Novemberpogrom - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 125 / 28. 11. 2013<br />
Kultur<br />
87<br />
Türe zur Schatzkammer öffnet. Wie in einem<br />
kleinen „Palast“ voller ausgewählter reich<br />
verzierter Schmuckstücke und Gefäße wird<br />
der bedeutendste spätmittelalterliche Hortfund<br />
Österreichs nun erstmals umfassend in<br />
einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert,<br />
dabei ist die Geschichte, die hinter diesem<br />
Fund steckt recht bescheiden.<br />
Der Schatz<br />
217 einzelne Objekte mit einem Gewicht<br />
von 2290 Gramm sind Österreichs bekanntester<br />
spätmittelalterlicher Schatzfund. Insgesamt<br />
dürften es rund 150 Objekte gewesen<br />
sein, denn manche Fragmente gehörten<br />
zusammen.<br />
Wer den Schatz deponierte, weshalb und<br />
warum er ihn sich nicht wieder holte, bleibt<br />
im Verborgenen. Vermutungen werden jedoch<br />
angestellt, wonach es ein Händler oder<br />
Goldschmied gewesen sein könnte. Die<br />
Funde sind nach derzeitigem Forschungsstand<br />
in die Mitte bis zum Ende des 14. Jahrhunderts<br />
einzuordnen.<br />
Der Hort läßt sich in fünf Gruppen teilen:<br />
Ringe, Spangen, sonstige Trachtbestandteile,<br />
Gefäße und Löffel, wobei die meisten Fundstücke<br />
Ringe und Spangen sind. So manche<br />
punkvolle Stücke weisen auf höfisches Umfeld<br />
hin. Großteils handelt es sich um feuervergoldete<br />
Silberobjekte mit geringem, jedoch<br />
unterschiedlich hohem Kupferanteil.<br />
Mit Ringplatte und -kopf sind die 46 Ringe<br />
großteils hochwertig gefertigt und oftmals<br />
noch mit den originalen Steinen erhalten.<br />
Die Ring-Platten zeigen zahlreiche figurale<br />
Motive (Tiermotive, Handtreuemotive und<br />
viele Lilienmotive) sowie Siegel. Die 36<br />
Spangen waren für die Archäologen jedoch<br />
am bemerkenswertesten, einerseits aufgrund<br />
der Menge und andererseits wegen der<br />
Formenvielfalt, die von einfachen Stücken<br />
bis hin zu Prunkspangen reicht. Sternförmige<br />
Spangen mit acht Spitzen sind am häufigsten<br />
zu sehen, einige sind mit Steinen und<br />
Korallen besetzt. Die Gefäßteile des Hortes<br />
weisen große qualitative Unterschiede auf<br />
und kein einziges ist vollständig erhalten,<br />
möglicherweise handelt es sich deshalb bei<br />
diesem Hortfund um Altmetall des Mittelalters,<br />
das zur Weiterverwertung bestimmt<br />
war. Vermutlich waren die Objekte ursprünglich<br />
in einer Holzkiste deponiert.<br />
Foto: Bundesdenkmalamt<br />
War im beeindruckenden Hortfund dabei: eine der filigran gearbeiteten Schnallen.<br />
Fundgeschichte<br />
Ein Biotop wollte der Finder des Hortes<br />
eigentlich im Jahr 2007 ausheben, stieß<br />
dabei allerdings knapp unterhalb der Rasenfläche<br />
auf eine dunkle Verfärbung, mit zahlreichen<br />
Metallobjekten. Ein nahendes Gewitter<br />
veranlaßte ihn den verfärbten Bereich<br />
einfach nur auszuheben und im Keller zu<br />
verstauen. Was sich in dem Aushub befand<br />
sollte die Wissenschaft Jahre später begeistern.<br />
Drei Jahre vergingen als er beim<br />
Aufräumen des Kellers wieder auf seinen<br />
Fund stieß und sich damit beschäftigte. Er<br />
reinigte die Objekte und recherchierte. In<br />
einem Plastiksack übergab er schließlich die<br />
Objekte dem Bundesdenkmalamt, das ein<br />
wissenschaftliches Großprojekt zur Bearbeitung<br />
des Fundes veranlaßte. Zum ersten Mal<br />
in der Forschung zu Schatzfunden wird ein<br />
Hortfund umfassend und interdisziplinär<br />
bearbeitet.<br />
»Österreich <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
Die Ausstellung – Die Schatzkammer<br />
Die Bedeutung des Schatzfundes von<br />
Wiener Neustadt wird beim Betreten der<br />
Ausstellung klar. Ein kurzer Überblick über<br />
die bedeutenden Schatzfunde Europas macht<br />
deutlich, daß diese nicht oft entdeckt werden.<br />
„Schatz-Reich“ zeigt zuerst was hinter<br />
den Schatzfunden steckt und was sich überhaupt<br />
Schatzfund nennen darf.<br />
Der Hortfund wird nach Themengebieten<br />
gezeigt, um den BesucherInnen sogleich<br />
auch einen Einblick in das spätmittelalterliche<br />
Leben im 14. Jahrhundert zu geben. Mit<br />
den Schalen, Bechern, Pokalen und Löffeln<br />
wird zuerst die Kulinarik zu jener Zeit thematisiert.<br />
Was stand am Speiseplan? Wer<br />
hatte die prunkvollsten Gefäße? Und, wie<br />
streng waren die Tischmanieren?<br />
48 goldene und prunkvolle, oftmals sternförmige<br />
Gewandspangen des Hortfundes<br />
machen den mittelalterlichen Kleiderkasten<br />
auf. Was trugen Mann und Frau des europäischen<br />
Hochadels? Wie filigran waren die<br />
Gewandspangen gearbeitet und was wurde<br />
damit befestigt?<br />
Mit Ringen zeigten schon damals die<br />
Frauen und Männer ihren Status. Mit Edelsteinen<br />
und Platten verziert zeigt sich die<br />
Vielfalt des adligen prunkvollen Fingerschmucks.<br />
Inschriften und Pseudoinschriften<br />
sind auf so manchem Ring zu sehen. Was<br />
jedoch neben Gewandspangen und Ringen<br />
noch zur schmuckvollen Ausstattung des<br />
Adels gehörte, wird in der Ausstellung ebenso<br />
deutlich.<br />
Um die beeindruckenden Gefäße und<br />
Schmuckstücke im Detail ansehen zu können,<br />
können BesucherInnen mit Lupen ausgestattet<br />
die Objekte ganz genau betrachten.<br />
Und Objektteile, die nur mehr fragmentarisch<br />
vorhanden sind, jedoch das Aussehen<br />
des Objektes bekannt ist, werden auf Knopfdruck<br />
zu Bildnissen und die Vorstellung der<br />
BesucherInnen zu manchen Objekten wird<br />
so nahezu real.<br />
Als historische Quelle sind Schatzfunde<br />
von besonderer Bedeutung. Sie liefern Er-