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Das Magazin für Funk Elektronik · Computer

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Rundfunk aus Nordzypern<br />

Radio Bayrak<br />

Am 25. Dezember 1963 war die Stimme der<br />

türkischen Minderheit Zyperns zum ersten<br />

Mal über den Rundfunk zu hören. In den<br />

ersten Tagen wurde immer nur ein einziges<br />

Wort wiederholt: „Bayrak! Bayrak! Bayrak!“.<br />

Dieses Wort bedeutet „Flagge“ oder<br />

„Banner“. Kurz zuvor waren schwere Unruhen<br />

zwischen griechischen und türkischen<br />

Bewohnern der Insel ausgebrochen,<br />

die in der Hauptstadt zu einem Massaker<br />

unter der türkischen Bevölkerung geführt<br />

hatten. Der Geheimsender war ein Versuch<br />

der bedrängten Türken, „ihre Fahne hochzuhalten“.<br />

Um nicht der von den Griechen dominierten<br />

Staatsmacht in die Hände zu fallen,<br />

mußte der Sender mehrfach den Standort<br />

wechseln. Zu Anfang war er in einer Garage<br />

im Nordteil der Hauptstadt Nikosia<br />

(heute Levkosa) untergebracht. Betrieben<br />

wurde er mit Autobatterien. Heute steht er<br />

als Ausstellungsstück im Foyer des neuen<br />

Sendezentrums von Radio Bayrak.<br />

An die Zeit der Untergrundtätigkeit erinnert<br />

sonst nur noch wenig. Aus dem Sprachrohr<br />

der türkischen Untergrundbewegung TMT,<br />

die auch vor terroristischen Aktivitäten<br />

nicht zurückschreckte, ist ein Staatssender<br />

geworden. Seit der türkischen Intervention<br />

1974 kann die Station legal senden. Die<br />

Sendeanlagen der Cyprus Broadcasting<br />

Corporation in den besetzten Gebieten wurden<br />

an Radio Bayrak übergeben. Damit<br />

war erstmals eine flächendeckende Versorgung<br />

möglich. Neben dem rein türkischen<br />

Programm wurde ein zweites eingeführt,<br />

zunächst in drei Sprachen: Türkisch,<br />

Griechisch und Englisch. Auch ein eigenes<br />

Fernsehen bekamen die zypriotischen<br />

Türken.<br />

Nach der Ausrufung der „Türkischen Republik<br />

Nordzypern“ am 15. November 1983<br />

wurde Radio Bayrak zum Sprachrohr der<br />

Regierung, was im Grunde nur eine Festschreibung<br />

des seit acht Jahren bestehenden<br />

Status quo war. Nach internationalem<br />

Recht ist der Betrieb des Senders immer<br />

noch illegal, da die Republik Nordzypern<br />

völkerrechtlich nicht anerkannt wird. Vor<br />

allem die Griechen im Süden der Insel<br />

betrachten die Station noch immer als<br />

Piratensender.<br />

Vor zwei Jahren ist Radio Bayrak in ein<br />

neues Gebäude am Nordrand der Stadt<br />

umgezogen. Die Fassade sieht zwar imposant<br />

aus, der hintere Teil des Gebäudes<br />

befindet sich jedoch noch im Rohbau. Inzwischen<br />

ist der Gesellschaft nämlich das<br />

Geld ausgegangen.<br />

■ Die Programme<br />

<strong>Das</strong> erste Programm von Radio Bayrak, in<br />

türkischer Sprache, wird über einen 100kW-Mittelwellensender<br />

auf 1098 kHz ausgestrahlt.<br />

Die Sendungen sind bei guten<br />

Bedingungen im gesamten östlichen Mittelmeerraum,<br />

seltener sogar in Deutschland<br />

zu hören.<br />

Interessanter <strong>für</strong> uns ist das zweite Programm.<br />

