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CD<br />
REVIEWS<br />
My Head”) und Wes Montgomery (“What<br />
The World Needs Now Is Love”). Das<br />
schön gestaltete Boxset enthält ein informatives,<br />
reich bebildertes Buch. Wer nicht<br />
ganz so tief in die Tasche greifen will, für<br />
den gibt es einen abgespeckten 2-CD-<br />
Querschnitt mit 40 Titeln.<br />
(Universal, 2013, 26/62:49, 26/66:52,<br />
25/78:23, 19/77:38, 24/74:23,<br />
17/63:19) frs<br />
MIKE KILIAN<br />
N8WACHE<br />
Der Berliner Sänger<br />
Mike Kilian<br />
zählt zu den<br />
meistbeschäftigten<br />
Musikern des Landes.<br />
In erster Linie<br />
agiert er schon seit<br />
den Achtzigern als Frontmann der Band<br />
Rockhaus, mit der Kilian erst im letzten Jahr<br />
das grandiose Album TREIBSTOFF veröffentlichte.<br />
Neben weiteren Bandprojekten<br />
wie Starfuckers oder Final Stap (mit Tobias<br />
Künzel von den Prinzen) legt er regelmäßig<br />
Solowerke vor. Sein neuestes, mittlerweile<br />
viertes Solo-Album unterscheidet sich von<br />
seinen Vorgängern deutlich. Es ist ruhiger<br />
ausgefallen. Ruhig bedeutet jedoch nicht<br />
langweilig. Zwar bleiben Rock und Pop seine<br />
musikalische Heimat, doch Kilian flirtet<br />
ordentlich mit italienischem und irischem<br />
Folk. Die akus tische Umsetzung der zwölf<br />
Songs rückt die ganz besondere Stimme des<br />
Sängers einmal mehr in den Mittelpunkt.<br />
Textlich präsentiert sich Mike Kilian oft<br />
melancholisch wie in “Licht” oder “Abschied”,<br />
aber er ist auch ein Meister des<br />
feinsinnigen Humors. Etwa, wenn er vom<br />
Heiraten singt (“Panik”) oder von der Vielweiberei<br />
(“Qual der Wahl”). Das Album ist<br />
der ideale Soundtrack für einen entspannten<br />
Sommerabend auf dem Balkon.<br />
(Killingkilian Records, 2013,<br />
12/40:39) che<br />
BEATHOTEL<br />
BACK & FORTH<br />
Das Münchner Quartett Beathotel hat den<br />
Mersey-Beat mit der Muttermilch aufgesogen,<br />
nimmt mit auf eine musikalische<br />
Zeitreise und hat es dabei geschafft, den Sixties-Power-Pop<br />
in die Gegenwart zu transferieren.<br />
Diesmal haben Fredrik Forsberg (voc,<br />
g, harp, ukulele), Norbert Swobody (voc, g,<br />
sitar, p, violin), Anselm Soos (voc, b, g) und<br />
Stefan Essl (dr) ihr fünftes Album überwiegend<br />
zu Akus tikinstrumenten gegriffen, um<br />
ihren zeitlos guten Retro-Pop mit viel Pep,<br />
aber zugleich auch Gefühl für instrumentale<br />
Nuancen und mehrstimmigen Gesang anzustimmen<br />
und dabei auch kurz mal vorsichtig<br />
Jazzgefilde zu streifen. Dabei überzeugen<br />
die elf eigenen Nummern ebenso wie die<br />
drei Cover-Versionen. In diesem (Beat-)<br />
Hotel steigt man gern ab, weil alte Zeiten<br />
lebendig werden, ohne dabei in Nostalgie zu<br />
versumpfen.<br />
(BSC <strong>Music</strong>/Rough Trade, 2013,<br />
14/41:19) pro<br />
DENNY LAINE<br />
BUTTERFLIES AND WINGS<br />
Zum Broterwerb musste Denny Laine<br />
„Sings Paul McCartney & Wings And<br />
Moody Blues” (Untertitel) wohl nicht<br />
