BK-Heft 2/2012 - Baukammer Berlin
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Bau 2-12 Umbruch 3 20.06.<strong>2012</strong> 14:46 Uhr Seite 48<br />
Denkmalschutz und -pflege<br />
zer, die auf eigene Kosten in ihren Dörfern<br />
Schulen bauten und betrieben. So<br />
z.B. in Reckahn (südlich von Brandenburg/Havel).<br />
Hier errichtete 1773 Friedrich<br />
Ebert von Rochow für 900 Taler eine<br />
Schule und stattete diese mit einem<br />
„ausgebildeten, tüchtigen Lehrer“ (3)<br />
aus. In dem noch heute existierenden<br />
Gebäude befindet sich heute ein Schulmuseum,<br />
welche eine vollständige<br />
Schuleinrichtung um 1900 sowie viele<br />
interessante Bücher und Objekte zeigt.<br />
(Tel. 033835/ 608870, schulmuseum@tonline.de)<br />
Rückblickend bemerkte Friedrich am<br />
9.10.1772: „Je älter man wird, desto<br />
mehr wird man inne, wie sehr die Ver-<br />
Noch stehen sie und beleuchten Nacht<br />
für Nacht weite Teile des <strong>Berlin</strong>er Stadtgebietes<br />
mit ihrem klaren und natürlichen<br />
Licht: Die ca. 43.500 gasbetriebenen<br />
Straßenlaternen in ihren vier charakteristischen<br />
Grundtypen und zahlreichen<br />
Sonderformen, welche authentisch die<br />
Industrie- und Stilgeschichte vom ausgehenden<br />
19. Jahrhundert über die Neue<br />
Sachlichkeit bis zur Nachkriegsmoderne<br />
verkörpern. Ihre vollständige Beseitigung<br />
ist indes beschlossene Sache. Ab Juni<br />
<strong>2012</strong> soll ungeachtet der Proteste namhafter<br />
Kultur- und Denkmalschutzorganisationen<br />
und vieler Bürgerinnen und Bürger<br />
der systematische flächendeckende<br />
Abbau starten, beginnend mit der Anfang<br />
der 1950er Jahre in <strong>Berlin</strong> entwickelten<br />
sogen. Gas-Reihenleuchte.<br />
Im Februar <strong>2012</strong> hatte sich die europäische<br />
Kulturorganisation Europa Nostra in<br />
einem Schreiben an den Regierenden<br />
Bürgermeister von <strong>Berlin</strong>, Klaus Wowereit,<br />
gewandt und unter Verweis auf die<br />
herausragende historische Bedeutung<br />
der Gas-Straßenbeleuchtung ein Abbau-<br />
Moratorium und eine öffentliche Diskussion<br />
unter Einbeziehung von Kulturfachleuten<br />
gefordert. Gerade hinsichtlich der<br />
zunächst betroffenen Gas-Reihenleuchte<br />
weist Europa Nostra darauf hin, dass<br />
dieser Leuchtentyp allein durch die Tatsache,<br />
dass noch in der Zeit nach 1945<br />
eine Neuentwicklung gasbetriebener<br />
Straßenbeleuchtung erfolgte, historisch<br />
signifikant und daher schützenswert sei.<br />
In seiner Antwort, delegiert an Stadtent-<br />
48 | <strong>Baukammer</strong> <strong>Berlin</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
nachlässigung der Jugenderziehung der<br />
bürgerlichen Gesellschaft schadet. Ich<br />
tue alles Mögliche, um diesem Übel<br />
abzuhelfen. Ich reformiere die Gymnasien,<br />
die Universitäten und selbst die<br />
Dorfschulen. Über 30 Jahre gehören<br />
dazu um Früchte zu sehen. Ich werde sie<br />
nicht genießen, aber ich werde mich darüber<br />
