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Ausgabe 05/2011 Wirtschaftsnachrichten Donauraum

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GELD & FINANZEN<br />

Rentable<br />

Risikoauslagerung<br />

Der Klimawandel lässt die<br />

Wahrscheinlichkeit für Naturkatastrophen<br />

ansteigen. Die<br />

Rückversicherer sehen sich mit<br />

immer größeren Schäden konfrontiert<br />

und versuchen, die Risiken<br />

aus potenziellen Naturkatastrophen<br />

gebündelt und als<br />

Anleihen an den Markt weiterzugeben.<br />

Hohe Renditen locken<br />

nun auch konservative Anleger<br />

wie Pensionsfonds.<br />

Von Markus Kirchsteiger<br />

Das Seebeben vor der japanischen Küste<br />

wird nicht nur als die bisher schwerste<br />

Naturkatastrophe mit Tausenden Toten<br />

in die Geschichte des Landes eingehen. Es<br />

wird auch die mit Abstand teuerste Naturkatastrophe<br />

aller Zeiten sein. Die Infrastruktur<br />

im Nordosten des Landes ist vollkommen<br />

zerstört. Wie hoch die Kosten für den Wiederaufbau<br />

sind, ist noch immer nicht klar.<br />

Vorerst schätzt die Regierung in Tokio die<br />

erwarteten direkten Kosten auf bis zu 220<br />

Milliarden Euro. Diese Zahl beinhaltet jedoch<br />

nur Schäden, die an Straßen, Gebäuden,<br />

Fabriken und sonstiger Infrastruktur<br />

entstanden sind.<br />

Auch die Belastungen für die Versicherungswirtschaft<br />

werden beträchtlich sein. Laut ersten<br />

Schätzungen könnten sich die versicherten<br />

Schäden auf bis zu 30 Milliarden Dollar<br />

summieren. Einen Teil davon holen sich die<br />

Versicherungsunternehmen wieder zurück,<br />

denn vor allem im Falle von großen Naturkatastrophen<br />

sichern sie sich bei Rückversicherern<br />

ab. Der Branchenprimus unter den Rückversicherern,<br />

die Münchener Rück (Munich<br />

Re), schätzt ihren Anteil auf 1,5 Milliarden<br />

Euro. Die Swiss Re rechnet mit knapp 850<br />

Millionen Euro. Die Hannover Rück bezifferte<br />

ihren Verlust durch Beben und Tsunami<br />

in Japan auf rund 250 Millionen Euro. Da die<br />

durch Naturkatastrophen entstandenen und<br />

versicherten Schäden in den letzten Jahren<br />

angestiegen sind, haben sich die Rückversicherer<br />

ein Mittel einfallen lassen, um die Risiken<br />

teilweise auf den Kapitalmarkt zu<br />

übertragen: Sie geben so genannte Katastrophenanleihen<br />

(Cat Bonds) aus. Diese dienen<br />

dazu, den bei Naturkatastrophen entstandenen<br />

finanziellen Schaden zu kompensieren.<br />

Hohe Renditen locken<br />

konservative Investoren<br />

Mit Renditen von mehr als zehn Prozent sind<br />

Cat Bonds in Zeiten der Niedrigzinspolitik<br />

eine verlockende Anlageform. Im Vorjahr ist<br />

der Markt von neun auf rund 13 Milliarden<br />

Dollar angewachsen, verlautete der Schweizer<br />

Rückversicherer Swiss Re. Heuer werden<br />

voraussichtlich Cat Bonds im Gesamtvolumen<br />

von sechs Milliarden Dollar emittiert,<br />

teilte die Münchener Rück mit. „Durch<br />

das niedrige Zinsumfeld am Kapitalmarkt<br />

werden Katastrophen-Bonds zunehmend für<br />

große institutionelle Investoren wie etwa<br />

Pensionskassen interessant, die bisher nicht<br />

in diese Anlageklasse investiert haben“, betont<br />

Münchener-Rück-Vorstand Thomas<br />

Blunck.<br />

Obwohl die ersten Katastrophenanleihen bereits<br />

Mitte der 1990er-Jahre aufgelegt wurden,<br />

