Arbeitsbericht für das Jahr 2003 - Thüringer Landtag
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11.4 Kommunale Angelegenheiten<br />
11.4.1 Kein Stimmrecht für fraktionsloses Gemeinderatsmitglied<br />
Ein fraktionsloses Mitglied des Stadtrats einer Kleinstadt beanstandete, <strong>das</strong>s er nur einen Sitz<br />
ohne Stimmrecht in einem beratenden Ausschuss erhalten hat.<br />
Der Stadtrat hatte gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) zur Erfüllung<br />
seiner Aufgaben neben dem Hauptausschuss noch weitere Ausschüsse für bestimmte<br />
Aufgabenbereiche gebildet, und zwar sowohl vorbereitende als auch beschließende. Bei der<br />
Zusammensetzung der Ausschüsse hatte der Stadtrat gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 ThürKO dem<br />
Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen.<br />
Soweit Fraktionen bestehen, sind diese bei der Berechnung zu Grunde zu legen. Damit soll<br />
sichergestellt werden, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> Wahlergebnis auch in der Besetzung der Ausschüsse<br />
spiegelt. Entsprechend den jeweiligen Geschäftsordnungen wird die Spiegelbildlichkeit nach<br />
dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren oder dem mathematischen Proporzverfahren nach<br />
Hare/Niemeier ermittelt.<br />
Jedes Stadtratsmitglied kann nach § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO die Zuweisung von mindestens<br />
einem Ausschuss-Sitz verlangen, wenn die Zahl der Ausschuss-Sitze die Zahl der Gemeinderatsmitglieder<br />
übersteigt. Das war hier der Fall, so <strong>das</strong>s der Petent einen Ausschuss-Sitz beanspruchen<br />
konnte. Damit ist im Gegensatz zu anderen Kommunalordnungen in Thüringen ein<br />
Mitwirkungsrecht von fraktionslosen Gemeinderatsmitgliedern gesetzlich verankert. In Ländern,<br />
in denen kein entsprechendes gesetzliches Mitwirkungsrecht besteht, wird ein entsprechender<br />
Anspruch in der Regel verneint.<br />
Die Regelung in § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO orientiert sich an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes<br />
über die Mitwirkungsrechte eines fraktionslosen Abgeordneten. Danach<br />
müssen die Ausschüsse aufgrund ihrer Aufgaben ein verkleinertes Abbild des Plenums<br />
sein und dessen Zusammensetzung widerspiegeln. Der Einzelne soll ein Mitwirkungsrecht<br />
haben, wobei der Schwerpunkt in der Mitwirkung liegt, <strong>das</strong> heißt in der Einbringung von<br />
Sachargumenten. Es wird aber nicht als verfassungsrechtlich geboten angesehen, dem einzelnen<br />
Abgeordneten im Ausschuss ein Stimmrecht zu geben. Denn dies würde sich zwangsläufig<br />
überproportional auswirken, da der fraktionslose Abgeordnete nur für sich spricht, nicht<br />
auch für andere Mitglieder einer Fraktion. Mit Rücksicht auf die Funktion der Ausschüsse,<br />
die Mehrheitsfähigkeit einer Vorlage im Plenum sicherzustellen, ist es noch weniger geboten,<br />
einem fraktionslosen Abgeordneten <strong>das</strong> Stimmrecht im Ausschuss zu geben. Auch in Bezug<br />
auf diese Funktion gebührt der Stimme des fraktionslosen Abgeordneten eine wesentlich geringere<br />
Bedeutung als der des fraktionsangehörigen. Im Gegensatz dazu bekäme seine Stimme<br />
sogar zusätzliches, möglicherweise ausschlaggebendes Gewicht, wenn sie bestehende<br />
Mehrheitsverhältnisse im Ausschuss in Frage stellen könnte.<br />
An diesen verfassungsrechtlichen Hintergrund knüpft § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO an, mit der<br />
Folge, <strong>das</strong>s aus der Zuweisung des Ausschusses für ein fraktionsloses Gemeinderatsmitglied<br />
kein Stimmrecht folgt, gleichgültig ob es sich um einen vorberatenden oder beschließenden<br />
Ausschuss handelt. So bereiten vorberatende Ausschüsse Fach- und Detailfragen vor, um dem<br />
Gemeinderat mehrheitsfähige Entscheidungsgrundlagen zu geben. Als Folge des Repräsentationsprinzips<br />
müssen diese Ausschüsse, soweit es um Beschlussempfehlungen geht, die Zusammensetzung<br />
des Gemeinderates widerspiegeln. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung<br />
des Bundesverfassungsgerichtes kann deshalb ein einzelnes Gemeinderatsmitglied, <strong>das</strong><br />
einen Sitz nach § 27 Abs. 1 Satz 4 ThürKO erhalten hat, lediglich Teilnahme-, Rede- und<br />
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