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Wladimir Kaminer Russendisko

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»Nüsse aus aller Welt und deutsche Pilze aus Sachsen«. Beide<br />

Frauen, die zusammen ein Kind großzogen, fanden Sascha sehr<br />

sympathisch und stellten ihn sofort als Verkäufer ein. Nahtlos<br />

wechselte er von der Umzugsbranche in die Nussbranche.<br />

Anfänglich war ihm das Geschäft etwas unheimlich. Die eine<br />

Frau, Melina, war Griechin und für die Nüsse aus aller Welt<br />

zuständig, während die andere Frau, Sabine aus Sachsen, die<br />

Pilze auftrieb. Sie wurden aus ihrer Heimat mit dem Auto<br />

herangeschafft. Woher die Nüsse aus aller Welt kamen, war<br />

Betriebsgeheimnis. Sie befanden sich in großen Säcken und<br />

mussten im Lager aussortiert werden. Dafür hatten die beiden<br />

Frauen mehrere Mitglieder der sibirischen Rockband »Papa<br />

Karlo« angestellt. Um die Nüsse erfolgreich verkaufen zu<br />

können, musste Sascha die gesamte Nussgeographie auswendig<br />

lernen. Die wissbegierigen Kunden am Winterfeldplatz wollen<br />

alles ganz genau wissen. »Woher kommen diese Walnüsse?«,<br />

fragte einer. »Aus Frankreich«, antwortete Sascha. »Und die<br />

Macadamian?« »Aus Kalifornien.« »Und die Paranüsse?« »Ein<br />

Sonderangebot aus Pakistan.« »Und woher kommen Sie?« »Ich<br />

komme aus der Südukraine«, sagte der ehrliche Sascha.»Aha!«,<br />

staunte der Kunde und versuchte einen Zusammenhang<br />

zwischen der Ware und dem Verkäufer herzustellen. Doch<br />

daran scheiterte seine Fantasie. Ein anderer fand all das echt<br />

Multikulti und erwarb gleich ein ganzes Kilo Kürbiskerne.<br />

Zuerst durfte Sascha nicht mehr als zwei Tage in der Woche<br />

am Stand arbeiten, doch jetzt bekommen die Frauen ein<br />

zweites Kind, und während ihres Mutterschaftsurlaubs kann er<br />

den Geschäftsführer spielen.<br />

Eine ungewöhnliche Karriere für einen Slawisten in Berlin.<br />

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