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CD<br />
REVIEWS<br />
LINDI ORTEGA<br />
CIGARETTES & TRUCKSTOPS<br />
Die wilde kanadische Rockabilly-Outlaw-<br />
Country-Bardame hat Keith Richards’ Biografin<br />
Barbara Charone in der Promo und<br />
Colin Linden an Mischpult & Gitarren – Respekt,<br />
aber geschafft hätte sie es sowieso,<br />
derart lässig schließt sie an ihren Erstling<br />
LITTLE RED BOOTS an. Die irisch-mexikanisch-„stämmige”<br />
– sprich rauchzarte Sängerin<br />
und Gitarristin – startet ihre Mammut-<br />
Tourneen inzwischen von Nashville aus. Mit<br />
Dolly Par<strong>to</strong>n mag sie die Stimme gemeinsam<br />
haben – in ihrer Country-Bandbreite und<br />
Abenteuerlust ist sie einzigartig: Ist der Titelsong<br />
romantisch tiefschürfend, so bringt „The<br />
Day You Die” ganze Line-Dance-Hundertschaften<br />
zum Kochen und Keuchen. „Lead<br />
Me On” dagegen rührt mit einem emotional<br />
geladenen Refrain, der so Cowboy-typisch ist,<br />
dass Immunität vermutet wurde: klappt aber<br />
nicht. „Don’t Wanna Hear It” hätte den Stray<br />
Cats alle Ehre gemacht, „Murder Of Crows”<br />
gehört ins Tarrantino-Kino! Von dramatisch<br />
über drollig bis dreckig: Mit dem Raucherschutzgesetz<br />
hat die nichts am Hut!<br />
(Last Gang Records, 2012, 10/37:54) utw<br />
ALABAMA<br />
DOWN HOME – A SINGLES<br />
COLLECTION 1980–1993<br />
DOWN HOME ist<br />
die ultimative Compilation<br />
der Country-<br />
Rockformation Alabama.<br />
Sie beinhaltet<br />
sämtliche Nummereins-Hits,<br />
die die Band<br />
im Verlauf von 13 Jahren in den Countrycharts<br />
platzieren konnte. Und da das bei Alabama<br />
mittlerweile mehr als drei Dutzend sind, konnte<br />
der Datenspeicherplatz von zwei CDs voll<br />
ausgereizt werden. Der Erfolg dieser Band<br />
(mindestens 65 Millionen verkaufte Tonträger)<br />
ist berechtigt: Die 40 Songs auf dem Album<br />
sind perfekt. Das Rezept Coun try mit Rock und<br />
Folk zu verbinden und dem Ganzen einen gehörigen<br />
Popappeal zu verpassen, führt zu einer<br />
entwaffnenden Eingängigkeit. Trotz des unglaublichen<br />
Erfolgs der Band in den USA blieben<br />
Alabama in Europa lediglich eine Randnotiz.<br />
Die in den 70er Jahren vorherrschende<br />
Offenheit für Country (Bellamy Bro<strong>the</strong>rs, Pussycat,<br />
Lobo usw.) fand im sich anschließenden<br />
Jahrzehnt keine Fortsetzung. Umso wärmer<br />
sei nachgewachsenen Country-Rockfreunden<br />
diese Doppel-CD ans Herz gelegt. Besser kann<br />
man diese Musik kaum machen.<br />
(Yellow/SPV, 2013, 20/74:24,<br />
20/71:03) jub<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
THE BEAUTIFUL OLD<br />
Lieder, die vor über hundert Jahren bei Hochzeiten,<br />
Dorffesten oder anderen Festivitäten<br />
quer durch amerikanische und britische Ballsäle,<br />
Schankräume und Hinterhöfe gespielt<br />
wurden, damit haben die beiden Amerikaner<br />
Paul Marsteller und Gabriel Rhodes THE<br />
BEAUTIFUL OLD bestückt. Unterstützt<br />
wurden sie dabei von einer illustren Schar an<br />
Musikern, und gemeinsam gelang es ihnen,<br />
jeden der alten Songs zu einem ganz besonderen<br />
zu machen. Der britische Altmeister<br />
