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Wladimir Kaminer Russendisko

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Abend lachten wir über seine Intoleranz.<br />

Meine Freunde Sergej und Irina, ein Künstlerehepaar,<br />

verkauften erfolgreich einige Bilder, und ich kam in einem<br />

Theater unter Vertrag: Zum ersten Mal hatten wir etwas Geld<br />

übrig. Das wollten wir für einen guten Zweck verwenden und<br />

ein paar Tage wegfahren. Nach Amsterdam, wenn das ginge,<br />

oder mindestens nach Düsseldorf, wo ein Freund von uns seit<br />

mehreren Jahren in der Klapsmühle saß. Sergej und Irina hatten<br />

zwei Kinder, Sascha war damals sechs und Nicole drei. Wir<br />

kamen auf die Idee, Ilona für drei Tage als Babysitterin<br />

anzuheuern und riefen bei dem reichen Russen an, wo sie<br />

jobbte. Er hatte nichts dagegen und sie auch nicht. Wir gaben<br />

ihr etwas Geld und fuhren los. Die Reise verlief zunächst völlig<br />

problemlos, und unserem Freund in Düsseldorf ging es<br />

inzwischen auch schon viel besser. Er wurde nicht mehr von<br />

Hitlers Kindern verfolgt, und wir nahmen ihn mit nach<br />

Amsterdam. Sergej rief unterwegs mehrmals zu Hause an:<br />

Niemand meldete sich. Meine Vermutung, dass Ilona gerade<br />

mit den Kindern draußen sei, beruhigte die jungen Eltern nicht.<br />

Wir fuhren schleunigst zurück. Zu Hause fanden wir eine<br />

aufgeräumte Wohnung und lebendige, fröhliche Kinder, nur<br />

Ilona war nirgends zu finden. Sergej stellte fest, dass Ilona mit<br />

den Kindern das Bett geteilt hatte, obwohl in den anderen<br />

Zimmern noch zwei große Sofas standen. »Warum denn das?«,<br />

fragten wir Sascha. »Wir hatten Besuch!«, erklärte er stolz.<br />

Gleich nachdem wir weg gewesen waren, erzählten die Kinder,<br />

waren zehn Männer in zwei Bussen gekommen, alles Freunde<br />

von Ilona. Diese wollte ihre Bekannten überraschen und<br />

versteckte sich hinter der Gardine. Aber Sascha half den<br />

Männern, sie zu finden. Die Gäste trugen schwere Kisten in die<br />

Wohnung. Darin befanden sich Spezialwerkzeuge. Mit denen<br />

nahmen sie Ilona auseinander und holten dann eine tote weiße<br />

Maus aus ihrem Kopf. Danach setzten sie Ilona wieder<br />

zusammen, aßen in der Küche und fuhren wieder weg. Das<br />

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