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CD<br />
REVIEWS<br />
LEO BROUWER<br />
BEATLERIANAS<br />
Leo Brouwer ist einer der wichtigsten zeitgenössischen<br />
Komponisten für klassische<br />
Gitarre. 1985 arrangierte der Kubaner,<br />
der auch Filmmusiken („Bittersüße Schokolade”)<br />
schreibt, sieben Beatles-Songs<br />
zu einer Suite für Konzertgitarre und<br />
Streichquartett um. Für den aus Brasilien<br />
stammenden Saitenvirtuosen Carlos<br />
Barbosa-Lima und das mit einem Grammy<br />
ausgezeichnete Havana String Quartet<br />
überarbeitete er die BEATLERIANAS<br />
noch einmal. Klassische Arrangements von<br />
Lennon/McCartney-Songs gibt es zuhauf,<br />
doch Brouwers klangvolle Bearbeitungen<br />
von “Eleanor Rigby”, “Here, There And<br />
Everywhere”, “She’s Leaving Home”, “A<br />
Ticket To Ride”, “Yesterday”, “Got To Get<br />
You In<strong>to</strong> My Life” und “Penny Lane” sind<br />
so originell wie schön. Er gewinnt den sattsam<br />
bekannten Melodien völlig neue Facetten<br />
ab: So überführt er “Eleanor Rigby”<br />
in einen mehrstimmigen Kanon oder verziert<br />
“Penny Lane” mit allerlei barocken<br />
Schnörkeln. Als weitere Stücke auf der<br />
klanglich wie musikalisch überzeugenden<br />
CD gibt es drei Werke für Sologitarre, das<br />
“Quintet For Guitar And String Quartet”<br />
(1957) sowie eine Erstveröffentlichung des<br />
“String Quartet #5” (2011), in denen Brouwer<br />
meisterhaft moderne Klassik mit afrokubanischen<br />
Elementen verbindet.<br />
(Membran/Sony <strong>Music</strong>, 2013,<br />
20/71:02) frs<br />
NAT KING COLE<br />
CANTA EN ESPANOL<br />
Zwischen 1958 und<br />
1962 brachte Nat<br />
King Cole drei spanischsprachige<br />
Alben<br />
heraus, die in Lateinamerika<br />
und den<br />
USA zu Verkaufserfolgen<br />
wurden. Bis heute genießen sie unter<br />
Kennern wegen ihres beschwingten Mixes<br />
aus Bigband-Jazz und Latino-Rhythmen<br />
einen guten Ruf; einige der Songs, darunter<br />
die grandiosen Nummern “Quizás, Quizás,<br />
Quizás (Perhaps, Perhaps, Perhaps)”<br />
und “Aquellos Ojos Verdes (Those Green<br />
Eyes)”, landeten auf dem Soundtrack<br />
des 2000er Kultfilms „In The Mood For<br />
Love”. Der US-amerikanische Jazzsänger<br />
und Pianist Cole (1919 –65) wurde zu<br />
seinem kulturübergreifenden Projekt nach<br />
einer Südamerika-Tournee inspiriert. Er<br />
beherrschte zwar kein Spanisch, erlernte<br />
die Aussprache jedoch phonetisch. CANTA<br />
EN ESPANOL präsentiert nun im 24-Bit-<br />
Digital-Remastering auf einer CD fast alle<br />
Songs von den drei Alben COLE ESPA-<br />
NOL (1958, aufgenommen in Havanna<br />
und Hollywood), A MIS AMIGOS (1959,<br />
eingespielt in Rio) und MORE COLE<br />
ESPANOL (1962, Mexico City). Es fehlen<br />
lediglich ein Instrumentalstück, eine Textrezitation<br />
und drei portugiesische Songs.<br />
(Jackpot/inakustik, 2013, 31/78:26) frs<br />
DIRTMUSIC<br />
TROUBLES<br />
Das Projekt Dirtmusic geht in die dritte Runde.<br />
Aus der von Chris Eckman (The Walkabouts)<br />
und Hugo Race (Nick Cave & The<br />
Bad Seeds) ursprünglich als Folk-Roots-,<br />
