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GoodTimes - Music from the 60s to the 80s Mick Jagger (Vorschau)

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Peter Criss<br />

AusgeKISSt<br />

Das erste richtige" Leben des Peter Criss<br />

"<br />

(*27.12.1945, Brooklyn) begann am 31. August 1972:<br />

Da erschien eine Suchanzeige des Schlagzeugers<br />

im Rolling S<strong>to</strong>ne", in der er seine Dienste einer<br />

"<br />

neu zu gründenden Band anbot. Criss hatte zuvor<br />

in einigen Formationen mitgemischt, war aber nie<br />

über lokale Berühm<strong>the</strong>it hinausgekommen. Gene<br />

Simmons und Paul Stanley, damals noch Bassist<br />

bzw. Gitarrist bei Wicked Lester, antworteten auf<br />

die Anzeige. Das Trio traf sich und war rasch handelseinig,<br />

kurze Zeit darauf stieß der zweite Gitarrist<br />

Ace Frehley hinzu: Kiss waren geboren.<br />

Von Michael Fuchs-Gamböck<br />

Aber auch „The Cat”, die Katze, erblickte das<br />

Licht der Welt: Kiss wollten musikalisch wie<br />

optisch auffällig werden. Daher versteckten<br />

sie bei jedem Auftritt ihre Gesichter unter Tonnen<br />

von Schminke, jedes der vier Bandmitglieder erhielt<br />

seinen eigenen Charakter – Criss war „The Cat".<br />

Die Fans nahmen dieses schrille Image begeistert<br />

an, kauften millionenfach Kiss-Alben und stürmten<br />

weltweit in die größten Konzerthallen. Bis zu<br />

seiner Trennung von Kiss war für Criss das Dasein<br />

ein gelebtes Klischee – Sex, Drugs & Rock’n’Roll<br />

ohne Ende. Auch nach seinem ersten Abgang 1980<br />

setzte Criss dies fort: zwei gescheiterte Ehen, bis<br />

zu seinem (bis heute erfolgreichen) Entzug Alkohol-<br />

und Drogenexzesse in Serie, Selbstmordversuche,<br />

Therapien, neue Plattenveröffentlichungen<br />

– allerdings mit weit niedrigeren Verkaufszahlen<br />

als zuvor. Zur Reunion der Kiss-Originalbesetzung<br />

kehrte Criss 1996 zurück, haute 2001 wieder ab,<br />

um sich für eine Welt<strong>to</strong>urnee 2003 erneut (und<br />

ein letztes Mal) auf den Drummerstuhl zu setzen.<br />

Zwischenzeitlich hatte Criss 1998 zum dritten Mal<br />

geheiratet, er ist bis heute glücklich. Und dann kam<br />

2007 die Diagnose Brustkrebs, die den Amerikaner<br />

aus der Bahn warf. Alle künstlerischen Aktivitäten<br />

standen still. Nachdem die Krankheit<br />

erfolgreich behandelt worden<br />

war, steckte Peter Criss den<br />

Großteil seiner Aktivitäten in eine<br />

Initiative, die sich der Aufklärung<br />

über Krebs und Krebs-Prophylaxe<br />

verschrieben hat. Und er schrieb<br />

seine Au<strong>to</strong>biografie, jetzt auch<br />

in deutscher Sprache („Ungeschminkt”)<br />

zu haben. Heftiger,<br />

au<strong>the</strong>ntischer S<strong>to</strong>ff!<br />

Angekündigt war das Buch bereits<br />

in den Achtzigern ...<br />

Als Kiss und ich 1980 getrennte Wege gingen, zog<br />

ich bald darauf von der US-Ostküste nach Kalifornien.<br />

In dieser Phase war ich ziemlich wütend auf<br />

die Jungs und dachte, aus dieser Wut heraus könnte<br />

ich eine irre spannende Au<strong>to</strong>biografie schreiben.<br />

Aber ich hatte damals massive Alkohol-<br />

und Drogenprobleme, ganz<br />

allgemein durchlebte ich verrückte<br />

Zeiten. Außerdem hatte ich kurz davor<br />

ein mondänes „Playboy”-Model<br />

geheiratet. Sie stellte Anforderungen<br />

an mich, wollte Spaß haben.<br />

Kurz: Es ging drunter und drüber<br />

bei mir. Zwar lag mir das Buch sehr<br />

am Herzen, aber ich kriegte es in all<br />

