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BK-Heft 2/2012 - Baukammer Berlin

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Bau 2-12 Umbruch 3 20.06.<strong>2012</strong> 14:46 Uhr Seite 46<br />

Denkmalschutz und -pflege<br />

Friedrich II, König von Preußen und das Bildungssystem<br />

Wir begehen in diesem Jahr den 300.<br />

Geburtstag von Friedrich II König von<br />

Preußen (24.1.1712 bis 17.8.1786).<br />

Schnell waren wir uns im <strong>Baukammer</strong>ausschuss<br />

Denkmalschutz einig, dass<br />

wir anlässlich dieses Jubiläums zu ausgewählten<br />

„Friedrich Themen“ im <strong>Baukammer</strong>heft<br />

veröffentlichen wollen.<br />

Es gehört zu den allgemein bekannten<br />

Verdiensten Friedrichs, dass er das preußische<br />

Bildungssystem reformiert und<br />

hunderte von Schulen hat bauen lassen.<br />

Die sich nun anschließende Recherche<br />

gab jedoch Anlass, seine Verdienste differenziert<br />

zu betrachten.<br />

Als einer der wichtigsten Förderer des<br />

Schulwesens in deutschen Landen verordnete<br />

am 28. Oktober 1717 der preußische<br />

König Friedrich Wilhelm – also<br />

Friedrichs Vater – das „Edikt zur allgemeinen<br />

Schulpflicht“. „Wir vernehmen<br />

missfällig und wird verschiedentlich von<br />

denen Inspectoren und Predigern bey<br />

Uns geklaget, dass die Eltern, absonderlich<br />

auf dem Lande, in Schickung ihrer<br />

Kinder zur Schule sich sehr säumig erzeigen,<br />

und dadurch die arme Jugend in<br />

grosse Unwissenheit, so wohl was das<br />

lesen, schreiben und rechnen betrifft, als<br />

auch in denen zu ihrem Heyl und Seligkeit<br />

dienenden höchstnötigen Stücken auffwachsen<br />

laßen.“[A]<br />

46 | <strong>Baukammer</strong> <strong>Berlin</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Dipl.-Ing. Sven Cordewinus<br />

Zu dieser Zeit (1717) gab es in Preußen<br />

nur 320 Dorfschulen. Am Ende der<br />

Regierungszeit König Friedrich Wilhelms<br />

im Jahr 1740 war die Anzahl der Schulen<br />

bereits auf 1480 angestiegen [A]. Es ist<br />

nicht davon auszugehen, dass es sich<br />

tatsächlich um mehr als 1000 Schulneubauten<br />

handelte. Obwohl der König das<br />

Baumaterial kostenlos zur Verfügung<br />

stellte, wurden im überwiegenden Teil<br />

der Landgemeinden vorhandene Räumlichkeiten<br />

für den Schulbetrieb genutzt.<br />

Eine effiziente und ordnungsgemäße<br />

Verwaltung, Steuererhebung und Militärorganisation<br />

ist nur möglich, wenn alle<br />

Beteiligten (Bürger, Bauern und Verwaltung)<br />

lesen und schreiben können. Daher<br />

sollte jedes Kind (nicht nur Jungen sondern<br />

auch Mädchen) am Ende der Schulzeit<br />

lesen und schreiben sowie den Katechismus<br />

auswendig können. (Katechismus:<br />

Handbuch zur Unterweisung in<br />

christlichen Fragen)<br />

Zu seinem Regierungsantritt 1740 konnte<br />

Friedrich II daran anknüpfen und die<br />

Bemühungen seines Vaters fortsetzen.<br />

In einem Edikt vom 13.10.1740 erließ er:<br />

„…wie in Preußen verschiedene Leute<br />

sich in dem Sinn kommen ließen, als ob<br />

es nunmehr bei dem Kirchen-, Universitäts-<br />

und Schulwesen wieder auf den<br />

alten unordentlichen Fuß komme - alle<br />

Abb 1 „Preußischer Schulmeister“ Johann Peter Hasenclever, Öl, 1846 [A]<br />

von seines in Gott ruhenden Herrn Vaters<br />

Majestät in Schulsachen erlassenen<br />

Befehle und Reglements, daß selbige in<br />

der völligen Kraft, Autorität und Verbindlichkeit<br />

sein und bleiben sollten.“ (1) S.<br />

10.<br />

In diesem Sinne ermahnte der König am<br />

29.10.1741 seine Adligen und erinnerte<br />

sie an die „Pflicht … sich der Schulen in<br />

ihren Dörfern mit Eifer anzunehmen“ Er<br />

befahl „… daß in der Zeit von einem halben<br />

Jahr die nötigen Schulen in den adligen<br />

Dörfern gebaut sein sollten“. (1) S.9<br />

Er ordnete strenge Kontrollen durch seine<br />

Amtshauptleute an, die entsprechende<br />

Nachweise zu fordern hatten. Es half<br />

nichts. Der Befehl wurde bis auf wenige<br />

Ausnahmen einfach ignoriert. Die Schlesischen<br />

Kriege (1740 - 42, 1744/45)<br />

erforderten andere Prioritäten.<br />

Die eingerichteten Schulen waren – wir<br />

würden heute sagen – „chronisch unterfinanziert“.<br />

Für den Betrieb der Schulen<br />

waren auf den Adelsgütern die Adligen<br />

und nur auf den landeseigenen Domänengütern<br />

der Staat verantwortlich.<br />

Die Bezahlung der Schuldiener (Lehrer)<br />

war schlecht und reichte nicht zum Überleben.<br />

Die Ausübung von Nebenerwerben<br />

war überlebensnotwendig und<br />

üblich. Die Schulmeister waren oftmals<br />

gleichzeitig Küster, Schneider und/oder<br />

sie züchteten Seidenraupen oder Ziegen<br />

(im Volksmund die „Beamtenkuh“). Die<br />

Unterkunft erfolgte meistens im Schulhaus<br />

– oft in Kombination als Schul- und<br />

Bethaus mit kleinem angegliedertem<br />

Stall. Das Gemälde des Johann Peter<br />

Haase von 1846 zeigt im Stil der Romantik<br />

wie man sich den Schulbetrieb im 18.<br />

Jahrhundert vorstellen muss.<br />

Nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges<br />

(1756 – 63) widmete sich Friedrich<br />

wieder dem Schulsystem. Während des<br />

Krieges bemerkte er, dass die „sächsischen<br />

Bauern meißt gebildeter und<br />

gewandter wären als die brandenburgischen“<br />

(2) S. 497 und schrieb dies dem<br />

besseren Unterricht zu.<br />

In der Einleitung des General=Landschul=Reglement<br />

vom 12.8.1763 stellte<br />

Friedrich fest „Demnach Wir zu Unserem<br />

höchsten Missfallen selbst wahrgenommen,<br />

daß das Schulwesen und die Erziehung<br />

der Jugend auf dem Lande bisher in

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