(und bekennender Fan solch alter Weisen) Richard<br />
Thompson singt und spielt Gitarre, The-<br />
Band-Multi-Instrumentalist Garth Hudson<br />
spielt Akkordeon und Piano, dazu Könner wie<br />
Battlefield-Band-Geiger John McCusker und<br />
Schlagzeuger Dony Wynn. Auch am Mikrofon<br />
wechseln sich Top-Stimmen ab, von Eric<br />
Bibb und Graham Parker über Heidi Talbot<br />
und Kimmie Rhodes bis zu Jimmy LaFave<br />
und Dave Davies. Allerhöchste Empfehlungsstufe<br />
für Freunde von Old Time <strong>Music</strong>!<br />
(Doubloon Records/Import, 2013,<br />
19/61:43) us<br />
JOAN BAEZ<br />
DEBUT ALBUM / VOL. 2 /<br />
IN CONCERT<br />
Joan Baez hat in ihrer<br />
langen Karriere einige<br />
gute Alben veröffentlicht.<br />
Herausragend<br />
jedoch sind ihre ersten<br />
beiden Studiowerke<br />
JOAN BAEZ (1960)<br />
und VOL. 2 (1961) sowie ihre erste Liveplatte<br />
IN CONCERT (1962). Auf diesen klingt sie<br />
noch frisch und unverbraucht, ganz so, wie sie<br />
plötzlich in den kleinen Clubs der Cambridge-<br />
Szene auftauchte und ihr Publikum vom<br />
Fleck weg in den Bann zog: mit ihrer hohen,<br />
tremolierenden Stimme, nur von ihrem fingerfertigen<br />
Gitarrenspiel begleitet. Obwohl<br />
ihre ersten beiden, stark Folk-orientierten<br />
Studio-Alben frei von Hitsingles und Poparrangements<br />
waren, erreichten sie Goldstatus.<br />
Sie enthalten ihre Interpretationen von u.a.<br />
„Silver Dagger”, „House Of The Rising Sun”,<br />
„Donna, Donna”, „Lily Of The West”, „Banks<br />
Of The Ohio”, „Barbara Allen” und „Plaisir<br />
D’Amour”. IN CONCERT glänzt mit Songs<br />
wie „Babe, I’m Gonna Leave You”, „What<br />
Have They Done To The Rain” und „Black<br />
Is The Color”. Hoodoo Records veröffentlicht<br />
nun die drei Alben in guter Klangqualität und<br />
relativ preisgünstig auf einer Doppel-CD. Es<br />
fehlen zwar die Bonus-Tracks der jüngeren<br />
Einzel-Reissues, dafür kommen als Schmankerl<br />
sieben Songs von FOLKSINGERS<br />
‘ROUND HARVARD SQUARE (1959) hinzu,<br />
ihrer ersten, noch nicht allein unter ihrem<br />
Namen veröffentlichten Plattenaufnahme mit<br />
so wunderbaren Liedern wie der Studiofassung<br />
von „Black Is The Color” und dem gospeligen<br />
„What You Gonna Call Your Pretty<br />
Little Baby”.<br />
(Hoodoo/Harmonia Mundi, 2013,<br />
23/77:19, 24/78:34) frs<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
THE GOLDEN DEMON<br />
„New Songs About Chaos & Transition” lautet<br />
der Untertitel dieser Doppel-CD, auf der<br />
zahlreiche Musiker aus Amerika und Europa<br />
ihre Sicht auf die heutige Welt voller „Verwirrung<br />
und Übergang” in neuen, extra für<br />
dieses Projekt geschriebenen Songs preisgeben.<br />
Dabei verblüfft sowohl die stilistische<br />
als auch die inhaltliche Bandbreite dieser<br />
Beiträge, lassen THE GOLDEN DEMON<br />
zu einer äußerst vielschichtigen Zustandsbeschreibung<br />
unserer Gesellschaft werden.<br />
Voller Soul singt Greg Copeland über Geld,<br />
den wahren Gott („The Golden Demon”) unserer<br />
Zeit, nimmt Sid Griffin ganz im Stile<br />
von Pete Seeger kein Blatt vor den Mund,<br />
gewohnt angriffslustig prangert Bob Cheevers<br />
