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LP<br />
REVIEWS<br />
Dewey Bunnell (voc, g, dr) und Dan Peek<br />
(voc, g) Platz auf dem Produzentenstuhl.<br />
Dabei war der Pop-verliebte Stil, der<br />
Mitte der 70er mit ihm in den Westcoast-<br />
Folk-Rock Americas einzog, ein langjähriger<br />
Erfolgsgarant. Angetrieben von<br />
der Nummer-1-Single “Sister Golden<br />
Hair” gelangte HEARTS bis auf Platz 4<br />
in den Billboard Charts, auch die beiden<br />
weiteren Single-Auskopplungen “Daisy<br />
Jane” sowie das funkige “Woman Touch”<br />
konnten sich platzieren. Besonders in der<br />
jetzt veröffentlichten 180g-Vinyl-Version<br />
kommt dem Klang des Albums die bekannt<br />
akkurate Produktionsarbeit Martins<br />
zugute, spielt es seine Klasse bei den ruhigen<br />
Passagen durch feine Hintergrundchöre,<br />
Streicher und filigrane Verzierungen<br />
aus, besticht aber, wo notwendig,<br />
auch durch zupackende Dynamik.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1975,<br />
12 Tracks) tk<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
GREAT COVER VERSIONS<br />
Nach den schönen<br />
„Great<br />
Voices”-<br />
Kompilationen<br />
(sie he GT 3/2013)<br />
erfreut<br />
inakustik<br />
nun die Ohren mit<br />
dieser feinen Zusammenstellung<br />
tll großer Cover-Versionen.<br />
Nicht die üblichen Verdächtigen, sondern<br />
natürlich nur die audiophilen Nach-Spiele<br />
aus den Katalogen befreundeter Jazz-<br />
, Blues- und Pop-Label. Gemastert im<br />
„Reference Sound Mastering” (RESO)-<br />
Verfahren in den renommierten Bauer-<br />
Studios, im DMM-Verfahren geschnitten<br />
bei Pauler Acoustic – da werden goldene<br />
Ohren hellhörig. Neben Stars wie Chris<br />
Thompson, Sophie B. Hawkins (starke<br />
Akustikversion von “Damn I Wish I Was<br />
Your Lover”) und Chris Farlowe oder Insider-Größen<br />
wie Erzblueser Hans Theessink<br />
gibt es viel unbekanntes Neuland zu<br />
erkunden. Meist lohnend, selten grenzwertig.<br />
Für solche Entdeckungen – etwa<br />
Jazzvokalistin Alexandra Naumann – sind<br />
solche Sampler ja auch da. Und das Wohlklangvergnügen<br />
ist ohnehin garantiert.<br />
(inakustik, 2013, 2013, 2 LPs,<br />
16 Tracks) lbr<br />
DREAM THEATER<br />
SIX DEGREES OF INNER<br />
TURBULENCE<br />
Sechs<br />
ausgefeilte<br />
Tracks, die sich<br />
um<br />
Lebenskrisen<br />
wie Alkoholismus,<br />
Glaubensverlust<br />
und Selbstisolation<br />
drehen: 2002 präsentierte<br />
t die amerikanischen Progressive-<br />
Metalband Dream Theater ihren Fans ein<br />
lupenreines Konzeptalbum. Mittelpunkt<br />
von SIX DEGREES OF INNER TUR-<br />
BULENCE ist der 42-minütige Titeltrack,<br />
der sich in acht Abschnitten (und hier verteilt<br />
auf zwei LP-Seiten) um sechs Patienten<br />
mit unterschiedlichen psychischen<br />
Krankheiten kümmert. Ohne Frage ist<br />
solch ein Thema geradezu prädestiniert<br />
dafür, in der musikalischen Umsetzung<br />
die komplett mögliche stilistische Band-<br />
Vinyl<br />
breite auszuschöpfen. Eine Vorlage, die<br />
Dream Theater bis zum Exzess ausnutzen,<br />