REINHARD LAKOMY<br />
UND ICH GEH IN DEN TAG<br />
Der kürzlich viel zu früh vers<strong>to</strong>rbene Reinhard<br />
Lakomy war Meister in ganz verschiedenen<br />
Musikbereichen. Unvergessen<br />
bleiben seine Kinderplatten, sein TRAUM-<br />
ZAUBERBAUM – bis heute 40 Millionen<br />
Mal verkauft – gehört zu jeder ostdeutschen<br />
Biografie wie Rotkäppchen-Sekt und<br />
Trabant. Ebenso gilt der Tausendsassa als<br />
DDR-Pionier elektronischer Musik, aktuell<br />
werden seine Instrumentalwerke aus den<br />
frühen Achtzigern in den USA veröffentlicht.<br />
Begonnen hatte Lakomy jedoch als<br />
musizierender Geschichtenerzähler, der sich<br />
mit kauziger Reibeisenstimme und schnoddriger<br />
Gelassenheit in seinen Songs den Beziehungskisten<br />
und dem Kinderkriegen mit<br />
gleicher Hingabe widmete wie dem DDRaufnehmen.<br />
Vielleicht war dem einstigen<br />
Mitglied der Moody Blues (1964 –1966)<br />
und der Wings (1971–1981) auch nur langweilig.<br />
Teils allein mit einer Akustikgitarre,<br />
teils mit Bandbegleitung nahm er sich “Go<br />
Now” vor, den ersten, von ihm gesungenen<br />
Hit der Moody Blues (1964). Dazu liefert er<br />
“Can’t Nobody Love You” per Neufassung.<br />
Aus dem Wings-Reper<strong>to</strong>ire stammen die<br />
Beatles-Nummer “Blackbird”, “Picasso’s<br />
Last Words” “Band On The Run”,”Silly<br />
Love Songs” oder ”Mull Of Kintyre” (Co-<br />
Au<strong>to</strong>r: Laine). Hinzukommt “Say You<br />
Don’t Mind”, eine der beiden Singles von<br />
Laines kurzlebiger, 1966 gegründeter Electric<br />
String Band. Die 1979 entstandenen<br />
Aufnahmen tun niemandem weh, reichen<br />
an die Originale nicht heran – und niemand<br />
außer Hardcore-Fans braucht sie.<br />
(Collec<strong>to</strong>rs Dream/Soulfood, 2013,<br />
14/54:37) pro<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
DAS DEUTSCHE CHANSON<br />
UND SEINE GESCHICHTE(N) –<br />
100 JAHRE BRETTLKUNST<br />
TEIL 1–4<br />
Um das Jahr 1900 herum taucht zum ersten<br />
Mal der Begriff „des deutschen Chansons”<br />
auf. Im Revue<strong>the</strong>ater, auf Kleinkunst- und<br />
Operettenbühnen eifern Künstler wie Claire<br />
Waldoff, Walter Kollo, Paul Lincke und Fritzi<br />
Massari französischen Vorbildern nach, brechen<br />
mit lebensnaher Dichtung, gewürzt mit<br />
feiner Ironie, ungezierter Fantasie und einem<br />
Schuss frivoler Erotik in neue künstlerische<br />
Gefilde vor, unvergessen auch die Couplets<br />
eines Ot<strong>to</strong> Reutter. Die erste große Blüte<br />
erlebt das deutsche Chanson dann während<br />
der Weimarer Republik, bei der Sängerinnen<br />
wie Blandine Ebinger und Trude Hesterberg<br />
die Melodien und Texte von Friedrich Hollaender,<br />
Kurt Tucholsky oder Erich Kästner<br />
einem breiten Publikum nahebringen. Mit<br />
den Liedern von Bert Brecht und Kurt Weill<br />
zieht alsbald auch der Jazz in diese Kunstform<br />
ein, bis die NS-Zeit diesen kreativen<br />
Höhenflug jäh beendet. Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg dauert es nicht lange, bis das<br />
