Die Osterweiterung der Euopaeischen Union (OcP 22) - Universität ...
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76 EZFF Occasional Papers Nr. <strong>22</strong><br />
Mobilität des (langfristigen) Kapitals und die Attraktivität <strong>der</strong> Beitrittslän<strong>der</strong><br />
überschätzt wird. 6 Generell bleibt jedoch die Frage, ob Direktinvestitionen in<br />
diesen Län<strong>der</strong>n die Arbeitsplätze in Deutschland o<strong>der</strong> die Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> Industrie beeinträchtigen.<br />
<strong>Die</strong> Betrachtung von zwei Aspekten könnte helfen, eine Antwort zu geben:<br />
Erstens: Als Direktinvestitionen fließen in <strong>der</strong> Regel nur die Gewinne, die Unternehmen<br />
aus <strong>der</strong> laufenden Wirtschaftstätigkeit mit gegebenen Arbeitskräften<br />
erzielen. Würden diese Produktionen keine Gewinne mehr abwerfen, können sie<br />
auch nicht transferiert werden. Direktinvestitionen, die aus Vermögensliquidation<br />
entstehen, sind im internationalen Investitionsgeschäft keine statistisch<br />
nachweisbare Größe. Warum sollte es bei einer <strong>Osterweiterung</strong> an<strong>der</strong>s sein?<br />
Saldenmechanisch gesehen, steht somit einem Überschuss in <strong>der</strong> Leistungsbilanz<br />
immer ein Kapitalexport gegenüber. Daher ist es verständlich, dass ein<br />
Land wie Deutschland, welches ständig Leistungsbilanzüberschüsse erzielt,<br />
auch mehr Direktinvestitionen im Ausland tätigt als das Ausland in Deutschland.<br />
Zweitens: Wichtig ist die Struktur <strong>der</strong> Direktinvestitionen. Sie verhält sich spiegelbildlich<br />
zur Struktur <strong>der</strong> inländischen Investitionen. Wenn niedrige Arbeitskosten<br />
so attraktiv sind, so unterstützen Direktinvestitionen im Ausland den<br />
strukturellen Wandel bei uns. Nach einer Schätzung von Alexan<strong>der</strong> Protsenko<br />
und Volkhart Vincentz vom Münchener Osteuropa-Institut 7 betrug die Zahl <strong>der</strong><br />
Arbeitsplätze, die in Osteuropa durch deutsche Direktinvestitionen mit dem Ziel<br />
<strong>der</strong> Kostenersparnis geschaffen werden, 1997 117.000, d.h. knapp 29% aller Beschäftigten<br />
in Betrieben mit deutscher Beteiligung. Wenn man jedoch davon<br />
ausgeht, dass jede Investition eine komplementäre Investition nach sich zieht<br />
(Netzwerkgedanke), dann muss dieser Zahl eine Anzahl von Arbeitsplätzen entgegenstehen,<br />
die in Deutschland durch komplementäre Investitionen in Forschung<br />
und Entwicklung, Marketing, Vertrieb und an<strong>der</strong>e <strong>Die</strong>nstleistungen <strong>der</strong>selben<br />
Branche geschaffen wurden. Lei<strong>der</strong> haben die Autoren diesen Gedanken<br />
nicht weiter verfolgt.<br />
Generell lässt sich schlussfolgern, dass die zentralen Probleme <strong>der</strong> <strong>Union</strong> nicht<br />
in einer zu schwachen Wettbewerbsfähigkeit liegen, son<strong>der</strong>n eher in den institutionellen<br />
und politischen Bereichen, d.h. die Organisation <strong>der</strong> Entscheidungsfindung,<br />
die Reform <strong>der</strong> Politiken und die Finanzierung <strong>der</strong> <strong>Osterweiterung</strong>.<br />
Gleichwohl wird auch die EU Übergangsfristen für sich aushandeln, im wesent-<br />
6<br />
7<br />
Hinter dem Lohnkostenargument steht die Theorie, wonach die Kapitalströme sich von<br />
<strong>der</strong> Faktorpreisrelation leiten lassen. Empirisch dagegen sollte nachdenklich stimmen,<br />
dass 70% aller internationalen Direktinvestitionsströme in Län<strong>der</strong> mit ähnlichen<br />
Faktorpreisrelationen fließen.<br />
Vgl. Protsenko, Alexan<strong>der</strong>/Vincentz, Volkhart (1999): Direktinvestitionen und an<strong>der</strong>e<br />
Kapitalströme nach Osteuropa, Osteuropa-Institut München, Working Paper <strong>22</strong>2, S. 34 ff.