neben John Petruccis gewohnt harten<br />
Riffgewittern und Mike Portnoys kompromisslosem<br />
Drumming zeigt Sänger<br />
James LaBrie hier ein wahrlich breites<br />
Spektrum, von melodisch zurückhaltend<br />
über rockig zupackend bis zu irrsinnig<br />
schreiend: eine wahre Achterbahn der Gefühle,<br />
die als 180g-Vinyl noch einen Tick<br />
bedrohlicher als auf CD daherkommt.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 2013, 2 LPs,<br />
6 Tracks) us<br />
CABARET VOLTAIRE<br />
RED MECCA<br />
Bei einem ihrer ersten<br />
Konzerte bezogen<br />
sie Prügel<br />
vom Publikum, das<br />
Rock’n’Roll<br />
erwartet<br />
hatte, aber<br />
sperrige Industrial-<br />
Musik geliefert bekam. Die Avantgarde-Formation<br />
Cabaret Voltaire, 1973<br />
in Sheffield gegründet und nach der<br />
gleichnamigen Theaterkneipe – und dem<br />
Geburtsort des Dadaismus – in Zürich<br />
benannt, hatte es Hörern noch nie leichtgemacht.<br />
Auch nicht mit ihrem heute<br />
längst als Albumklassiker der Post-Punk-<br />
Ära geltenden RED MECCA (1981),<br />
das nun als Vinyl mit beiliegender CD<br />
wiederaufgelegt wird. Statt fester Songstrukturen<br />
gibt es darauf größtenteils<br />
instrumentale, von elektrifizierten Störgeräuschen<br />
und seltsam verhallten Gesängen<br />
geprägte Klangcollagen. Der schräge<br />
Opener “A Touch Of Evil” ist vom Orson-<br />
Welles-Film gleichen Titels und dessen<br />
Mancini-Soundtrack inspiriert, das<br />
östlich angehauchte “Black Mask” von<br />
der afghanischen Revolution. Unzählige<br />
Electro- und Industrial-Bands bezogen<br />
sich in Folge auf das Trio, angefangen von<br />
Depeche Mode bis zu den Einstürzenden<br />
Neubauten. Cabaret Voltaire waren, sind<br />
und bleiben ihrer Zeit voraus.<br />
(Mute/Good To Go, 1981, 9/40:11) frs<br />
CARLOS SANTANA &<br />
BUDDY MILES<br />
LIVE!<br />
Das im Januar 1972<br />
im Diamond Head<br />
Crater<br />
eingespielte<br />
Album zählt zu<br />
den<br />
Sternstunden<br />
der frühen Siebziger,<br />
auch wenn der<br />
Sound bezüglich lihder ursprünglichen Abmischung<br />
nicht immer optimal war. Wenn<br />
sich Meistergitarrist Carlos Santana mit<br />
dem Ex-Hendrix-Drummer Buddy Miles<br />
musikalisch vereinigt, kann einfach nur<br />
ein lebendiges und inspiriertes Werk entstehen,<br />
das sich zwischen Latin und dem<br />
für Miles typischen Soul bewegt. Neben<br />
einer langen und manchmal auch etwas<br />
gewagten Improvisation (“Free Form<br />
Funkafide Filth”) stechen das zügige und<br />
leicht soulige “Evil Ways” und das Latin-<br />
Feuerwerk ”Marbles” hervor. Das von<br />
vielen unterschätzte Album erscheint als<br />
180g-Pressung in einem Klappcover.<br />
(Speakers Corner Records, 1972,<br />
6 Tracks) at<br />
CD<br />
REVIEWS<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
SOMETHING NEW TO DO – THE<br />
PHILLIP MITCHELL SONGBOOK<br />
Der Name Phillip Mitchell dürfte hier zu<br />
Lande bislang nur auf Soul erpichten Fans<br />
etwas sagen. Kompositionen des Mannes<br />
aus dem Muscle-Shoals-Clan bevölkerten<br />
schließlich nicht dauernd die hohen Charts-<br />
