Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
später mit riffbe<strong>to</strong>ntem<br />
Dampframmen-Material<br />
hielten, statt mit langen<br />
Jazz-orientierten<br />
Jamsessions.<br />
Die 70er waren das<br />
Jahrzehnt des<br />
Südstaaten-Rock. Die<br />
Allman Bro<strong>the</strong>rs hatten<br />
die Formel vorgegeben<br />
– und alle, die nach ihnen<br />
kamen, variierten<br />
Barefoot Jerry<br />
sie. Viele Elemente blieben<br />
trotz unterschiedlicher i h Inkarnationen erhalten und wurden zu Bestandteilen,<br />
durch die sich Sou<strong>the</strong>rn-Bands von anderen Rockcombos unterschieden. Das<br />
beginnt bei der kraftstrotzenden Rhythmusgruppe, die – wie bei den Allmans<br />
– nicht selten aus zwei Schlagzeugern bestand. Ohne Piano oder Keyboard, dessen<br />
Verwalter jazzige Läufe zu spielen verstehen musste, ging es kaum. Und die<br />
Gitarrenfront setzte sich tunlichst aus drei Sechssaitern zusammen – ein einsamer<br />
Gitarrenvirtuose war praktisch tabu.<br />
Die Triple Axe war auch das Markenzeichen der Band, die das Genre auf<br />
einen kommerziellen Zenit führte: Lynyrd Skynyrd. Die S<strong>to</strong>ry über den<br />
Lehrer Leo nard Skinner, der einige Gründungsmitglieder der Gruppe zu Schulzeiten<br />
reglementierte und deshalb Pate des ungewöhnlichen Namens war, ist<br />
oft genug erzählt worden. Ebenso häufig taucht aber auch das Missverständnis<br />
in der Wahrnehmung der Fans auf, Lynyrd Skynyrd hätten Rassismus propagiert.<br />
Im Gegenteil: Sänger Ronnie Van Zant bezeichnete es einmal als paradox,<br />
Sou<strong>the</strong>rn-Rock-Fan und Rassist<br />
zu sein. Allerdings dürfte<br />
ausgerechnet der größte Hit<br />
der Band, "Sweet Home Alabama",<br />
wesentlich zum Vorurteil<br />
gegenüber Lynyrd Skynyrd<br />
beigetragen haben. In dem<br />
Stück reagieren sie mit einem<br />
Augenzwinkern auf die Neil-<br />
Young-Songs "Alabama" und<br />
"Sou<strong>the</strong>rn Man", in denen die<br />
alten Klischees rasisstischer<br />
Hinterwäldler und brennender<br />
Kreuze bemüht werden. Für<br />
Van Zant ein Unding. Sein<br />
Selbstverständnis basierte auf<br />
Offenheit. Er musizierte mit<br />
Indianern, soff mit Schwarzen<br />
– und liebte seine Heimat. Und<br />
die wurde verteidigt. Im Falle<br />
von "Sweet Home Alabama"<br />
mit jener Coolness, die den<br />
Lynyrd Skynyrd<br />
Lynyrd-Skynyrd-Frontmann<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2013 <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> Seite 71<br />
Obwohl der Sänger und auch die Gitarristen Allen Collins, Ed King und Gary<br />
Rossing<strong>to</strong>n nicht nachließen, ihre Blueseinflüsse zu be<strong>to</strong>nen, hatte das eigene<br />
Material meist einen Country-Einschlag. Die gänsehäutenden, manchmal<br />
episch angelegten Melodien passten perfekt zu den harten Gitarrenakkorden.<br />
Verwoben mit der Schwermut des Südstaatlers, der es so wunderbar versteht,<br />
bittersüße Geschichten zu erzählen, entstanden Songs wie "Simple Man" und<br />
"Freebird", eine Hommage an den bei einem Mo<strong>to</strong>rradunfall ums Leben gekommenen<br />
Duane Allman.<br />
Das Ende der goldenen Sou<strong>the</strong>rn-Rockära wird häufig mit dem Flugzeugabsturz<br />
am 20. Ok<strong>to</strong>ber 1977 in Verbindung gebracht, bei dem drei Mitglieder<br />
von Lynyrd Skynyrd ums Leben kamen. Sie waren auf dem Weg nach Ba<strong>to</strong>n<br />
Rouge, Louisiana, als die<br />
Maschine in einen Wald<br />
rauschte. Ronnie Van<br />
Zant, Steve Gaines (g)<br />
und Cassie Gaines (back<br />
voc) starben, der Rest<br />
überlebte verletzt. Die<br />
Tragödie führte nicht nur<br />
zum Zusammenbruch der<br />
Band, vielmehr wurde<br />
die gesamte Südstaaten-<br />
Rockszene durcheinandergewirbelt.<br />
Während<br />
einige Musikerkollegen<br />
wie gelähmt reagierten,<br />
versuchten andere, die<br />
entstandene Lücke zu füllen.<br />
Mo y Hatchet<br />
Molly Hatchet etwa galten anfangs als legitime<br />
Nachfolger Lynyrd Skynyrds. Als 1978<br />
ihr Debüt erschien, zogen es die Verkäufe fast bis<br />
in die Top 50 der Album-Charts. Bis heute hat<br />
es Platin eingefahren – und es klang verdammt<br />
nach den abgetretenen Königen des Sou<strong>the</strong>rn<br />
Rock. Vor allem die ausufernden, hochmelodiösen<br />
Gitarrenduelle wurden von Beginn an zum Markenzeichen<br />
der Band aus Jacksonville, Florida. FLIRTIN' IN' WITH<br />
DESASTER<br />
(1979) hievte Molly Hatchet in die Top 20 und schien sämtliche Vorschusslorbeeren<br />
zu bestätigen. Als jedoch Sänger Danny Joe Brown die Gruppe zum<br />
ersten Mal verließ und auf der so wichtigen dritten Scheibe, BEATIN' THE<br />
ODDS, mit dem neuen Shouter Jimmy Farrar die Musik härter wurde, ließ der<br />
Höhenflug nach. Zwar war die Landung sanft (drei weitere Alben verkauften<br />
sich bis 1984 weiterhin beachtlich), eine Popularität wie in ihren Anfangstagen<br />
erreichten Molly Hatchet aber nie wieder.<br />
Alles am unglücklichen Zeitpunkt des Sängerwechsels oder an den Verschiebungen<br />
der stilistischen Präferenzen festzumachen, ist vermutlich<br />
zu kurz gegriffen. Vielmehr brachten die 80er sowohl musikalisch als auch<br />
im Lebensgefühl Umbrüche mit sich. Allein die Country-Musik, an deren<br />
Zuspruch die Sou<strong>the</strong>rn-Rockszene immer irgendwie mit dranhing, verän-<br />
auszeichnete – von zu vielen als Arroganz missinterpretiert. Darüber hinaus ist es derte sich radikal. Betrachtet man den unglaublichen Erfolg der – wenn auch musikalisch<br />
hochwertigen – aalglatten Alabama mit über zwei Dutzend Nummer-eins-<br />
völlig unmöglich, Charaktere wie Van Zant in starre Rechts-Links-Raster einpassen<br />
zu wollen. Solche Kategorisierung widersprach den Freigeistern von Lynyrd Hits in den Country-Charts, wird deutlich: Die Zeit der nach Pferdemist stinkenden<br />
Skynyrd völlig. Dazu später mehr.<br />
und Whiskey saufenden Cowboys war vorbei.