Die tägliche Sendezeit beträgt siebzehneinhalb<br />

Stunden, sofern die häufigen<br />

Stromausfälle es zulassen: von 0630 bis<br />

2400 Uhr Ortszeit (= UTC + 2, im Sommer<br />

UTC + 3). Sendesprache ist Englisch, abgesehen<br />

von kurzen Blöcken in Griechisch<br />

und Arabisch. Sendungen in Deutsch gibt<br />

es bei Radio Bayrak zur Zeit nicht.<br />

<strong>Das</strong> zweite Programm wird ebenfalls auf<br />

Mittelwelle übertragen, allerdings mit wesentlich<br />

geringerer Leistung – 10 kW auf<br />

1494 kHz. Neben zwei UKW-Frequenzen<br />

steht auf der Frequenzliste auch ein Kurzwellensender.<br />

Dieser war allerdings längere<br />

Zeit außer Betrieb. Nach Aussage des<br />

Leiters des englischen Programms, Haluk<br />

Aygin, soll er demnächst wieder in Betrieb<br />

gehen. Zunächst soll die Leistung wie früher<br />

7,5 kW betragen, im Laufe des Jahres<br />

Die Sendestation<br />

Yeni Iskele<br />

Fotos: H. Weber<br />

<strong>Das</strong> neue <strong>Funk</strong>haus<br />

von Radio Bayrak<br />

BC-DX<br />

soll sie auf 15 kW erhöht werden. Wegen<br />

der ungünstigen Frequenz 6150 kHz (im<br />

überfüllten 49-m-Band direkt neben Radio<br />

Österreich International) wird Radio Bayrak<br />

wohl eine Rarität <strong>für</strong> QSL-Sammler<br />

bleiben.<br />

Zu erwähnen bleibt noch das dritte Programm,<br />

das im Mai 1992 unter dem Namen<br />

Radyo 3 zu senden begann. „Bayrak<br />

FM“, wie es sich seit dem letzten Sommer<br />

nennt, ist ein reiner Musiksender nach<br />

dem Vorbild westlicher kommerzieller<br />

Programme und wird quasi vollautomatisch<br />

betrieben. Es wird ausschließlich<br />

auf UKW ausgestrahlt. Der Vollständigkeit<br />

halber die Frequenzen: 92,0 und 98,1<br />

MHz.<br />

Der Direktor der Gesellschaft, Muammer<br />

Yagcioglu, der seit gut einem Jahr im<br />

Amt ist, hat wesentliche Neuerungen angekündigt<br />

– er will auch die Einführung<br />

weiterer fremdsprachiger Sendungen vorantreiben.<br />

Auf einer Pressekonferenz im<br />

Oktober vergangenen Jahres erklärte er,<br />

daß bereits Bestrebungen existieren, qualifiziertes<br />

Personal da<strong>für</strong> zu finden und zu<br />

trainieren. Wir können damit rechnen, daß<br />

dann auch Deutsch zu den Programmsprachen<br />

gehören wird, schon wegen der<br />

Touristen.<br />

■ Die Sendestation<br />

Die Mittel- und Kurzwellensender von Radio<br />

Bayrak befinden sich in Yeni Iskele.<br />

<strong>Das</strong> liegt an der Ostküste der Insel, etwa<br />

20 km nördlich von Famagusta (Koordinaten:<br />

35°17 Nord, 33°55 Ost). <strong>Das</strong> Gelände<br />

wird von bewaffneten Werkschutzleuten<br />

bewacht. Eine Besichtigung wurde<br />

uns verwehrt. So blieb nur die Möglichkeit,<br />

aus gebührender Entfernung einige Aufnahmen<br />

mit dem Teleobjektiv zu machen.<br />

Falls Radio Bayrak demnächst bei uns zu<br />

hören sein sollte, ist bei Empfangsberichten<br />

darauf zu achten, daß die Post nur über die<br />

Türkei in Nordzypern ankommt.<br />

Die Adresse der Station lautet: Radio Bayrak,<br />

Dr. Fazil Küçük-Bulvari, Levkosa, via<br />

Mersin 10, Turkey.<br />

FA 6/95 • 591

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