09.06.2014 Aufrufe

ÜBER RELIGION INS GESPRÄCH KOMMEN - Religionslehrer im ...

ÜBER RELIGION INS GESPRÄCH KOMMEN - Religionslehrer im ...

ÜBER RELIGION INS GESPRÄCH KOMMEN - Religionslehrer im ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

einem Muster, einem Motiv, vielleicht auch nur an einem Wort von Text I<br />

hängen geblieben ist, auf das er sich zust<strong>im</strong>mend, vertiefend oder aber auch<br />

kontrastierend–abgrenzend beziehen will. Neben der Arbeit am eigenen<br />

Text geschieht in dieser Situierung des Textes eine Arbeit am Gruppentext,<br />

der Ausdruck des „poetischen Wir“ ist. Und bei bereits geübten Gruppen<br />

vollzieht sich diese Arbeit mit der gleichen Best<strong>im</strong>mtheit und Gewissheit<br />

wie die Produktion des eigenen Textes: Die Form des Gruppentextes, sprich<br />

die Reihenfolge des Einzeltexte, gestaltet sich aus sich heraus. So ist sehr<br />

oft klar, wer einen Anfangstext anzubieten hat, wer als erster seinen Text<br />

veröffentlicht – und es ist <strong>im</strong> Gegensatz zu anderen Gruppen <strong>im</strong>mer wieder<br />

eine andere Person, die den Anfang macht. Genau so ist den Schreibenden<br />

in der Veröffentlichungsphase meistens klar, wenn sie einen<br />

„abschließenden“ Text produziert haben. Immer ist es der Text, das „Es“,<br />

das der Bezugspunkt ist, mit dem „Ich“ sich zeigt und „Wir“, die Gruppe<br />

entsteht. Es ist der Text und die Art des Umgangs mit dem Text, die die<br />

Balance zwischen Ich/Wir/Es stiftet und halten kann. 237<br />

Der größte Vorzug eines gestalteten, poetischen Textes ist, dass er<br />

gleichermaßen enthüllen und verhüllen kann, dass er dem Autor erlaubt,<br />

sich in dem Maße zu zeigen oder auch zu verbergen, wie es ihm<br />

angemessen erscheint. 238<br />

Letztlich ist der gestaltete Text ein fiktionaler Text und als solcher steht er<br />

auch zur Disposition, es wird über den Text verhandelt, nicht über die<br />

Person des Autors. Wenn man vom Text als authentischem Ausdruck des<br />

Autors spricht, ist damit nicht gemeint, dass Autor und Text distanzlos zu<br />

237 Lutz von Werder versucht ausführlich, grundlegende TZI-Regeln auf das kreative<br />

Schreiben zu übertragen. Vgl. a.a.O. von Werder 1996, S. 491-495.<br />

238 Vgl. dazu folgendes wunderschöne Gedicht von Hilde Domin. In Domin, Hilde:<br />

Gesammelte Gedichte. Ffm 1987, S. 124.<br />

„Worte<br />

Worte sind reife Granatäpfel,<br />

sie fallen zur Erde<br />

und öffnen sich.<br />

Es wird alles Innre nach außen gekehrt,<br />

die Frucht stellt ihr Gehe<strong>im</strong>nis bloß<br />

und zeigt ihren Samen,<br />

ein neues Gehe<strong>im</strong>nis.“<br />

Christina Fabian-Heidrich, Über Religion ins Gespräch kommen, 2002 100

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!