Mikromechanische Modellierung von Formgedächtnismaterialien
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2.1. Linear elastische isotherme Kontinuumsmechanik 7<br />
In der Festkörpermechanik geht es meist darum, welche Veränderungen welcher Teil eines<br />
Körpers unter bestimmten äußeren Einflüssen erfährt. Zu diesem Zweck ist es sinnvoller,<br />
die Eigenschaften in Abhängigkeit des jeweils beobachteten Materiepunktes<br />
Ξ = Ξ (X) (2.4)<br />
zu formulieren. Diese Darstellung, Lagrange’sche Betrachtungsweise genannt, wird im Folgenden<br />
ausschließlich verwendet.<br />
Die Lageänderung eines Punktes <strong>von</strong> der unverformten in die verformte Konfiguration wird<br />
als Verschiebung<br />
u (X) =x (X) − X (2.5)<br />
bezeichnet. Die Abhängigkeit vom betrachteten Punkt X wird im Folgenden zur Vereinfachung<br />
der Notation nicht mehr ausgeschrieben. Die einfachste Form einer Verschiebung ist<br />
die nach Betrag und Richtung gleiche Verschiebung aller Punkte eines Körpers, auch Translation<br />
genannt. Bei einer reinen Translation ändert sich lediglich die Lage eines Körpers<br />
im Raum, während die Lage einzelner Punkte relativ zueinander gleich bleibt. Ein weiterer<br />
Spezialfall einer Verschiebung ist die reine Rotation<br />
u =(X − X 0 ) × ω. (2.6)<br />
Hierbei wird der gesamte Körper bezüglich einer Achse der Richtung ω/ |ω|, die durch den<br />
Punkt X 0 verläuft, um den Betrag |ω| gedreht. Dabei ändert sich zwar die relative Lage<br />
zweier Punkte im Körper zueinander, nicht aber ihr Abstand <strong>von</strong>einander. Die Verschiebungsarten<br />
Translation und Rotation werden als Starrkörperbewegungen bezeichnet, da sich<br />
hierbei lediglich die Lage eines Körpers ändert, während dieser in sich starr bleibt.<br />
In der Festkörpermechanik und damit auch der Materialmodellierung ist nicht die durch<br />
Starrkörperbewegungen zu beschreibende Lageveränderung, sondern die relative Verschiebung<br />
der Materiepunkte eines Körpers zueinander <strong>von</strong> Interesse. Daher werden als Maß für<br />
die Gestaltänderung der Deformationsgradiententensor F sowie der Verschiebungsgradiententensor<br />
H wie folgt definiert:<br />
F = ∂x<br />
∂X = ∇ Xx =<br />
∂ (u + X)<br />
∂X<br />
= ∂u + I = H + I. (2.7)<br />
∂X<br />
Wie aus Gl. (2.7) ersichtlich ist, können F und H durch Addition bzw. Subtraktion des<br />
Einheitstensors ineinander überführt werden. Es ist daher ausreichend, im Folgenden ausschließlich<br />
den Deformationsgradiententensor als Verformungsmaß zu betrachten.<br />
Bezeichnen dL und dl differentielle Linien-, dA und da differentielle Flächen- und dV und<br />
dv differentielle Volumenelemente in der unverformten bzw. verformten Konfiguration, so<br />
lässt sich zeigen, dass diese Größen wie folgt miteinander korreliert sind:<br />
dl = F · dL , (2.8)<br />
da = (det F) F −T · dA und (2.9)<br />
dv = (det F) dV . (2.10)<br />
Die differentiellen Flächenelemente sind hierbei durch ihre Flächennormalen dA/ |dA| und<br />
ihren Flächeninhalt |dA| charakterisiert. Der Deformationsgradiententensor ist also ausreichend,<br />
um die Transformation <strong>von</strong> Linien-, Flächen- und Volumenelementen vollständig zu