dann als World-<strong>Music</strong>-Nebenprodukt konzipierten<br />
Band ist damit schon fast eine feste<br />
Instanz geworden. Wie schon der Vorgänger<br />
BKO (2010) ist auch Album Nummer drei,<br />
TROUBLES, in Bamako/Mali aufgenommen.<br />
Im Studio waren wieder zahlreiche<br />
westafrikanische Musiker beteiligt, darunter<br />
als Gastsänger Ben Zabo und Samba Touré.<br />
Erneut erlebt man eine Begegnung von USamerikanischem<br />
Wüsten-Rock mit Sahara-<br />
Blues. Über treibenden Grooves und Gitarrenriffs<br />
entfalten die mit westafrikanischen<br />
Instrumenten wie Balafon (Xylofon) und<br />
Ngoni (Laute) verfeinerten Songs ihre ganz<br />
eigene hypnotische Sogwirkung.<br />
(Gitterbeat/Indigo, 2013, 11/49:51) frs<br />
THE DAVE BRUBECK<br />
QUARTET<br />
THE COLUMBIA STUDIO<br />
ALBUMS COLLECTION<br />
1955–1966<br />
Musik! Nur darum geht es in dieser Box.<br />
Keine, wo auch immer ausgegrabenen Bonus-<br />
Tracks, keine seitenlange Essays im Booklet,<br />
keine frischen Erkenntnisse aus neuen Interviews<br />
oder ähnliches Füllwerk trüben hier den<br />
Blick auf das essenzielle Schaffen von Dave<br />
Brubeck. 19 Alben, alle zwischen 1955 und<br />
1967 (ja, der Titel stimmt also nicht ganz ...)<br />
veröffentlicht, eingespielt größtenteils mit seinen<br />
drei (Standard-)Begleitern Paul Desmond<br />
(sax), Eugene Wright (b) und Joe Morello (dr),<br />
teilweise auch mit Norman Bates oder Joe<br />
Benjamin am Bass, einmal gar mit großem<br />
Orchester (Leonard Bernsteins New Yorker<br />
Symphoniker) im Rücken. Neben viel selbst<br />
komponiertem Material griff der im Dezember<br />
letzten Jahres vers<strong>to</strong>rbene amerikanische<br />
Pianist auch immer wieder auf Fremdmaterial<br />
zurück, bediente sich in der Welt der Disney-<br />
Filme (DAVE DIGS DISNEY, 1957), bei alten<br />
Folk- und Bluestiteln (GONE WITH THE<br />
WIND & SOUTHERN SCENE, beide 1960),<br />
in der Klassik- und <strong>Music</strong>alwelt (BERN-<br />
STEIN PLAYS BRUBECK PLAYS BERN-<br />
STEIN, 1960, MY FAVOURITE THINGS,<br />
1965) oder interpretierte Material berühmter<br />
Kollegen (ANYTHING GOES! THE DAVE<br />
BRUBECK QUARTET PLAYS COLE POR-<br />
TER, 1967). Was diese Box unter dem Strich<br />
auszeichnet, ist die Konzentration auf das<br />
Wesentliche, neben der brillanten Musik begeistert<br />
der superbe Klang dieser remasterten<br />
Scheiben, die über die Spieldauer von 19 CDs<br />
nichts anderes sind als ein eindrucksvolles<br />
Zeugnis für Musik, wie es sie heute nicht mehr<br />
gibt – nicht mehr und nicht weniger.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2013, 19 CDs) us<br />
RODRIGO LEÃO<br />
SONGS<br />
Als sich Rodrigo Leão vor gut 20 Jahren<br />
dafür entschied, mit Madredeus eine der<br />
damals erfolgreichsten und bekanntesten<br />
Fado-Formationen zu verlassen, war kaum<br />
abzusehen, dass er in seiner darauffolgenden<br />
Solokarriere noch erfolgreicher werden<br />
würde. Heute gehört der Portugiese zu den<br />
Jazz & World <strong>Music</strong><br />
absoluten Superstars der iberischen Halbinsel,<br />
zahlreiche Nummer-1-Alben inklusive.<br />
