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ÜBER RELIGION INS GESPRÄCH KOMMEN - Religionslehrer im ...

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In den anthropologischen Konzepten der Poesietherapie, die ich hier<br />

übernehmen möchte, geht man davon aus, „daß der Mensch in seinem<br />

Wesen schöpferisch ist, daß er aus dem Dialog lebt und daß gestalteter<br />

sprachlicher Ausdruck eine Grundeigenschaft des menschlichen Wesens<br />

und ein Teil menschlicher Entwicklung sei“, 226 ja, dass, insofern die<br />

natürliche Fähigkeit zur poetischen Gestaltung nicht verschüttet sei, der<br />

Mensch das Bedürfnis habe, seinem Entwicklungsprozess in gestalteter<br />

Sprache Ausdruck zu verleihen und so schreibend den Prozess der<br />

Selbstfindung zu unterstützen.<br />

„Gestaltete Sprache wird als eine Möglichkeit gesehen, Sinn zu erfassen,<br />

und dies nicht nur für sich selbst, sondern auch <strong>im</strong> Austausch mit<br />

anderen.“ 227<br />

„Gestaltete Sprache“ meint eine Sprache, die jenseits der Normierung,<br />

Verdinglichung und Vergesellschaftung wieder Anschluss gefunden hat an<br />

eine sinnliche Bilder- und Erfahrungswelt.<br />

„Mit zunehmenden Eintritt des Menschen in die Gesellschaft – mit der<br />

„Vergesellschaftung“ n<strong>im</strong>mt die Funktionalität der Sprache, somit aber auch<br />

die Entfremdung zu. Um ein „reibungsloses Funktionieren“ der Mitglieder<br />

der Gesellschaft zu garantieren, ist auch funktionales Sprachinventarium<br />

notwendig. Die „Funktionalität“ der Sprache und die Entfremdung stehen<br />

<strong>im</strong> gradlinigem Verhältnis zueinander.“ 228<br />

Ursprünglich ist es gerade die Sprache, mit der wir uns als Kinder die Welt<br />

aneignen können, sie - da ist <strong>im</strong> Wort der sinnliche Hintergrund aufbewahrt<br />

- be-greifen lernen.<br />

„Die Komplexität von Mensch-sein offenbart sich ja nicht zuletzt an der<br />

Vielheit an Sprache. Sprache ist Klang, Form und Bild von Welt. Sie ist<br />

Wiedergabe von Wahrgenommenem, Empfundenem, Gefühltem und<br />

Gedachtem. Sie ist ordnend für unsere Welt, sie deutet und bedeutet sie.<br />

Unsere ganze Entwicklung, unsere Sozialisation, der Hintergrund, aus dem<br />

wir kommen, der Beziehungsraum von Menschen, der uns geprägt hat und<br />

jeden Augenblick neu beeinflusst, ist mitgetragen auch durch die<br />

Verbindlichkeit von Sprechen und Sprache. Eine breite Schicht dessen, was<br />

226 Petzold, Hilarion und Orth, Ilse: Poesie und Bibliotherapie. Entwicklung, Konzepte und<br />

Theorie – Methodik und Praxis des Integrativen Ansatzes. In a.a.O. Petzold, 1985, S. 31f.<br />

227 Ebd. S. 33.<br />

228 Frühmann, Renate: Poesie – ein Weg zu sich selbst. Metareflexionen zur Überwindung<br />

von Entfremdung durch Poetisches Sagen in: a.a.O. Petzold 1985, S. 225.<br />

Christina Fabian-Heidrich, Über Religion ins Gespräch kommen, 2002 93

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