütalbum des<br />

1966 gerade mal<br />

19-jährigen Supertalents<br />

Timothy Charles Buckley III definitiv<br />

in der ersten Liga. Mit seiner orpheusartigen<br />

Tenorstimme, seinen grandiosen Songs und<br />

nicht zuletzt seiner schieren Schönheit eroberte<br />

er Frauenherzen im Sturm, die heterosexuellen<br />

Jungs erfreuten sich dagegen<br />

an dem zeittypisch leicht psychedelisierten<br />

Folk-Rock, dem die Produzenten Rothschild/Holzman<br />

ab und an einige Streichereinheiten<br />

(arrangiert von Jack Nietzsche)<br />

gönnten. Dieses Jahrzehnt-Album hat Rhino<br />

als Deluxe-Edition auf Doppel-CD im<br />

Programm, mit Mono- und Stereomix sowie<br />

unterirdisch klingenden Livematerial.<br />

Doch für (Wieder-)Entdecker reicht dieses<br />

ordentliche Vinyl-Reissue alle mal.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1966,<br />

12 Tracks) lbr<br />

AL DI MEOLA<br />

ELEGANT GYPSY<br />

Ein Titel, ein Programm:<br />

“Race With<br />

Devil On A Spanish<br />

Highway” heißt eine<br />

der akustischen Visitenkarten<br />

auf Al Di<br />

Meolas zweitem Solo-Album.<br />

Der Hochgeschwindigkeits-Gitarrist<br />

rockt den Gaszug bis zum Anschlag,<br />

mischt reichlich Latin-Feeling ins Getriebe,<br />

beschleunigt mit Altmeister Paco de Lucia<br />

akustischen Flamenco (“Mediterrenean<br />

Sundance”) zum fulminanten Endspurt und<br />

kommt bei allem Geschwindigkeitsrausch<br />

doch nie aus der virtuosen Spur. Als Begleiter<br />

fährt der ehemalige Saitenhexer der Fusion-Pioniere<br />

Return To Forever die Crème<br />

de la Crème der Studio-Asse auf. Und doch<br />

gibt es statt seelenlosen Gedudels auch reichlich<br />

Melodien und begeisternde Rhythmen,<br />

Vinyl<br />

so dass die elegante Zigeunerin auch heute<br />

noch anmutig und anhörbar die Abtastnadel<br />

tanzen lässt. Auch wenn das mit Beiblatt<br />

aufwartende MOV-Reissue minimal weniger<br />

dynamisch und distanzierter klingt als<br />

das seinerzeit von Bob Ludwig gemasterte,<br />

großzügiger gepresste CBS-Original.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1977, 6 Tracks) lbr<br />

TIM HARDIN<br />

BIRD ON A WIRE<br />

In Vietnam schon<br />

früh mit Heroin in<br />

Kontakt gekommen,<br />

war der singende<br />

Weltschmerz-Poet<br />

Tim Hardin 1971 bereits<br />

zum Wrack heruntergekommmen.<br />

Und dennoch erbarmte<br />

sich Columbia-Produzent Ed Freeman noch<br />

einmal des Tristesse-Barden (Überdosis-<br />

Tod 1980), gestattete dem nur noch bedingt<br />

Kreativen vier Cover-Versionen. Darunter<br />

den von Leonard Cohen geborgten Titelsong,<br />

der wohl die Verkaufszahlen pushen<br />

sollte und mit dem das Album recht oberflächlich-weinerlich<br />

beginnt. Aber dann:<br />

welch ein echtes Leid, welch eine abgrundtiefe<br />

Melancholie bricht sich da Bahn. Mit<br />

schütterer, doch ausdruckstiefer Stimme<br />

besingt Hardin die Hölle auf Erden, eingebettet<br />

in geschmackvolle, mal streichertraurige,<br />

mal jazzig-pluckernde Arrangements,<br />

begleitet von Topmusikern. Das exzellent<br />

gemasterte und gepresste Reissue im originalen<br />

Klappcover ist ein Muss – aber nichts<br />

für Suizidgefährdete.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1971,<br />

10 Tracks) lbr<br />

MAMA’S BOYS<br />

POWER AND PASSION<br />

Auch wenn die irischen<br />

Mama’s Boys<br />

ihrer Musik wie in<br />

“Lettin’ Go” traditionelle<br />

Elemente<br />

ihrer Heimat beigaben,<br />

war das Material<br />

ilder drei iMM McManus-Brüder ganz auf<br />

den US-Markt zugeschnitten: schmissiger<br />

Melodic Metal mit Gang-Shout-Refrains.<br />

Vor allem POWER AND PASSION, das<br />

fünfte Album der Band, schwamm im<br />

Fahrwasser von Ratt, Warrant & Co. Und<br />

das mit Erfolg. Überdies konnten Muttis<br />

Jungs mit echten Ohrwürmern aufwarten,<br />

die trotz der Genre-Grenzen sehr<br />

abwechslungsreich gestaltet waren. Während<br />

zum Beispiel “Don’t Tell Mama”<br />

ein auf Nummer sicher gespielter Party-<br />

Kracher ist, kommt das mit einer unter<br />

die Haut gehenden Melodie ausgestattete<br />

“Needle In The Groove” gedrosselter und<br />

durchdachter daher. Mit “The Professor<br />

II” gibt es gar ein hektisches Instrumentalstück.<br />

Ein Manko dieser Wiederveröffentlichung<br />

ist der Qualitätsverlust beim<br />

Cover. Die genretypische, sich genussvoll<br />

auf einem Steinthron räkelnde Schnecke,<br />

die im Original heiß rüberkam, sieht bei<br />

SPV aus, als würde sie unter einem wirklich<br />

fiesen Sonnenbrand leiden. Allerdings<br />

hat das Remastering auch die knackige<br />

Produktion geschliffen. Druck und<br />

Transparenz haben dezent verloren.<br />

(Steamhammer/SPV, 1985, 9 Tracks) jub<br />

Seite 46 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>

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