HandbucH Littering - Littering Toolbox
HandbucH Littering - Littering Toolbox
HandbucH Littering - Littering Toolbox
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
16<br />
3.2. <strong>Littering</strong> ist logisch<br />
<strong>Littering</strong> ist eine Form der ‚tragedy of the<br />
commons’, der Tragödie des Gemeindeguts. Denn plakativ<br />
gesagt hat das Liegenlassen des eigenen Abfalls<br />
für den Einzelnen nur Vorteile - das lästige Zusammensammeln<br />
oder Herumtragen fällt weg und man begegnet<br />
dem zurückgelassenen Abfall nicht mehr, weil man<br />
den Standort verlässt. Die Nachteile hingegen trägt die<br />
Gesellschaft, die sich über die Verschmutzung ärgert<br />
und die erhöhten Reinigungskosten zu tragen hat. Der<br />
Schaden wird auf die Allgemeinheit abgewälzt. Wer seine<br />
Abfälle hingegen korrekt entsorgt, verliert, denn er<br />
trägt dafür den Aufwand, ohne dass dies eine spürbare<br />
Auswirkung auf die allgemeine <strong>Littering</strong>situation hat.<br />
Der öffentliche Effekt des eigenen korrekten Verhaltens<br />
ist zu geringfügig und bleibt unsichtbar.<br />
Das Gemeindegut ‚öffentlicher Raum’ wird folglich<br />
übernutzt - sprich verschmutzt - obwohl dies eigentlich<br />
niemand will. Denn <strong>Littering</strong> ist ein logisches Verhalten<br />
des Einzelnen, vergleichbar mit der Problematik unseres<br />
Mobilitätsverhaltens: Jeder der Auto fährt, weiss, dass<br />
er dadurch die Luft verschmutzt. Dennoch tut er es, da<br />
es ihm einen direkten Nutzen bringt und der persönliche<br />
Schaden durch die Luftverschmutzung verschwindend<br />
gering ist, da er sich auf alle verteilt.<br />
3.3. Schwache Werte gegen <strong>Littering</strong>?<br />
Bei Bevölkerungsbefragungen zu den Beweggründen<br />
für <strong>Littering</strong> werden am häufigsten Faulheit<br />
[4, 5, 11,<br />
und Bequemlichkeit als Hauptursachen genannt<br />
21, 28, 29]<br />
. Bei genauerer Betrachtung dieser Begründung<br />
rückt allerdings die Wertediskussion in den Vordergrund.<br />
Dinge, die einen Wert haben, werden nicht zurückgelassen<br />
und Orte, zu denen eine persönliche Verbindung besteht,<br />
werden weniger verschmutzt.<br />
Als weitere Gründe werden auch Gleichgültigkeit<br />
und schlechte Erziehung erachtet [4, 5, 11, 17, 21, 29] . Bedeutet<br />
dies, dass unsere Gesellschaft und insbesondere die Jugendlichen<br />
an einem Wertemangel leiden?<br />
Ganz im Gegenteil. Ähnliche Studien zeigen, dass<br />
auf dem Boden liegende Abfälle höchst störend sind<br />
und <strong>Littering</strong> als unangemessenes Fehlverhalten gewertet<br />
wird [4, 5, 30-32] . Befragungen bei Jugendlichen haben<br />
zudem gezeigt, dass sich diese nicht nur selbst an<br />
Litter stören, sondern ihnen auch bewusst ist, dass er<br />
die anderen Jugendlichen und die Erwachsenen stört [30] .<br />
Auch bei Gesprächen mit auffälligen Gruppen wie beispielsweise<br />
Punks wird klar, dass ihnen die Sauberkeit im<br />
öffentlichen Raum keineswegs immer gleichgültig ist [33] .<br />
Auch sie möchten in einer angenehmen Umgebung leben,<br />
ohne schlechte Gerüche durch wildes Urinieren<br />
und ohne Abfälle an ihren Treffpunkten. Im Gespräch<br />
mit einem Polizisten hat ein Luzerner Punk auch schon<br />
mal seinem Ärger Luft gemacht und sich für das härtere<br />
Durchgreifen bei den Abfallsündern ausgesprochen.<br />
Diese und andere Erfahrungen zeigen, dass in unserer<br />
Gesellschaft eine breit abgestützte Norm gegen <strong>Littering</strong><br />
besteht.<br />
Die Auswirkung von Normen auf das Verhalten von<br />
Einzelnen hängt davon ab, ob diese die der Norm zugrunde<br />
liegenden Werte vertreten und ob von den Mitmenschen<br />
eine soziale Kontrolle ausgeht, die das Fehlverhalten<br />
bestraft. Bei der Zusammenarbeit mit Kindern<br />
und Jugendlichen sticht immer hervor, wie interessiert<br />
und sensibel diese auf Umweltthemen reagieren und<br />
sich für ein Engagement motivieren lassen [34, 35] (siehe<br />
Box Seite 68 und 70). Auch Studien heben die positiven<br />
Werte Jugendlicher gegenüber Mit- und Umwelt hervor.<br />
Die Jugendlichen sehen sich selbst zu grossen Teilen als<br />
sozial und umweltbewusst und sind positiv gegenüber<br />
ihrer Mit- und Umwelt eingestellt [21] . Dies zeigt, dass<br />
beim grössten Teil der Bevölkerung durchaus Werte ge-<br />
Abb. 9<br />
Bewusstes <strong>Littering</strong>.<br />
Bild: Domenico Sposato, Anti-<strong>Littering</strong>-Kampagne „LitterIch?“, Programm<br />
Mensch, Gesellschaft und Umwelt (MGU) Universität Basel