17.11.2012 Aufrufe

Wladimir Kaminer Russendisko

Wladimir Kaminer Russendisko

Wladimir Kaminer Russendisko

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Der türkische Kater<br />

Unser türkischer Kater verschwand eines Tages genauso<br />

plötzlich, wie er vor sieben Jahren bei uns im Weddinger<br />

Hinterhof aufgetaucht war. Damals entdeckte ihn meine Frau<br />

auf unserer Treppe. Zwei Tage saß er im Treppenhaus und<br />

bewegte sich nicht von der Stelle. Er war groß und schwarz,<br />

mit zwei weißen Pfoten. Wir adoptierten ihn sofort und gaben<br />

ihm den Namen Masja. Masja verschmähte jegliche<br />

Katzennahrung. Er nahm nur türkische Produkte wie Kebab<br />

und Fladenbrot zu sich. Daraus schlössen wir, dass er aus einer<br />

türkischen Familie stammte. Alle Versuche, den Kater in<br />

unsere Gesellschaft zu integrieren, scheiterten. Anstatt die<br />

Gemütlichkeit in der Wohnung zu heben, sorgte er ständig für<br />

Stress und hinterließ überall Chaos. Masja benahm sich wie ein<br />

echter Macho - er kam und ging, wann es ihm passte, ließ sich<br />

so gut wie nie streicheln und rannte durch die Wohnung wie<br />

ein Besessener. Jedes Mal, wenn er die Tür nicht erwischte und<br />

gegen die Wand donnerte, tat er so, als hätte er genau das<br />

gewollt. Freitags kackte er immer in die Badewanne. Er hatte<br />

unsere Badewanne zu seiner Moschee gemacht.<br />

Auf dem Hof geriet Masja in eine komplizierte Situation. Er<br />

begann eine Affäre mit einer älteren Katze, die seine Mutter<br />

hätte sein können. Sie wurde schwanger und bekam fünf<br />

Babys. Mit einem bändelte dann Masja an. Die junge Katze<br />

war ihm Geliebte, Schwester und Tochter in einem. Sie wuchs<br />

heran, und bald sollte der Tag kommen, da sie auch noch<br />

Mutter wurde. Um eine weitere Eskalation des Inzests in<br />

unserem Hof zu verhindern, beschloss ich, Masja kastrieren zu<br />

lassen. Er ahnte meine Absicht und versteckte sich. Am Freitag<br />

warteten wir auf ihn in seiner Moschee im Badezimmer. Als er<br />

dort wie immer pünktlich erschien, packte ich ihn in die große<br />

77

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!