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SPURENSUCHE<br />
v.l.: Booker T.,<br />
Steve Cropper,<br />
Al Jackson,<br />
Lewie Steinberg<br />
HISTORY<br />
Booker T. & The MGs<br />
Sie konnten Soul & R&B perfekt, spielten extrem<br />
präzise – und machten manchmal auch<br />
der fiktiven Hausband im Café Piefig sülzige<br />
Konkurrenz. Nicht viele Bands haben während<br />
ihrer imposanten Karriere so polarisiert<br />
wie das Quartett aus Memphis, Tennessee.<br />
Von Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
Sparsames Uhrwerk<br />
Neu im Team:<br />
Donald "<br />
Duck" Dunn (2.v.l.)<br />
Dudel-dudel und zugleich messerscharf?<br />
Hochrhythmisch oder<br />
triefig? Wer eine LP/CD von Booker<br />
T. & The MGs abspielt(e), kann nie<br />
ganz sicher sein. Nur in einem: Es setzt<br />
in jedem Fall solistische Qualität und<br />
ebensolche als Verbund. Die MGs stehen<br />
– zunächst mal nur auf ihre Funktion<br />
als Begleitgruppe bezogen – auf Augenhöhe<br />
etwa mit den Meters, der E-Street<br />
Band, den Muscle-Shoals-Musikern.<br />
Gitarrist Steve Cropper (*21.10.1941,<br />
Dora, Missouri) hatte bereits 1960 für<br />
Stax Records gearbeitet; für das Label,<br />
dem er – und damit sich selbst – schon<br />
ab 1962 zur Weltgeltung verhalf. Mit<br />
ihm, Booker T. Jones (org; *12.11.1944),<br />
Lewie Steinberg (b; *13.9.1933) und Al<br />
Jackson (dr; *27.11.1935, alle in<br />
Memphis) gingen The MGs an<br />
den Start – nicht als abgekürzte<br />
„Memphis Group", sondern inspiriert<br />
vom englischen Sportwagen<br />
des Stax-Produzenten Chips<br />
Moman.<br />
Eine Begleit-Arie ohne Ende und<br />
auf höchstem nominellem Niveau begann.<br />
Mit dem neuen Bassisten Donald<br />
„Duck" Dunn (*21.11.1941; ab 1964/65<br />
dabei) stand der Vierer mit Werkzeug<br />
bei Fuß, wenn Leistungsträger des Stax-<br />
Labels antraten: Otis Redding, Sam<br />
& Dave, Wilson Pickett, Eddie Floyd,<br />
Albert King, Carla & Rufus Thomas,<br />
William Bell, die Staple Singers u.v.a.<br />
– was immer die Studios in 926 East<br />
McLemore Street verließ, die Begleitung<br />
stammte von Booker & Co. – für Songs<br />
von Hochkarätern wie Isaac Hayes, David<br />
Porter, zu denen sich auch Gitarrist<br />
Cropper [u.a. "(Sittin' On The) Dock<br />
Of The Bay", "In The Midnight Hour",<br />
"Knock On Wood"] gesellte. Hunderte<br />
Singles erschienen, von denen über 230<br />
in den US-Charts landeten.<br />
Klar, dass das Quartett auch in eigener<br />
Sache aktiv wurde. Legende ist sein ungeplanter<br />
Geniestreich. Als sich im April<br />
1962 der Sänger Billy Lee Riley bei einer<br />
Session verspätete, dudelten die<br />
Musiker sparsam-energisch auf einem<br />
F-Akkord herum. Stax-Chef und Toningenieur<br />
Jim Stewart ließ das Band<br />
laufen. 2:56 Minuten davon kamen auf<br />
eine Booker-Single-B-Seite, die von DJs<br />
schnell als Knaller erkannt wurde: Seit<br />
ewigen Zeiten ist "Green Onions" eines<br />