Plätze, aber als versierter, nicht auf Dauerabnehmer<br />
abonnierter Liederlieferant versorgte<br />
er besonders in den hier abgedeckten<br />
Jahren 1970–1982 so renommierte Stimmen<br />
wie Joe Simon, Archie Bell, Bobby<br />
Womack, Mary Wells Johnnie Taylor, The<br />
Staple Singers, Candi Sta<strong>to</strong>n und Millie<br />
Jackson immer wieder gern mit ziemlich<br />
unfehlbar ohrwürmigen Songs. Dabei<br />
schlug das Qualitätspendel oft in Richtung<br />
gehobener Routine aus, aber in besten Momenten<br />
eben auch in Richtung Premium-<br />
Klasse. Die ist hier vertreten durch “Something<br />
For My Head”, “You Made Me What<br />
I Am”, “Gonna Have A Murder On Your<br />
Hands”, “It Hurts So Good”, “Trippin’ On<br />
Your Love” und “Lef<strong>to</strong>vers”. Gelegentlich<br />
sang Mitchell auch selbst – mit überschaubarer<br />
Resonanz. Leicht desillusioniert erkannte<br />
er: „Being a songwriter, you give<br />
your songs away. That’s <strong>the</strong> way you live,<br />
that’s <strong>the</strong> way you make money.” Aber er<br />
wurde nie das Gefühl los, nach einem guten<br />
Lied ein noch besseres schreiben zu können<br />
... auch hierfür liefert dieser Samp ler Beweise!<br />
Deshalb ein klares Fazit: Soulfans<br />
sollten hier zugreifen!<br />
(Kent/Soulfood, 2013, 23/76:40) hjg<br />
CHRIS KRAMER<br />
CHICAGO BLUES<br />
2010 veröffentlichte<br />
Chris Kramer,<br />
der Blues-Entertainer<br />
und -Geschichtenerzähler<br />
aus<br />
Dortmund,<br />
sein<br />
Album CHICAGO<br />
BLUES, das er in den USA mit Mitgliedern<br />
der Muddy Waters Band und weiteren Veteranen<br />
aufgenommen hatte und mit dem<br />
er allenthalben viel Lob einfuhr. Aus dem<br />
Rahmen fiel damals, dass Pine<strong>to</strong>p Perkins,<br />
Willie „Big Eyes” Smith, Rob Stroger,<br />
Frank Karkowski oder Special Guest <strong>Mick</strong><br />
Taylor einen auf der Harp brillierenden,<br />
aber deutsch singenden Frontmann begleiteten.<br />
Jetzt bringt Kramer auch die englischsprachigen<br />
Versionen der meist im<br />
traditionellen Chicago-Blues verhafteten<br />
Songs heraus, ähnlich schnoddrig-locker<br />
wie in seiner Muttersprache. Und er erfüllt<br />
sich mit seiner Vinylausgabe den Herzenswunsch<br />
„erste LP”. Beide Versionen, die<br />
über seine Homepage www.chris-kramer.de<br />
erhältlich sind, seien ans Herz gelegt.<br />
(Blow Till Midnight, 2010/2013,<br />
12/49:49) pro<br />
JAMES COTTON<br />
COTTON MOUTH MAN<br />
Blues-Altmeister James Cot<strong>to</strong>n (*1.7.1935)<br />
erkrankte Mitte der 90er Jahre an Krebs<br />
und kann seit 2000 nicht mehr singen. Aber<br />
eine ausgesprochen scharfe Mundharmonika<br />
bläst er immer noch, denn müde ist er<br />
nicht, vielmehr investiert er in sein Spiel<br />
permanent pure Energie. Die Gesangsparts<br />
übernahmen bei COTTON MOUTH MAN<br />
willige Kollegen wie Keb’ Mo’, Gregg Allman,<br />
Warren Haynes, Ruthie Foster und<br />
Delbert McClin<strong>to</strong>n sowie Darrell Nulisch,<br />
Kopf von Cot<strong>to</strong>ns regulärer Begleitband,<br />
die hier aber nur punktuell zum Einsatz<br />