dem Chaos um mich herum nicht<br />

auf die Reihe.<br />

Scheidung 1984, Verzicht auf Drogen und Alkohol.<br />

Warum kam das Buch dennoch nicht in die Gänge?<br />

Über viele Jahre stand weiterhin Chaos vor meiner<br />

Tür. Ich wurde den Ruf eines Junkies lange Zeit<br />

nicht los, obwohl ich längst clean war. Es gab Gerüchte,<br />

ich sei ein obdachloser Penner geworden –<br />

absoluter Bullshit! Und mit Kiss gab es immer wieder<br />

Streit. Nein, das waren keine <strong>to</strong>llen Zeiten für<br />

mich, und das Buch rückte in immer weitere Ferne.<br />

Und warum war in deinen Augen jetzt der richtige<br />

Zeitpunkt dafür?<br />

Ich bin Mitte 60, gebeutelt, aber überzeugt, dass<br />

meine His<strong>to</strong>rie es wert ist, aufgeschrieben zu sein.<br />

Die Menschen sollen mitkriegen,<br />

wie es hinter der glitzernden<br />

Oberfläche dieses eigentlich maroden<br />

und moralisch verrotteten<br />

Rock'n'Roll-Business zugeht. Als<br />

ich vor etwa drei Jahren mit einem<br />

Co-Au<strong>to</strong>r ernsthaft zu schreiben<br />

begann, hatte ich zuvor einige<br />

herbe Rückschläge einstecken<br />

müssen. In jener Zeit jagte ein<br />

Alptraum den nächsten, ruhiger<br />

Schlaf war absolute Mangelware.<br />

Und trotzdem stiefelte ich quer<br />

durch mein Leben und packte es<br />

zwischen zwei Buchdeckel. Wobei es bis heute<br />

Tage gibt, an denen ich am Sinn des Werks zweifle.<br />

Wie ist deine aktuelle Beziehung zu Kiss?<br />

Ich verachte den Begriff „Hass” und bemühe mich,<br />

dass er er in meinem Wortschatz nicht auftaucht.<br />

Aber mein Verhältnis zu den Gruppenmitgliedern<br />

kommt seit einigen Jahren<br />

diesem Gefühlszustand ziemlich<br />

nahe. Besonders herzlich gingen wir<br />

in all den Jahren außerhalb von Studio<br />

und Bühne nie miteinander um.<br />

Vor allem Gene Simmons war und ist<br />

mir menschlich fremd. Er ist eine Art<br />

„Rock-Machiavelli”,<br />

größenwahnsinnig,<br />

böse und äußerst manipulativ. Ich<br />

mag auch seinen ewigen Zynismus und<br />

die Geldgeilheit nicht. Als ich noch jung war, habe<br />

ich all diese Umstände abgeschüttelt. Heute kann<br />

ich das nicht mehr, ich bin sensibler geworden.<br />

Hängt diese neue Sensibilität vielleicht mit deiner<br />

Brustkrebs-Erkrankung zusammen?<br />

Garantiert! Wenn die Ärzte einem sagen, dass die<br />

Heilungschancen nicht sonderlich groß sind, wenn<br />

du diesen Umstand deiner Familie klarmachen und<br />

dich vor allem mit dir selbst arrangieren musst, ist<br />

das sehr anstrengend. Die Kiss-Typen wussten von<br />

meinem Gesundheitszustand, aber keiner hat sich<br />

je bei mir gemeldet. Dadurch erkannte ich endgültig,<br />

dass ich mich für immer von diesen Kerlen fernhalten<br />

muss. Das hat mich furchtbar enttäuscht.<br />

Welche musikalischen Zukunftspläne hast du?<br />

Vor der Krebsdiagnose hatte ich mit der Arbeit an<br />

einem neuen Album begonnen, sie aber dann etliche<br />

Jahre unterbrochen. Vor kurzem nahm ich den Faden<br />

wieder auf. Es wird eine sehr heavy Party-Platte<br />

werden, so viel<br />

sei verraten. Zusätzlich<br />

schreibe<br />

ich an einer<br />

Erzählung für<br />

Kinder, ich male<br />

auch ein bisschen.<br />

Alles in<br />

allem bin ich ein<br />

ziemlich langweiliger<br />

Mittsechziger.<br />

Ich<br />

kann nur sagen:<br />

zum Glück!<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 25

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