Ausgabe 05/2011 Wirtschaftsnachrichten Donauraum
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Auf Reisen<br />
richtig reagieren<br />
Foto: istockphoto.com<br />
Ö 28<br />
„Give me all your money or your<br />
life!“ Das kann einem auf der<br />
ganzen Welt passieren. Auch<br />
auf einer Geschäftsreise. Wie<br />
man damit umgeht, sich sicher<br />
aus der Affäre zieht beziehungsweise<br />
solche Situationen<br />
vorausschauend verhindert,<br />
zeigt Joachim Leis in seinen<br />
Sicherheitstrainings.<br />
WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN 5/<strong>2011</strong><br />
Wie kompetent sind Sie in Stresssituationen“,<br />
fragt Joachim Leis zu Beginn des Seminars.<br />
Die Teilnehmer schweigen. Schließlich<br />
sei man hier, um das herauszufinden.<br />
Herauszufinden, wie man reagiert, wenn etwas<br />
passiert. Wie man dem entgeht. „Das<br />
Ziel ist es, unbewusst kompetent zu werden“,<br />
so Leis. Ein bulliger Typ mit wachen Augen.<br />
Erfahrener Kampfsportler, der jahrelang im<br />
Dienste der Polizei stand. Unbewusste Kompetenz<br />
also. Sie sei das vierte Stadium der<br />
Kompetenzebenen. Leis veranschaulicht sie<br />
in einem Beispiel: „Sie fahren auf einer glatten<br />
Straße und kommen ins Schleudern.<br />
Hoppala! Ihre unbewusste Inkompetenz verwandelt<br />
sich in bewusste Inkompetenz. Sie<br />
erkennen: ‚Da hab ich nicht ganz richtig reagiert.’<br />
Nun machen Sie ein Sicherheitstraining.<br />
Werden bewusst kompetent. Beim<br />
nächsten Mal auf glatter Fahrbahn reagieren<br />
Sie, ohne nachzudenken richtig, und sind<br />
plötzlich unbewusst kompetent.“ Diese Fähigkeit<br />
gelte es für Gefahrensituationen im<br />
Reisealltag zu erlangen. Unbewusst richtig<br />
zu reagieren. „Das geht nur mit Übung. Viel<br />
Übung“, weiß Leis.<br />
Wider das Stresslevel<br />
Eine Gefahrensituation bzw. eine Stresssituation<br />
führt im Körper zur Hormonausschüttung.<br />
Der Puls steigt, die Muskeln spannen<br />
sich an, der Magen möchte sich entleeren.<br />
„Wir bereiten uns auf die Flucht vor“,<br />
erklärt Leis. Ein uralter Instinkt, der unseren<br />
Vorfahren das Überleben sicherte. Heute<br />
können wir diesem Instinkt nicht immer<br />
nachgeben. Wir müssen eventuell einem Gelegenheitstäter,<br />
der uns mit einem Messer<br />
bedroht, in die Augen sehen. Um in dieser<br />
Situation Puls und Stresspegel auf ein optimales<br />
Level zu senken, empfiehlt Leis, einen<br />
sicheren Ort zu kreieren. „Das funktioniert<br />
wie mit dem Glöckchen bei Pawlow. Sie<br />
denken an den Ort, und schon senkt sich der<br />
Puls. Ich erzähle Ihnen meine Geschichte<br />
von meinem sicheren Ort.“<br />
Gemeinschaftliches Sesselrücken im Raum,<br />
um eine bequeme Stellung einzunehmen.<br />
Meditationsreise zu Leis’ sicherem Ort, einer<br />
Insel: Er schildert, wie er mit einem Ruderboot<br />
ankommt. Mit nackten Füßen auf den<br />
heißen Sand steigt, die Wärme, den Wind<br />
spürt. Erst erkundet er die Umgebung, bevor<br />
er sich ein Haus baut. Dunkel und klein, gut<br />
gesichert. Nach mehrmaligen Besuchen auf<br />
der Insel: groß, hell und offen. Er baut sein<br />
Haus immer wieder um, so wie er sich gerade<br />
fühlt. „Das ist mein Ort“, sagt er und<br />
holt die Anwesenden langsam in die Realität<br />
zurück. In den Seminarraum. Nun fordert er:<br />
„Kreieren Sie Ihren sicheren Ort. Am besten<br />
kurz vor dem Einschlafen.“ Nach zwei bis<br />
sechs Wochen Training könne man den Ort<br />
in Stresssituationen abrufen und der Puls<br />
sinke auf 140. „Sie sind aktiv bei der Sache.“<br />
Wichtig: Es müsse sich um einen fantastischen<br />
Ort handeln, „so kann er nie zerstört<br />
werden“. Bilder von einsamen Inseln, großen<br />
lauschigen Lichtungen und trutzigen<br />
Festungen tauchen im eigenen Kopf auf.<br />
Wahrnehmen und sich aufrichten<br />
In möglichen Gefahrensituationen gehe es<br />
vor allem darum, die Situation richtig einzuschätzen<br />
und dementsprechend zu reagieren.<br />
Wobei: „Es gibt kein richtiges oder falsches<br />
Wahrnehmen. Man muss nur wissen, wie<br />
man wahrnimmt, um Wahrnehmungsfehler<br />
durch den Intellekt auszuschalten.“ Sein Gegenüber<br />
nehme man zu acht Prozent über<br />
verbale (Sprache), zu 37 Prozent über paraverbale<br />
(Tonlage) und zu 55 Prozent über<br />
nonverbale Kommunikation (Mimik, Gestik,<br />
Körperhaltung) wahr. Welche Auswirkungen<br />
das hat, erklärt Leis anhand einer Studie aus<br />
den USA: „100 Mörder, die ihre Opfer zufällig<br />
ausgewählt hatten, wurden gefragt:<br />
,Warum hast du den umgebracht’“ Nachdem<br />
niemand eine konkrete Antwort hatte,<br />
wurde den Probanden, jeweils einzeln, ein<br />
Video mit Menschen, die sich auf öffentlichen<br />
Plätzen bewegen, gezeigt. Die Probanden<br />
sollten Opfer auswählen. In 86 Prozent<br />
der Fälle wählten sie dieselben Personen.