der berühmtesten Instrumentals der Geschichte.<br />
Bis 1971 erschienen zwölf Originalalben<br />
der MGs, darunter<br />
GREEN ONIONS, ein Weihnachts-Mix<br />
(IN THE CHRISTMAS<br />
SPIRIT), eine Live-LP (BACK TO<br />
BACK, mit den Mar-Keys) sowie<br />
der Soundtrack UPTIGHT; zehn<br />
kamen in die US-Hitlisten. Zwölf<br />
Singles erreichten im selben Zeitraum<br />
die Pop- und R&B-Charts, u.a. die Klassiker<br />
"Hang 'Em High", "Time Is Tight",<br />
"Melting Pot" und natürlich "Green<br />
Onions".<br />
Danach trennten sich zunächst die<br />
Wege der Vier, die sich weiter vor Arbeit<br />
kaum retten konnten. Kurz-Reunions<br />
widerfuhr am 1.10.1975 ein fataler<br />
Rückschlag, als Drummer Al Jackson<br />
in seinem Haus von einem Einbrecher<br />
ermordet wurde. Zwei Jahre später gehörten<br />
Cropper/Dunn zur Blues Bro<strong>the</strong>rs<br />
Band, Jones spielte häufig als Solist. In<br />
den folgenden Jahren wurde das Trio<br />
immer wieder als stets perfekt funktionierendes<br />
Team gebucht (mit Drummern<br />
wie Willie Hall, An<strong>to</strong>n Fig, Steve<br />
Jordan, Steve Potts) – u.a. von Bob Dylan,<br />
Neil Young, John Fogerty, Eric Clap<strong>to</strong>n,<br />
Johnny Cash.<br />
Am 15.1.1992 1 1992 wurden Booker T. &<br />
The MGs – u.a. mit den Yardbirds und<br />
der Jimi Hendrix Experience – in die<br />
Rock'n'Roll Hall Of Fame aufgenommen.<br />
1994 erschien nach 17 Jahren<br />
das neue Album THAT'S THE WAY IT<br />
SHOULD BE. Solo-Einspielungen von<br />
des 135 13.5. – nach der fünften ft Doppelshow<br />
mit Cropper im Blue Note Club<br />
von Tokio am Vorabend – fanden Hotelangestellte<br />
Duck Dunn <strong>to</strong>t in seinem<br />
Bett. „Heute verlor ich meinen besten<br />
Freund – und die Welt den besten Bassisten,<br />
der je gelebt hat", notierte ein<br />
Jones (z.B. 2009 mit<br />
geschockter Cropper<br />
Star für die<br />
den Drive-By Truckers)<br />
Ewigkeit:<br />
im Internet.<br />
und Cropper (zuletzt Steve Cropper<br />
2008 NUDGE IT UP A<br />
Auf (zu) vielen CD-<br />
NOTCH mit Felix Cava-<br />
Kopplungen ist das<br />
liere/Rascals und DE-<br />
DICATED, 2011) konnten<br />
– wie häufig bei<br />
Sessionassen – oft nur<br />
punktuell überzeugen.<br />
zeitlose Werk von Booker<br />
T. & The MGs konserviert.<br />
Einen guten<br />
Midprice-Querschnitt<br />
bieten die ORIGINAL<br />
Auch als (mitspielende)<br />
Produzenten machten sich Cropper,<br />
Jones und Dunn einen Namen – die<br />
Liste der Nutznießer ist lang, darunter<br />
sind Mitch Ryder, Jeff Beck, Buddy Miles,<br />
Keith Moon, Poco, José Feliciano,<br />
Levon Helm, Neil Young, Willie Nelson,<br />
Carlos Santana.<br />
Seit 2012 ist das Trio Jones/Cropper/<br />
y Dunn für immer gesprengt. g Am Morgen<br />
ALBUM SERIES (fünf<br />
LPs von 1962–68), die<br />
ergänzende Outtakes-Kopplung SOUL<br />
MEN (2003) und das Beatles-Tribute<br />
McLEMORE AVENUE von 1970.<br />
Seite 96 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>