kommt. Denn auch die instrumentale Seite<br />
besorgten zum größten Teil untadelige Könner<br />
wie die Gitarristen Joe Bonamassa, Rob<br />
McNelley, Colin Linden und erneut Warren<br />
Haynes, der Allzweck-Keyboarder Chuck<br />
Leavell sowie das Rhythmusgespann Glenn<br />
Worf (Bass) und Tom Hambridge (Drums).<br />
Bei so viel geballter Kompetenz ist es kein<br />
Wunder, dass die zumeist von Cot<strong>to</strong>n (mit-)<br />
komponierten Songs eine tadellose Kollektion<br />
stilistisch durchaus unterschiedlicher<br />
Blues-Ausformungen bilden. Cot<strong>to</strong>n gerät<br />
nie in Gefahr, seinem Mot<strong>to</strong> „If I don’t feel<br />
<strong>the</strong> Blues, I can’t play it” untreu zu werden.<br />
Das exakte Gegenteil ist hier der Fall: Er verkörpert<br />
den Blues mit Leidenschaft, und das<br />
ist stets zu hören.<br />
(Alliga<strong>to</strong>r/inakustik, 2013, 13/48:56) hjg<br />
RONNIE EARL &<br />
THE BROADCASTERS<br />
JUST FOR TODAY<br />
Hut ab vor Ronnie<br />
Earl! Der hat Drogen-<br />
und Alkoholabhängigkeit<br />
überwunden,<br />
muss aber<br />
Tag für Tag mit Depressionen<br />
und Diabetes<br />
klarkommen. k Das hinterlässt Spuren,<br />
bt<br />
gesundheitlich – aber auch in der Musik.<br />
Vieles von dem, was ihn belastet, lässt Earl<br />
in seinem Gitarrenspiel heraus. Kein Wunder,<br />
dass das von Gefühl, Tiefgang und unnachahmlicher<br />
Ausdruckskraft geprägt ist.<br />
Was am intensivsten in den Slow-Bluesnummern<br />
rüberkommt. Es ist kein Wunder,<br />
dass auf der Konzertdokumentation<br />
JUST FOR TODAY 12 der 13 Nummern<br />
Instrumentals sind (Gastsängerin Diane<br />
Blue prägt “I’d Go Blind”) – der Mann<br />
braucht keine Worte, um seine Befindlichkeit<br />
auszudrücken. Der Name Ronnie Earl<br />
steht für Blues-Amalgam, in dem er mit<br />
Sou<strong>the</strong>rn-Feeling alle möglichen Ausprägungen<br />
unter einen Hut bringt, inklusive<br />
eines Jazz-Ausflugs mit John Coltranes<br />
“Equinox”.<br />
(S<strong>to</strong>ny Plain/Fenn, 2013, 13/79:58) pro<br />
WALTER TROUT<br />
LUTHER‘S BLUES – A TRIBUTE<br />
TO LUTHER ALLISON<br />
Beim Montreux Jazz Festival 1986 hatte<br />
Walter Trout Lu<strong>the</strong>r Allison kennen<br />
gelernt und auch auf der Bühne mit ihm<br />
gejammt. Rund ein Vierteljahrhundert<br />
später hat der inzwischen 62-jährige Kalifornier<br />
ein Tributalbum für den 1997<br />
vers<strong>to</strong>rbenen Allison aufgenommen, „um<br />
sein musikalisches Erbe wieder stärker ins<br />
Bewusstsein zu rücken”. Allerdings hat er<br />
die Vorlagen seines Vorbilds gelegentlich<br />
ein wenig zu kräftig durch seinen vor Energie<br />
strotzenden Blues-Rock-Fleischwolf<br />
gedreht. Am stärks ten wirkt es, wenn<br />
Trout ein wenig verhaltener agiert, die<br />
Hammond von Sammy Avila ein wenig<br />
kräftiger durchkommt. Die Emotionalität<br />
und den schweißtreibenden Blues-Enthusiasmus<br />
Allisons tradiert Trout allerdings<br />
gelungen. Richtig zu Herzen geht zum Ab-<br />
Seite 48 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>