Das Mitte Juni erschienene SONGS zeigt<br />
mit seinen Liedern zwar nur einen kleinen<br />
Ausschnitt aus seinem breiten musikalischen<br />
Schaffen, doch die zehn ausgesuchten Beispiele<br />
seiner Kompositionen (darunter zwei<br />
neue Titel) dürften mit ihrer ganz eigenen<br />
Magie zweifellos Lust darauf machen, noch<br />
tiefer in seinen Soundkosmos aus melancholischen<br />
Melodien in erlesenen Arrangements<br />
einzusteigen. Vortrefflich auch die Gastvokalisten,<br />
die auf dieser Zusammenstellung<br />
vertreten sind: Beth Gibbons (Portishead),<br />
Scott Mat<strong>the</strong>w, Neil Hannon (The Divine<br />
Comedy), Stuart Staples (Tindersticks), Sónia<br />
Tavares (The Gift) und Joan Wasser (aka<br />
Joan As Policewoman).<br />
(Glitterhouse/Indigo, 2013, 10/37:20) us<br />
FRANK HERZBERG TRIO<br />
HANDMADE<br />
Das Ende der<br />
Welt liegt nicht<br />
am Ende dieser<br />
Platte, sondern<br />
am Anfang!<br />
Dunk le, geradezu<br />
apokalyptische<br />
Cello-Töne Cll charakterisieren die erste<br />
Minute des Neunminüters “Don’t Talk<br />
Crazy”. Wer die durchhält, wird belohnt<br />
durch eine wunderbare Komposition zum<br />
jüngsten Tag, im Mission-Impossible-5/4-<br />
Takt gehalten und der Fender-Rhodes-<br />
Romantik des alten Oblivion Express von<br />
Brian Auger. Das Trio mit dem Wahl-Brasilianer<br />
Frank Herzberg am Kontrabass,<br />
dem Klassik & Jazz-versierten Pianisten<br />
Alexandre Zamith und einem mit allen<br />
lateinamerikanischen und afrikanischen<br />
Rhythmen gewaschenen Zé Eduardo<br />
Nazário klingt nur auf der Bookletpappe<br />
intellektuell – in der konzentrierten Studio-Atmosphäre<br />
Sao Paulos entfalten sich<br />
organische Kompositionen wie der wunderbare<br />
Tribut an den spanischen Poeten<br />
Frederico Garcia “Lorca”, dem auch ein<br />
Ben Sidran huldigt, und als zentrales<br />
Werk eine Jazzsuite aus vier Movements,<br />
jedem Instrument und dem Trio gewidmet.<br />
Erhebend, aber nie abgehoben.<br />
(Mvh-<strong>Music</strong>/Heinzelmann,<br />
9/57:07) utw<br />
OTROS AIRES<br />
4<br />
Auch auf ihrem vierten Album beweist<br />
die spanisch/argentinische Band Otros<br />
Aires, dass moderner Tango alles andere<br />
als nach verstaubter Tradition klingen<br />
muss. Wobei Traditionalisten wahrscheinlich<br />
laut aufschreien werden, wenn<br />
sie hören wie diese bunte Musikerschar<br />
al<strong>the</strong>rgebrachte Weisen mit Elementen<br />
aus HipHop, Jazz und vor allem Electro<br />
anreichert. Doch oft ist es gerade dieser<br />
vermeintlich unüberbrückbare Graben<br />
zwischen elektronischen Verfremdungen<br />
und den sonst vom Tango gewohnten<br />
Akkordeonklängen, das Zusammenspiel<br />
von südamerikanischem Rhythmen mit<br />
syn<strong>the</strong>tischen Beats, die unterschiedlichen<br />
Ebenen zwischen klassischem<br />
Gesang und modernem HipHop, die den<br />
Reiz solcher Grenzüberschreitungen ausmachen.<br />
Und dass Lou Reeds “Perfect<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 51<br />
MFPConcerts GmbH & Co. KG<br />
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