die Scheinheiligkeit der Banken an,<br />
ohne Frage philosophisch das „Us & Them”<br />
von Doug Ingoldsby und Eugene Ruffolo.<br />
Zwei CDs voller Songs, die nicht nur nachdenklich<br />
machen, sondern den Hörer geradezu<br />
dazu auffordern, sich selbst Gedanken<br />
über unser Zusammenleben zu machen ...<br />
(Hemifran/Import, 2013, 13/46:33,<br />
12/52:54) us<br />
BARBARA FAIRCHILD<br />
MISSISSIPPI / FREE & EASY<br />
Barbara Fairchild<br />
hat doch kaum noch<br />
jemand auf dem<br />
Schirm, dabei war<br />
die US-amerikanische<br />
Countrysängerin vor<br />
allem zu Beginn der<br />
70er Jahre durchaus erfolgreich. Und abgesehen<br />
davon war sie ein musikalisches<br />
Schwergewicht. Das machen die jetzt auf<br />
einer CD veröffentlichten zwei letzten in<br />
den US-Country-Charts platzierten Alben<br />
MISSISSIPPI und FREE & EASY deutlich.<br />
Fairchild übergießt den Hörer geradezu mit<br />
einer Flut von melancholischen Balladen, die<br />
sämtlichst das Zeug zu großen Hits gehabt<br />
hätten. Selbst die Pussycat-Nummer (!) „Mississippi”<br />
kommt in Barbara Fairchilds Version<br />
herzergreifend. Die Dame, deren Karriere erst<br />
1969 begann und 1972 mit dem „Teddy Bear<br />
Song” so richtig ins Rollen gekommen war,<br />
verschwand Ende des Jahrzehnts leider viel zu<br />
schnell von der Bildfläche. Im Country fasste<br />
sie auch später nie mehr Fuß, so dass sie sich<br />
Ende der 80er dem Gospel zuwandte. Bedauerlich,<br />
eignete sich ihre eindringliche Stimme<br />
doch wunderbar für melancholische Südstaaten-Epen.<br />
Umso schöner ist es, mit dieser<br />
Country & Folk<br />
Veröffentlichung an die großen Momente der<br />
Sängerin erinnert zu werden.<br />
(Yellow/SPV, 1976/1977, 20/58:01) jub<br />
„SPIDER” JOHN KOERNER<br />
WHAT’S LEFT OF SPIDER JOHN<br />
Vor 50 Jahren war<br />
„Spider” John Koerner<br />
(*31.8.1938) im<br />
New Yorker Greenwich<br />
Village ein Folkie,<br />
der auf Augenhöhe<br />
mit Bob Dylan<br />
arbeitete. Als Solist und Mitglied des Trios<br />
Koerner, Ray & Glover setzte er Maßstäbe<br />
im akustischen Folk und Blues. Sei<strong>the</strong>r hat<br />
er über ein Dutzend Alben auf dem Kon<strong>to</strong>,<br />
wurde aber trotz großen Könnens – und großen<br />
Kritikerlobs – nie ein Star außerhalb der<br />
Folkzirkel. Dass er noch heute ein eindrucksvoller<br />
Geschichtenerzähler ist, zeigt WHAT’S<br />
LEFT OF SPIDER JOHN mit Nachdruck.<br />
Unterstützt von Chip Taylor Smith (voc,<br />
fiddle, bones & piano) und Jonny Bridgwood<br />
(b) spielt Koerner eine scharfkantige Akustikgitarre<br />
und Mundharmonika und singt mit<br />
kernig-kraftvoller Stimme markante Songs<br />
über den Goldrausch in Kalifornien, ermordete<br />
Indianerinnen, fliegenfangende Singvögel<br />
und das liebe Geld. Die meisten Lieder hat<br />
Koerner selbst verfasst, ferner gibt es eine Cover-Version<br />
von Memphis Minnies „What’s<br />
The Matter With The Mill?” und einige Traditionals.<br />
Ein völlig zeitloses Album, das jede<br />
Folksammlung bereichert.<br />
(Hornbeam/Soulfood 2013, 17/50:54) hjg<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 53