BK-Heft 2/2012 - Baukammer Berlin
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Bau 2-12 Umbruch 3 20.06.<strong>2012</strong> 14:45 Uhr Seite 13<br />
de, eine Institution von nationaler und<br />
internationaler Bedeutung zu installieren,<br />
das haben zum Beispiel die Franzosen<br />
bei der Umwidmung des Trocadero in<br />
Paris zum Nationalmuseum für Architektur<br />
demonstriert.<br />
Für den Flughafen Tempelhof hätte<br />
durchaus auch die Einrichtung des<br />
Museums der außereuropäischen Kulturen<br />
zur Wahl gestanden, das sich mit<br />
dem einstigen Ankunftsort internationaler<br />
Fluglinien auf sinnstiftende Weise hätte<br />
verknüpfen lassen. Stattdessen zieht<br />
Die Zukunft beginnt in einem schmucklosen<br />
Bürogebäude am Rande des Flughafens<br />
Tegel. Hier arbeitet Hardy Rudolf<br />
Schmitz mit einigen wenigen Mitarbeitern<br />
seiner Tegel Projekt GmbH an der<br />
Vision, das Gelände des heutigen Flughafens<br />
Tegel zu einem innovativen Forschungs-<br />
und Industriepark von weltweiter<br />
Ausstrahlung zu entwickeln. Wo heute<br />
noch Flugzeuge starten und landen,<br />
sollen in Zukunft Jungunternehmer an<br />
umweltfreundlichen Produkten tüfteln<br />
und Weltkonzerne zahlreiche Arbeitskräfte<br />
beschäftigen.<br />
Dass die Tage Tegels als Flughafen<br />
gezählt sind, steht schon lange fest.<br />
Denn als die zuständigen Politiker im<br />
Jahr 1996 Schönefeld zum Standort des<br />
neuen <strong>Berlin</strong>er Grossflughafens<br />
bestimmten, legten sie fest, dass die beiden<br />
Flughäfen Tempelhof und Tegel<br />
geschlossen werden. In Tempelhof wurde<br />
der Flugbetrieb bereits 2008 eingestellt;<br />
mit der Eröffnung des neuen Flughafens<br />
Willy Brandt, welche die Flughafengesellschaft<br />
eben kurzfristig vom<br />
ursprünglich geplanten Termin Anfang<br />
Juni auf März 2013 verschieben musste,<br />
wird bald auch über Tegel Ruhe einkehren.<br />
Wechselnde Ideen<br />
Dazu, wie das Areal im Nordwesten <strong>Berlin</strong>s<br />
künftig genutzt werden soll, gab es<br />
im Lauf der Zeit zahlreiche Ideen. Bald<br />
war die Rede von einem Wohngebiet mit<br />
4000 neuen Wohnungen, bald sollte das<br />
Terminal zu einer Firmenzentrale oder<br />
dieses Institut jetzt mit überfrachteter<br />
Symbolik in das ehemalige Schloß und<br />
entzieht dem Bibliotheksprojekt an diesem<br />
tatsächlich zentralen Ort die Entfaltungsmöglichkeiten.<br />
Mehr und mehr scheint sich in der <strong>Berlin</strong>er<br />
Öffentlichkeit die Einsicht durchzusetzen,<br />
daß nicht nur die neue Zentralbibliothek,<br />
sondern Tempelhof insgesamt,<br />
der ebenfalls vor der Stillegung stehende<br />
Flughafen Tegel und erst recht das riesige<br />
leere Marx-Engels-Forum zwischen<br />
Rotem Rathaus und Marienkirche (um<br />
Metamorphose eines Flughafens<br />
einem Freizeitzentrum umgebaut werden.<br />
Der bekannte Architekt Meinhard<br />
von Gerkan wiederum, der das in den frühen<br />
siebziger Jahren errichtete Flughafengebäude<br />
geplant hatte, propagierte<br />
die Idee einer ökologisch vorbildlichen<br />
Energie-Plus-Stadt. Letztlich aber entschied<br />
sich der <strong>Berlin</strong>er Senat 2009<br />
dafür, in Tegel einen «Forschungs- und<br />
Industriepark Zukunftstechnologien» zu<br />
schaffen.<br />
«<strong>Berlin</strong>», konstatierte die damalige<br />
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg<br />
Junge-Reyer, «gewinnt durch die<br />
Schliessung des Flughafens Tegel eine<br />
hochattraktive Fläche zurück.» Tatsächlich<br />
ist die Verlegung eines Flughafens<br />
eine seltene stadtplanerische Chance.<br />
