Mikromechanische Modellierung von Formgedächtnismaterialien
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3.3. Vollständige Relaxierung und energieminimierende Volumenanteile 47<br />
bevorsteht, kommt es am ehesten zu einer verformungsinduzierten Umwandlung <strong>von</strong> Austenit<br />
zu Martensit.<br />
Als numerische Beispiele wird im Folgenden die mikrostrukturelle Entwicklung für reine<br />
Scherung, ebene Normaldehnung und kombinierte Last betrachtet.<br />
In Abb. 3.9 ist die Evolution der Volumenanteile des Austenit- und der verschiedenen Martensitanteile<br />
für reine Scherung dargestellt. Hierbei wird <strong>von</strong> einem Experiment bei Martensitstarttemperatur<br />
ausgegangen, für welche die chemischen Energien <strong>von</strong> Austenit und<br />
Martensit gleich groß sind. Die <strong>von</strong> den verschiedenen Grenzen vorhergesagten Volumenanteile<br />
sind, wie den Diagrammen zu entnehmen ist, sehr ähnlich. Für beide Grenzen ergibt<br />
sich eine zweistufige Transformation: zunächst transformiert der Austenit im Bereich <strong>von</strong> 0<br />
bis ungefähr 1,2% Last vollständig zu Martensit; im zweiten Schritt findet dann eine Umformung<br />
zwischen den unterschiedlichen Varianten des Martensits statt, bis schließlich bei<br />
ca. 5,7% Last nur noch eine einzige Martensitvariante aktiv ist.<br />
In den <strong>von</strong> der Laminatgrenze vorhergesagten Volumenanteilen der Martensitvarianten 3<br />
bis 6 zeigen sich Oszillationen <strong>von</strong> bis zu 4 Prozent. Diese liegen darin begründet, dass<br />
die entsprechenden Varianten für die vorgegebene Last energetisch nahezu äquivalent sind.<br />
Den Volumenanteil einer Variante zugunsten einer anderen zu erhöhen ändert den Wert der<br />
Energiedichte also nicht. Aufgrund der in Kapitel 3.3.2 bereits erläuterten Welligkeit der<br />
Laminatgrenze, die im Wechsel der energieoptimalen Permutationen begründet ist, ist eine<br />
genauere Optimierung dieser Grenze bezüglich der Volumenfraktionen nicht möglich.<br />
Die Berücksichtigung eines Dissipationsansatzes würde die Oszillationen der Volumenanteile<br />
„herausdämpfen“; allerdings ist das Hauptaugenmerk dieses Kapitels der Vergleich der<br />
mathematischen Eigenschaften der verschiedenen Grenzen, die ohne Berücksichtigung dissipativer<br />
Effekte deutlicher zum Vorschein kommen.<br />
Um die Unterschiede in der Energie besonders für niedrige Lastfaktoren aufzuzeigen, ist<br />
in Abb. 3.10 die Quadratwurzel der <strong>von</strong> beiden Grenzen ermittelten Energiedichten dargestellt.<br />
Zusätzlich ist auch die unrelaxierte Energiedichte in der Graphik verzeichnet, um zu<br />
verdeutlichen, wie viel Energie das Material durch Ausbildung <strong>von</strong> Mikrostrukturen einspart.<br />
Die Ergebnisse für beide Grenzen der quasikonvexen Energie unterscheiden sich geringfügig<br />
im Bereich kleiner vorgegebener Dehnungen; für Lastfaktoren oberhalb <strong>von</strong> 1,3% bleibt<br />
die Differenz stets unter 1,5%.<br />
Aus diesem Grund zeigt Abb. 3.11 den Bereich geringer Last in Vergrößerung. In dieser<br />
Graphik ist zusätzlich ein Vergleich der Werte beider Grenzen dargestellt, wenn diese mit<br />
den energieminimierenden Volumenfraktionen der jeweils anderen Abschätzung berechnet<br />
werden.<br />
Vergleicht man die Energiedichte nach der Laminatgrenze und diejenige nach der Reußgrenze<br />
mit den aus der Laminatgrenze berechneten energieminimierenden Volumenanteilen<br />
(also die dicke mit der dünnen gestrichelten Linie), stellt man fest, dass die Reußgrenze den<br />
Wert der Laminatgrenze annähernd bestätigt. Die Minimierung letzterer führt demzufolge in<br />
einen Bereich, in dem die tatsächliche Energie recht genau <strong>von</strong> oben und unten eingegrenzt<br />
werden kann.