trösten in dem ich meinem Lande<br />
diesen bisher mangelnden Vorzug verschaffe.“<br />
(1) S.4<br />
So blieb noch fast 100 Jahre alles beim<br />
Alten. Erst nach der Reichsgründung<br />
1871 setzte mit dem Geld des gewonnenen<br />
Deutsch-Französischen Krieges und<br />
des darauf folgenden wirtschaftlichen<br />
Aufschwungs in Deutschland ein einzig-<br />
<strong>Berlin</strong>s unbequemes Denkmal:<br />
Der Abbau der Gasbeleuchtung beginnt.<br />
Dipl.-Ing. Bertold Kujath<br />
Typisch <strong>Berlin</strong>:<br />
Die Gas-Reihenleuchte, einer der vier<br />
<strong>Berlin</strong>er Grundtypen der Gasbeleuchtung,<br />
hier mit neun Glühkörpern<br />
wicklungssenator Michael Müller, sagte<br />
dieser die Erhaltung öffentlicher Gasbeleuchtung”<br />
in einer Auswahl hochkarätiger<br />
Denkmalbereiche als Teil der historischen<br />
Ausstattung des Stadtbildes” zu,<br />
wobei alle in <strong>Berlin</strong> eingesetzten Leuchtentypen<br />
berücksichtigt würden.<br />
Zwar wurde dem Landesdenkmalamt<br />
tatsächlich zugestanden, gemeinsam mit<br />
Vertretern des Fördervereins Gaslicht-<br />
Kultur eine Schutzliste zunächst für die<br />
unmittelbar betroffenen Gas-Reihenleuchten<br />
zu erarbeiten. Allerdings gab es<br />
derart restriktive zahlenmäßige Auflagen,<br />
dass eine angemessene Berücksichtigung<br />
denkmalsrelevanter Sachverhalte<br />
nicht möglich war. Selbst diese unter<br />
Auflagen entstandene Schutzliste wurde<br />
von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />
nochmals um die Hälfte reduziert.<br />
Damit sind auch die Möglichkeiten<br />
artiges Schulbauprogramm ein, dessen<br />
Ergebnis noch heute unsere Schulgebäudelandschaft<br />
prägt.<br />
Quellen:<br />
(1) Dr. Meyer, Jürgen Bona (Herausgeber):<br />
„Friedrich des Großen Pädagogische<br />
Schriften und Äußerungen…,“ Hermann<br />
Beyer und Söhne, Langensalza 1885<br />
(2) Chauber, Theobald: „Friedrich der Grosse“,<br />
Scheibles Buchhandlung, Stuttgart<br />
1834<br />
(3) M. Alert, O.-G. Beckmann, „Museumsführer<br />
Reckahn“ Schmidt-Römhild Verlagsgesellschaft<br />
mbH Brandenburg (o.J.)<br />
Internetquellen:<br />
[A] http://www.preussen-chronik.de<br />
für spätere Schutzlisten der übrigen Gasleuchtentypen<br />
von vornherein begrenzt,<br />
da es um den Erhalt zusammenhängender<br />
Beleuchtungsensembles geht. Von<br />
stadtbildprägender Wirkung der Gasbeleuchtung<br />
bliebe auf diese Weise nichts<br />
mehr übrig.<br />
Das von den Kulturverbänden geforderte<br />
Moratorium gibt es nicht. Im Gegenteil:<br />
Auf einer Pressekonferenz am 14.5.<strong>2012</strong><br />
stellte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />
konkrete Straßenlisten mit<br />
den Zeiträumen für den Gasleuchtenabbau<br />
vor. Danach soll ausgerechnet in<br />
Straßen mit der höchsten Priorität aus<br />
der ursprünglichen Schutzliste des Landesdenkmalsamtes<br />
begonnen werden,<br />
etwa am Haselhorster Damm, der kom-<br />
Neue Elektrolaterne (links) mit deutlich<br />
anderer Lichtfarbe als die Gaslaterne<br />
(rechts)