Chanson durch zeitkritische Kabarettlieder<br />
wiederaufersteht. In der DDR wandeln Interpreten<br />
wie Gisela May, Manfred Krug,<br />
Gerhard Gundermann und Hans-Eckhard<br />
Wenzel auf den Spuren Brechts, im Westen<br />
erobert das Chanson mit Sängerinnen wie<br />
Helen Vita, Lore Lorentz und Hildegard Knef<br />
neue Publikumsschichten. Gleichzeitig würzen<br />
Liedermacher auf Festivals wie dem auf<br />
Burg Waldeck ihre Chansons mit politischem<br />
Protest, in Österreich stehen Georg Kreisler,<br />
André Heller oder Ludwig Hirsch für humorvolle<br />
Kunst – bei der einem gleichwohl<br />
das Lachen oft im Halse steckenbleibt. Auch<br />
nach der deutschen Wiedervereinigung ist<br />
das deutsche Chanson immer noch en vogue,<br />
wenngleich „moderne” Interpreten wie<br />
Element Of Crime, Rosens<strong>to</strong>lz oder Rainald<br />
Grebe diese Kunstform weitaus freier umsetzen.<br />
Insgesamt über 300 (!) Chansons wurden<br />
für diese vierteiligen Serie mit je drei CDs zusammengesucht,<br />
bekannte Künstler aus allen<br />
Epochen wechseln sich ab mit einer ungeheuren<br />
Anzahl höchst iteressanter Neuentdeckungen<br />
(genial: Cissy Kraners “Der Novak<br />
lässt mich nicht verkommen”), dazu noch jeweils<br />
180 bebilderte Bookletseiten, in denen<br />
man die ausführlichen Informationen über<br />
die Lieder, ihre Verfasser und jeden einzelnen<br />
Interpreten auf Deutsch nachlesen kann.<br />
Besser kann so ein Thema nicht aufbereitet<br />
werden, allerhöchste Empfehlungsstufe!<br />
(Bear Family, 2013, 12 CDs) us<br />
SPARKS<br />
HALFNELSON / SPARKS /<br />
A WOOFER IN TWEETER’S<br />
CLOTHING<br />
Noch unter ihrem<br />
ursprünglichen<br />
Namen<br />
Halfnelson<br />
hatten die<br />
exaltierten<br />
Brüder<br />
Ron (keys)<br />
und Russell Mael<br />
(voc) – plus Earle Mankey (g), Jim Mankey<br />
(b, g) und Harley Feinstein (dr) – ihr selbst<br />
betiteltes Debüt 1971 veröffentlicht, um es<br />
nach der Umbenennung in Sparks mit diesem<br />
Namen als Titel ein Jahr später nochmals<br />
herauszubringen. Schon 1975 wurde<br />
es mit dem Nachfolger A WOOFER IN<br />
TWEETER’S CLOTHING als Doppel-LP<br />
erneut aufgelegt, was sich sei<strong>the</strong>r mehrfach<br />
wiederholte. Auf eigenwilligen Psycho-<br />
Pop und Art-Rock setzte die Band damals,<br />
teilweise naiv mit diversen Versatzstücken,<br />
erst produziert von Todd Rundgren,<br />
dann von Electric-Prunes-Sänger Thaddeus<br />
James Lowe. Das Quintett stützte sich<br />
auf Eigenkreationen (einzige Ausnahme:<br />
“Do-Re-Mi” von Rodgers/Hammerstein)<br />
und legte eine gelungene Gratwanderung<br />
zwischen eingängigen Melodien und „normalen”<br />
Songstrukturen sowie schrägen<br />
Klangcollagen hin. Jetzt mit dem raren Bonus-Track<br />
“I Like Girls”, mit ausführlichen<br />
Liner-Notes und Kommentaren der Maels<br />
zu jedem Song ergänzt.<br />
(Edsel/Soulfood, 1971/1973, 11/40:53,<br />
12/42:57) pro<br />
Pop<br />
Wohnraummangel und dem Aufenthalt im<br />
