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PARTY-BAND NR. 1<br />
Mit einem Anflug von Größenwahn<br />
hatten The B-52s noch<br />
nie ein Problem: Weiterhin kokettiert<br />
das Quartett aus A<strong>the</strong>ns,<br />
Georgia, damit, die beste Party-<br />
Band der Welt zu sein. Und wer<br />
weiß, vielleicht sind sie das auch.<br />
The B-52s hatten sich zumindest<br />
seit ihrer Gründung 1976<br />
aus dem Stand einen eigenen,<br />
schrägen Mikrokosmos geschaffen<br />
– bestehend aus Psychobilly,<br />
Funk, New Wave, Punk und purem<br />
Rock'n'Roll, gepaart mit obskuren<br />
Texten etwa über UFOs und bizarre<br />
Beziehungen. Und über<br />
allem thronte jede Menge staubtrockener<br />
Humor.<br />
Cindy Wilson Fred Schneider Kate Pierson<br />
Von Michael Fuchs-Gamböck<br />
Vor allem live war der Vierer stets in seinem Element,<br />
alleine schon wegen seines quietschbunten<br />
Äußeren: mörderische Bienenkorb-Frisuren,<br />
knallig bunte Petticoats, hautenge Maßanzüge,<br />
überdimensionale Sonnenbrillen. Man kam sich<br />
stets vor wie bei einer extraterrestrischen Rockabilly-<br />
Revue. Im August haben auch deutsche Zuschauer<br />
nach langer Abstinenz wieder die Chance, sich<br />
in diesem vergnüglich-wilden Treiben zu verlieren.<br />
Sechs Musiker werden auf der Bühne stehen, darunter<br />
drei Gründungsmitglieder der Band. Eines davon<br />
ist Sängerin und Gitarristin Cindy Wilson – sie klärt<br />
auf über The B-52s anno 2013.<br />
Eure Band kommt in der Öffentlichkeit sehr<br />
exzentrisch rüber. Wie ist das privat?<br />
Tatsächlich sind wir nicht nur auf der Bühne merkwürdig,<br />
sondern auch im Alltag. Wie könnten wir die<br />
Menschen mit unseren Shows begeistern, wenn wir zu<br />
Hause öde Langweiler sind? Das wäre für mich dann<br />
echt exzentrisch, um nicht zu sagen schizophren.<br />
Euer Image trug jedenfalls stark zum Kultstatuts<br />
bei, richtig?<br />
Ich mag es tatsächlich sehr, mich jeden Abend wieder<br />
für die Show aufzubrezeln, das ist jedesmal wie<br />
ein kleiner Orgasmus (lacht). Aber tatsächlich war für<br />
uns die Qualität der Musik immer ausschlaggebend,<br />
nicht die Qualität der Klamotten.<br />
Obwohl es anfangs hieß, dass die Musiker<br />
ihre Instrumente gar nicht beherrschen ...<br />
Das war Koketterie mit dem Nicht-Spielen-Können,<br />
das gebe ich zu. Tatsächlich hatten wir alle seit der<br />
Jugend Musik gemacht. Aber wir begannen ja Mitte<br />
der 1970er, da war Punk das große Ding. Und Punk<br />
bedeutete, dass man keinesfalls mehr als drei Riffs<br />
beherrschen durfte und unbedingt künstlerischer<br />
Dilettant sein musste. Ein bisschen haben wir da<br />
geschummelt (lacht). War aber egal, denn die rohe<br />
Punk-Energie war ja umwerfend! Toll war auch die<br />
Toleranz der Szene, denn die Punks akzeptierten<br />
uns, obwohl wir gar nicht ihren Sound spielten.<br />
Hatte diese Toleranz auch mit den anarchisch-schrägen<br />
Texten zu tun?<br />
Eigentlich sehe ich diese Texte als pure Poesie –<br />
doch man kann alle unsere Verse aus vielen verschiedenen<br />
Perspektiven betrachten, das stimmt. Der Mo<strong>to</strong>r<br />
unserer Songs ist das surreale Moment. Und um<br />
ein weiteres Missverständnis gleich auszuräumen:<br />
Wir sind keine überdrehten Spaßvögel, wir nehmen<br />
unsere Arbeit sehr ernst! Allerdings würde das nicht<br />
ohne eine kräftige Prise Humor funktionieren.<br />
Herrscht heute auf der Bühne eine andere<br />
Atmosphäre als etwa in den 1970ern?<br />
Das Showgeschäft hat sich seit damals radikal<br />
verändert. Das Spontane, Experimentierfreudige<br />
ist weg, auch die Leichtigkeit ist weitgehend<br />
verschwunden, was ich sehr bedauere.<br />
Doch wir selbst versuchen Abend für Abend<br />
dieselbe ausgelassene Energie rüberzubringen<br />
wie in der guten alten Zeit. Schließlich<br />
sind wir dieselben Leute wie zu Beginn unserer<br />
Karriere, zumindest drei von uns. Wobei<br />
der Zahn der Zeit auch an uns nagt, mit<br />
diesem und jenem Zipperlein. Aber was soll’s,<br />
so ist halt das Leben.<br />
Warum ist Keith Strickland seit kurzer<br />
Zeit nicht mehr dabei?<br />
Der ist schon noch Bandmitglied, keine Sorge! Wer<br />
einmal bei The B-52s mitmischt, wird zum Teil einer<br />
Familie, der kannst du dich ein Leben lang nicht<br />
Seite 24 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
entziehen. Aber Keith fühlt sich zu alt für große Reisen.<br />
Er hockt lieber zu Hause und tüftelt an neuen<br />
Songs herum.<br />
Es gibt also Hoffnung auf ein neues Studio-<br />
Album?<br />
Auf alle Fälle – wenn wir genügend Ideen dafür haben!<br />
Aber man muss wissen, dass wir ziemlich faule<br />
Säcke geworden sind. Darum küssen uns die Musen<br />
leider nicht mehr so oft wie früher. Daran sind wir<br />
selbst schuld, ich weiß ...<br />
Die "<br />
fantastischen Vier" vom<br />
außergalaktischen Dancefloor: B-52s