sind Cat Bonds weiterhin ein Nischenmarkt.<br />

Dabei ist bisher erst ein einziger Bond<br />

wegen einer Katastrophe vollständig ausgefallen,<br />

nämlich in den<br />

USA im Jahr 20<strong>05</strong><br />

nach dem Hurrikan<br />

„Katrina“. Der Nischenmarkt<br />

wächst<br />

nur langsam. Auf der<br />

Suche nach höheren<br />

Renditen greifen Anleger<br />

nun verstärkt zu<br />

den Katastrophenanleihen.<br />

Im Jahr 2007<br />

wurde ein Rekord bei<br />

Neuemissionen von<br />

rund acht Milliarden<br />

Dollar erreicht. In der<br />

Finanzkrise stürzte<br />

das Volumen ab, seit<br />

dem Vorjahr ist wieder<br />

ein deutlicher<br />

Aufwärtstrend erkennbar.<br />

Erst im April emittierte die Allianz<br />

eine neue Katastrophenanleihe im Volumen<br />

von 40 Millionen Dollar zur Deckung von<br />

Hurrikan- und Erdbebenrisiken in den USA.<br />

Damit würde das aktuelle Cat-Bond-Volumen<br />

der Allianz auf 190 Millionen Dollar<br />

steigen. Seit 2007 hat die Allianz insgesamt<br />

sechs Cat Bonds mit einem Gesamtvolumen<br />

von rund 900 Millionen Dollar abgeschlossen.<br />

Nichts für Kleinanleger<br />

Für Kleinanleger sind Katastrophenanleihen<br />

eine äußerst riskante Anlage. „Der Markt ist<br />

eher etwas für Profis“, warnt Thomas Heidorn,<br />

Professor an der Frankfurt School of<br />

Finance. Es sei viel Wissen erforderlich.<br />

Großteils werden Cat Bonds ohnehin nicht<br />

über die Börsen, sondern „over the counter“<br />

(außerbörslich) gehandelt. Zudem fehlen einheitliche<br />

Standards, und Cat Bonds können<br />

auch nicht so leicht weiterverkauft werden.<br />

Dennoch dürfte Cat Bonds in Zukunft eine<br />

größere Bedeutung zukommen, denn der<br />

Klimawandel lässt das Risiko für Naturkatastrophen<br />

ansteigen. So ist die Welt im Vorjahr<br />

von so vielen Naturkatastrophen heimgesucht<br />

worden wie selten zuvor. Mit 950<br />

Katastrophen lag das vergangene Jahr deutlich<br />

über dem Schnitt von 785 pro Jahr. Der<br />

gesamtwirtschaftliche Schaden weltweit betrug<br />

rund 130 Milliarden Dollar, von denen<br />

etwa 30 Prozent versichert gewesen waren.<br />

So hohe Schäden hatte es in den vergangenen<br />

30 Jahren nur sechsmal gegeben. Ü<br />

WIE CAT-BONDS FUNKTIONIEREN<br />

Investoren bringen Kapital in eine Zweckgesellschaft ein<br />

und erhalten – falls keine vorher definierte Naturkatastrophe<br />

eintritt – Zinsen und eine Risikoprämie. Die Zinsen werden<br />

durch Veranlagung des Kapitals erwirtschaftet. Dabei<br />

hängt der Zins primär an der Ausfallwahrscheinlichkeit. Die<br />

Risiken decken meist Ereignisse ab, die statistisch alle 50<br />

bis 150 Jahre vorkommen. Aber es gibt auch kürzere Perioden<br />

mit höheren Zinsen. Nach dem Ende der Laufzeit bekommt<br />

der Investor auch das eingezahlte Kapital retourniert.<br />

Tritt eine Naturkatastrophe ein, wird das aufgenommene<br />

Kapital einbehalten und der Anleiheinvestor verliert sein Investment<br />

zum Teil oder zur Gänze. Die Bedingungen, unter<br />

denen es nicht zur Einbehaltung des Kapitals kommt, um<br />

allfällige Forderungen von Versicherten zu decken, werden<br />

vorher genau festgelegt.<br />

Foto: Jupiterimages<br />

WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN 5/<strong>2011</strong> Ö 1

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