München nutzte sie, um nach dem 1992<br />
erfolgten Umzug seines Flughafens am<br />
alten Standort Riem einen Messekomplex<br />
zu errichten. Und die Region Zürich<br />
diskutiert darüber, wie es nach dem bis<br />
2014 gesicherten Flugbetrieb mit dem<br />
traditionsreichen Flugplatz Dübendorf<br />
weitergehen soll - auch dort ist ein Innovationspark<br />
im Gespräch.<br />
Doch während in diesen Städten innerstädtische<br />
Grundstücke knapp sind, hat<br />
<strong>Berlin</strong> ein ganz anderes Problem: Die<br />
deutsche Hauptstadt hat schlicht zu viele<br />
Areale, die ihrer Entwicklung harren.<br />
Allein der ehemalige Flughafen Tempelhof<br />
umfasst eine Fläche von 3,6 Quadratkilometern,<br />
die zwar grösstenteils als<br />
Park dienen, in den Randbereichen aber<br />
ebenfalls bebaut werden sollen. Innovative<br />
Firmen können sich auch im nördli-<br />
Baugeschehen / Stadtentwicklung<br />
nur drei Beispiele zu nennen) vor kleinkarierten<br />
Stückwerkslösungen bewahrt<br />
werden müssen, wie sie sich in Tempelhof<br />
zu etablieren drohen. Genau das ist<br />
die Debatte, die <strong>Berlin</strong> jetzt führen muß.<br />
Hier steht Deutschlands Hauptstadt,<br />
steht die Mittelmacht Europas nicht in<br />
Konkurrenz zu Stuttgart, sondern zu<br />
Shanghai oder Paris. Kiez oder Weltstadt<br />
- das ist die Debatte, um die <strong>Berlin</strong> nicht<br />
herumkommt. Sie kann nicht auf dem<br />
Niveau des kleinsten gemeinsamen Nenners<br />
ausgefochten werden.<br />
Der <strong>Berlin</strong>er Flughafen Tegel soll nach seiner Schliessung zu einem Zentrum urbaner Technologien werden<br />
<strong>Berlin</strong>s Flughafenplanung sorgt für Turbulenzen.<br />
Doch auch wenn die Eröffnung des neuen Grossflughafens auf März 2013 verschoben wurde, sind die Tage des Airports Tegel<br />
gezählt. Ein Gelände von fast fünf Quadratkilometern sucht eine neue Bestimmung.<br />
Christian Hunziker, <strong>Berlin</strong><br />
chen Stadtteil Buch oder in der neuen<br />
Europacity neben dem Hauptbahnhof<br />
ansiedeln. Unternehmen hauptsächlich<br />
aus der Solarenergiebranche will der<br />
Clean Tech Business Park in Marzahn<br />
gewinnen, und im Südosten der Stadt<br />
hat sich der Wissenschafts- und Technologiepark<br />
Adlershof etabliert.<br />
Lösungen für die Grossstadt<br />
Um sich davon abzugrenzen, soll sich<br />
Tegel als Standort urbaner Technologien<br />
profilieren. Darunter verstehen die Fachleute<br />
alle Bereiche, die mit dem Leben in<br />
der Stadt zu tun haben: umweltfreundliche<br />
Mobilität, innovative Versorgungsund<br />
Entsorgungskonzepte sowie energetische<br />
Gebäudesanierung, aber auch<br />
Unterstützung älterer Menschen durch<br />
technische Assistenzsysteme. <strong>Berlin</strong> sei<br />
als Grossstadt ideal geeignet, solche<br />
innovativen Lösungen in die Praxis<br />
umzusetzen, sagt der Grundstücksentwickler<br />
Schmitz.<br />
Nur: Wollen diese Firmen tatsächlich<br />
nach <strong>Berlin</strong>? Dass Siemens sein neues<br />
Stadtentwicklungszentrum, das sich<br />
genau mit diesen Fragen befasst, nicht<br />
etwa in <strong>Berlin</strong>, sondern in London ansiedelt,<br />
gilt manchen Beobachtern als<br />
schlechtes Omen. Andere bezweifeln,<br />
dass <strong>Berlin</strong> überhaupt noch eine Chance<br />
als Industriestadt habe. Denn nach der<br />
Wende gingen in der einstigen Industriemetropole<br />
Hunderttausende von Fabrikarbeitsplätzen<br />
verloren. In der Folge konzentrierte<br />
sich der Senat auf Tourismus<br />
und andere Dienstleistungen. Erst seit<br />
<strong>Baukammer</strong> <strong>Berlin</strong> 2/<strong>2012</strong> | 13