sozialistischen Nachbarland. In einer Zeit<br />
übrigens, als die Kollegen noch vom Ikarus,<br />
Albatros und Meißner Porzellan sangen. Die<br />
vier Alben dieser Ära, LAKOMY I (1973),<br />
LACKY UND SEINE GESCHICHTEN<br />
(1974), LACKY’S DRITTE (1975) und<br />
DASS KEIN REIF ... (1977) erfahren im<br />
vorliegenden CD-Set eine Neuauflage und<br />
zeigen einen großartigen Künstler, der seiner<br />
Zeit weit voraus war.<br />
(Amiga/Sony <strong>Music</strong>, 2013, 11/40:52,<br />
10/39:00, 10/36:59, 7/39:51) che<br />
LLOYD COLE<br />
STANDARDS<br />
Schuld ist Bob<br />
Dylan. Als Lloyd<br />
Cole im vergangenen<br />
Jahr gebeten<br />
wurde, eine Kritik<br />
zu dessen neuem<br />
Album TEMPEST<br />
zu schreiben, war er schier überwältigt<br />
von der anhaltenden Schaffenskraft des<br />
72-Jährigen. Cole, 20 Jahre jünger, gab<br />
sich einen Tritt in den Hintern und reaktivierte<br />
sein Songwriting. Herausgekommen<br />
ist nun mit STANDARDS eines seiner<br />
besten Alben der vergangenen Jahre.<br />
Nach dem folkigen Vorgänger BROKEN<br />
RECORD (2010) greift der ehemalige<br />
Kopf der Commotions wieder verstärkt<br />
in die Saiten seiner E-Gitarre, was nicht<br />
heißt, dass alle Songs darauf Rocker<br />
sind. Mit zarten Liedern wie “Myrtle And<br />
Rose”, “No Truck” und “Silver Lake”<br />
sind ihm einige der schönsten Balladen<br />
seiner Karriere gelungen, inklusive herrlich<br />
perlender Gitarren und croonenden<br />
Gesangs. Und unter den Rockern ragen<br />
besonders das freche “Women’s Studies”,<br />
das wavige “Opposites Day” (mit Riff-<br />
Zitat aus Televisions “Marquee Moon”)<br />
sowie als treibender Opener das John-<br />
Hartford-Cover “California Earthquake”<br />
heraus. Welcher Standard? Sehr hoch!<br />
(Tapete/Indigo, 2013, 11/41:27) frs<br />
PETRA ZIEGER & BAND<br />
GLÜCK<br />
Seit 30 Jahren steht die gebürtige Thüringerin<br />
Petra Zieger mit ihrer Band,<br />
die sich die ersten Jahre noch Smokings<br />
nannte, auf der Bühne. Das ist wahrlich<br />
ein Glück, weshalb die Sängerin ihr Best-<br />
Of-Doppelalbum zum Jubiläum gleich<br />
so nannte. Dabei hätte man ihr und ihren<br />
sympathischen Mitstreitern eine ordentliche<br />
Portion weiteres Glück gewünscht.<br />
Es gelangen zwar ein paar kleine Hits,<br />
und es gab auch mal ein USA-Gastspiel<br />
vor 500.000 Menschen, doch der ganz<br />
große Wurf blieb ihr – bis jetzt – verwehrt.<br />
Leider beginnt das Best Of etwas<br />
unsäglich mit zwei Cover-Versionen von<br />
Kim Wilde und Nena, doch gleich danach<br />
folgt ein Streifzug durch die langjährige<br />
Karriere der Powerfrau. In den ersten<br />
Jahren war sie stark von New Wave und<br />
NDW geprägt, später öffnete sie sich anderen<br />
Genres und nutzte Elemente aus<br />
Rock’n’Roll, Pop, Schlager und Chanson.<br />
Besonders gut gelingen ihr die Balladen,<br />
Songs wie “Der Himmel schweigt” und<br />
“Das Eis taut” verfehlen bis heute nicht<br />
ihre Wirkung. Die Doppel-CD umfasst<br />
Seite 34 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>