Die Osterweiterung der Euopaeischen Union (OcP 22) - Universität ...
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6 EZFF Occasional Papers Nr. <strong>22</strong><br />
aufnahme <strong>der</strong> heutigen Bewerberstaaten. Schon aufgrund <strong>der</strong> geographischen Lage ist<br />
die Frage nach den tatsächlichen Auswirkungen <strong>der</strong> EU-Erweiterung auf diesen kritischen<br />
Gebieten für Deutschland und seine Län<strong>der</strong> von größter Bedeutung. Gleichzeitig<br />
neigt die öffentliche Debatte in <strong>der</strong> Bundesrepublik aber nach wie vor dazu, einseitig<br />
die Kosten des Erweiterungsprozesses zu betonen, ohne seinem politischen und wirtschaftlichen<br />
Gesamtnutzen ausreichend Rechnung zu tragen. Nicht zuletzt, um hier ein<br />
größeres Maß an Ausgewogenheit sicherzustellen, bilden enge bilaterale<br />
Kooperationsbeziehungen, wie sie traditionell zwischen dem Land Baden-Württemberg<br />
und Ungarn bestehen, eine solide Ausgangsbasis.<br />
Tatsächlich hat sich Baden-Württemberg bereits frühzeitig mit den durch die geplante<br />
Erweiterung aufgeworfenen Fragen befasst und sich stets darum bemüht, auch die Interessen<br />
und die Problemsicht <strong>der</strong> Beitrittskandidaten angemessen zu berücksichtigen.<br />
Eine beson<strong>der</strong>e Rolle spielt in diesem Zusammenhang natürlich <strong>der</strong> Umstand, dass die<br />
engen Beziehungen, die das Land mit Ungarn unterhält, historisch bis in das 17. und<br />
18. Jahrhun<strong>der</strong>t zurückreichen, als viele Menschen aus dem armen Südwesten<br />
Deutschlands in mehreren kleinen und großen „Schwabenzügen“ die Donau hinunter<br />
nach Ungarn auswan<strong>der</strong>ten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kehrten viele<br />
Ungarndeutsche aufgrund von Vertreibung und Flucht in das Land ihrer Vorfahren<br />
zurück. Vor diesem Hintergrund übernahm Baden-Württemberg bereits 1954 die Patenschaft<br />
über die Volksgruppe <strong>der</strong> Donauschwaben. Tatsächlich sollten die in Ungarn<br />
verbliebenen Deutschen – immer noch ca. <strong>22</strong>0.000 Menschen – und die nach Kriegsende<br />
ausgewan<strong>der</strong>ten Ungarndeutschen eine wichtige Rolle als Bindeglied und Vermittler<br />
zwischen beiden Län<strong>der</strong>n spielen.<br />
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erfuhren die Beziehungen dann eine weitere<br />
Intensivierung, indem auf Initiative des damaligen ungarischen Staatspräsidenten Arpad<br />
Göncz und des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel 1991<br />
die sog. „Gemischte Kommission Baden-Württemberg/Ungarn“ eingerichtet wurde.<br />
<strong>Die</strong> Tätigkeit <strong>der</strong> Gemischten Kommission und ihrer Arbeitsgruppen, die als Forum<br />
für den bilateralen Informations- und Erfahrungsaustausch dient und Vertretern aus<br />
Politik und Verwaltung Gelegenheit zu persönlichen Begegnungen geben soll, ist von<br />
Anfang an nicht auf bestimmte Sachbereiche beschränkt geblieben, son<strong>der</strong>n hat mit<br />
ihren bisherigen Arbeitsprogrammen zu gemeinsamen Aktivitäten in einem breiten<br />
Spektrum an Lebensbereichen und Politikfel<strong>der</strong>n geführt. So wurden die Beziehungen<br />
im Bereich Kultur, Bildung und Ausbildung und in Wissenschaft und Forschung sukzessive<br />
ausgebaut. <strong>Die</strong> Schaffung von Ausbildungsangeboten für ungarische Berufsanfänger<br />
im Bereich Land- und Forstwirtschaft gehören inzwischen ebenso zur Kommissionsarbeit<br />
wie die Intensivierung <strong>der</strong> vielfältigen Wirtschaftsbeziehungen und <strong>der</strong><br />
Ausbau von Partnerschaften und Kontakten auf kommunaler Ebene, die Kooperation<br />
auf den Gebieten Umwelt und Verkehr, Informationstechnologie, Arbeit, Gesundheit<br />
und Soziales sowie Innere Sicherheit.<br />
Allerdings haben sich mit <strong>der</strong> Konkretisierung <strong>der</strong> Perspektive eines EU-Beitritts Ungarns<br />
v.a. in den letztgenannten Tätigkeitsfel<strong>der</strong>n neue Schwerpunktsetzungen für die<br />
Arbeit <strong>der</strong> Gemischten Kommission ergeben, wie auch ihr jüngstes Arbeitsprogramm<br />
für die Jahre 2000/2001 verdeutlicht. In seinem Mittelpunkt stehen erneut gezielte