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Novemberpogrom - Österreich Journal

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 125 / 28. 11. 2013<br />

»75 Jahre <strong>Novemberpogrom</strong>«<br />

35<br />

sexueller Gewalt belegt, nach dessen Bekanntwerden<br />

zwei beteiligte SA-Männer „im<br />

Interesse der Bewegung“ wegen „Rassenschande“<br />

in Gestapohaft genommen und in<br />

das KZ Dachau abgegeben wurden.<br />

In Salzburg brachen SA-Angehörige<br />

noch nicht „arisierte“ Geschäfte auf, demolierten<br />

das Inventar und zerstörten die<br />

Einrichtung der Synagoge. Ein SD-Bericht<br />

registriert Belustigung unter der Salzburger<br />

Bevölkerung, „wenn in den Zeitungen von<br />

einer spontanen Volksbewegung gesprochen<br />

wird“, ortet aber gleichzeitig Verständnis für<br />

„die vorgenommenen Verhaftungen in weiten,<br />

auch NS-gegnerischen Kreisen“.<br />

Ähnlich verlief der Pogrom in Kärnten<br />

und in der Steiermark. In der Nacht auf den<br />

10. November ging die Grazer Synagoge in<br />

Flammen auf, die Gebäudereste wurden in<br />

den Tagen nach dem Pogrom gesprengt und<br />

abgerissen. Auch die Zeremonienhalle auf<br />

dem jüdischen Friedhof wurde in Brand gesetzt.<br />

Im Zuge des <strong>Novemberpogrom</strong>s wurden<br />

in Graz rund 300 – in der Steiermark insgesamt<br />

an die 350 – Juden verhaftet; die meisten<br />

wurden am 11. November 1938 in das<br />

KZ Dachau überstellt. Im Burgenland, wo zu<br />

diesem Zeitpunkt die jüdische Bevölkerung<br />

schon vertrieben war, wurden die religiösen<br />

Einrichtungen in Eisenstadt und in Mattersburg<br />

zerstört.<br />

Am 12. November 1938 wurde in einer<br />

Sitzung im Reichsluftfahrtministerium unter<br />

dem Vorsitz Görings die Verordnung zur<br />

Ausschaltung der Juden aus dem deutschen<br />

Wirtschaftsleben beschlossen. Diese verbot<br />

Juden ein selbständiges kaufmännisches<br />

Unternehmen bzw. Handwerk zu betreiben.<br />

Außerdem wurde der jüdischen Bevölkerung<br />

die Zahlung einer „Sühneleistung“ von einer<br />

Milliarde Reichsmark für das Pariser Attentat<br />

auferlegt – diese Summe wurde später<br />

noch um ein Viertel erhöht – sowie die Verpflichtung,<br />

für alle während des Pogroms<br />

entstandenen Schäden aufzukommen. Versicherungsansprüche<br />

verfielen zugunsten des<br />

Deutschen Reiches.<br />

Proteste aus der nichtjüdischen Bevölkerung<br />

gegen den Pogrom gab es nur wenige.<br />

„Mir wäre lieber gewesen, ihr hättet 200 Juden<br />

erschlagen und hättet nicht solche Werte<br />

vernichtet“ – was Göring in der Sitzung im<br />

Reichsluftfahrtministerium so drastisch äusserte,<br />

brachte die (wenn überhaupt vorhandene)<br />

Kritik an den Ausschreitungen im<br />

Zuge des <strong>Novemberpogrom</strong>s 1938 auf den<br />

Punkt: Empörung löste in erster Linie die Zerstörung<br />

von Sachwerten aus, die damit der<br />

deutschen Volkswirtschaft verloren gingen.<br />

Foto: DÖW<br />

Gebäudereste der zerstörten Grazer Synagoge<br />

Das DÖW<br />

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen<br />

Widerstandes (DÖW) wurde<br />

1963 von ehemaligen WiderstandskämpferInnen<br />

sowie von engagierten WissenschaftlerInnen<br />

gegründet und ist seit 1983<br />

eine Stiftung, die gemeinsam von der<br />

Republik Österreich, der Stadt Wien und<br />

dem Verein Dokumentationsarchiv getragen<br />

wird.<br />

Inhaltliche Schwerpunkte<br />

Widerstand und Verfolgung<br />

Exil<br />

NS-Verbrechen, insbesondere Holocaust<br />

und NS-Medizinverbrechen<br />

NS- und Nachkriegsjustiz<br />

Rechtsextremismus nach 1945<br />

Restitution und Entschädigung nach<br />

1945<br />

Tätigkeitsschwerpunkte<br />

Sammlung, Archivierung und wissenschaftliche<br />

Auswertung thematisch<br />

relevanter Quellen<br />

Archiv- und Bibliotheksbetrieb<br />

»Österreich <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />

Der Prozeß der Entrechtung von Juden<br />

und Jüdinnen wurde konsequent weitergeführt.<br />

Nach der gesellschaftlichen Ausgrenzung,<br />

der umfassenden Beraubung und Vertreibung<br />

setzten die Kennzeichnung und<br />

schließlich die Deportation und planmäßige,<br />

industriell durchgeführte millionenfache<br />

Vernichtung ein. Auch mindestens 65.500 österreichische<br />

Jüdinnen und Juden wurden<br />

von den Nationalsozialisten ermordet. •<br />

Mehr Informationen, Fotos, Berichte von<br />

ZeitzeugInnen, Volksgerichtsurteile und andere<br />

Dokumente auf der Website des DÖW.<br />

Klicken Sie auf den Link – er funktioniert,<br />

auch wenn er nicht lesbar ist.<br />

http://www.doew.at/erinnern/fotos-und-dokumente/1938-1945/novemberpogrom-1938/<br />

Museum und Veranstaltungszentrum<br />

Vermittlungsarbeit<br />

Herausgabe von Publikationen<br />

Weitere Informationen<br />

Abfragemöglichkeiten zu Opfern der<br />

Shoah, der politischen Verfolgung und<br />

der NS-Euthanasie, zeitgeschichtliche<br />

Themenschwerpunkte u. v. a. m.<br />

Dokumentationsarchiv des österreichischen<br />

Widerstandes (DÖW)<br />

Altes Rathaus, Wipplingerstraße 6-8<br />

A-1010 Wien<br />

Telefon: ++43 / (0)1 / 22 89 469 - 319<br />

E-Mail mailto:office@doew.at<br />

http://www.doew.at<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Donnerstag 9 bis 17 Uhr<br />

(Archiv und Bibliothek)<br />

Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag 9<br />

bis 17 Uhr, Donnerstag 9 bis 19 Uhr<br />

(Ausstellung)

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