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BK-Heft 2/2012 - Baukammer Berlin

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Bau 2-12 Umbruch 3 20.06.<strong>2012</strong> 14:46 Uhr Seite 47<br />

äußersten Verfall geraten und Insonderheit<br />

durch die Unerfahrenheit der mehresten<br />

Küster und Schulmeister die jungen<br />

Leute auf den Dörfern in Unwissenheit<br />

und Dummheit aufwachsen: so ist es<br />

unser so wohlbedachter als ernster Wille,<br />

daß das Schulwesen auf dem Lande in<br />

allen unseren Provinzen auf einen besseren<br />

Fuß als bishero gesetzet und verfasset<br />

werden soll…“ (1) S. 113<br />

Der allgemeine schlechte Bildungsstand<br />

der Schulmeister wurde zwar durch ihn in<br />

vielen seiner Schriften beklagt, gleichzeitig<br />

ist jedoch festzuhalten, dass auf<br />

Betreiben Friedrichs auch aus Kostengründen<br />

viele der Schulmeisterstellen<br />

mit ehemaligen meist invaliden Soldaten<br />

besetzt wurden. Für gut gebildete Schulmeister<br />

(Lehrer) bzw. deren Ausbildung<br />

stand nur sehr wenig Geld zur Verfügung.<br />

Auch wollte er es mit der Bildung natürlich<br />

nicht übertreiben. In einem Kabinettschreiben<br />

an den Etatsminister von<br />

Zedlitz vom 5.9.1779 formulierte er: „es<br />

ist auf dem platten Land genug, wen sie<br />

ein bisgen lesen und schreiben lernen,<br />

wissen sie aber zu viel, so laufen sie in die<br />

Städte und wollen Secretairs oder so was<br />

werden; deshalb muß man auf’m platten<br />

Lande den Unterricht so einrichten, dass<br />

sie das Nothwendige, was zu ihrem Wissen<br />

nöthig ist lernen, aber auch in der Art,<br />

dass die Leute nicht aus den Dörfern<br />

weglaufen, sondern hübsch da bleiben.“<br />

(1) S.170<br />

Uns mag heute verwundern, dass es keine<br />

konkreten Bauvorschriften für Schulgebäude<br />

gab. In einer Art Durchführungsverordnung<br />

zum General=Landschul=Reglement<br />

für die katholischen<br />

Länder fordert er „...bei der Erbauung<br />

neuer Schulhäuser soll darauf gehalten<br />

werden, daß für den Unterricht eine<br />

abgesonderte, lichte und nach der Zahl<br />

der Kinder proportionierte Schulstube<br />

vorhanden ist“ (1) S. 19.<br />

Die Realität wird wohl anders ausgesehen<br />

haben. Von den Neubauten abgesehen<br />

wurde der Schulbetrieb zu großen<br />

Teilen in vorhandenen Baulichkeiten<br />

abgehalten. Vom Grauen Kloster in <strong>Berlin</strong><br />

(eine der ältesten höheren Schulen <strong>Berlin</strong>s)<br />

ist aus dieser Zeit eine Eingabe des<br />

Direktors Büsching an den König zum<br />

Zustand der Schulräume überliefert. „Die<br />

Klassen des Gymnasiums zum grauen<br />

Kloster liegen fast sieben Fuß tief in der<br />

Erde, sind wahre Keller, dunkel und<br />

Abb 3 Schulgebäude Reckahn 1773, Foto: eigenes Archiv<br />

Denkmalschutz und -pflege<br />

Abb 2 Schul- und Bethaus Wuschewier, Foto: Ziggybln-wikilo-vesmonuments, Wikipedia<br />

wegen des vielen Selphes für die Lehrer<br />

und Schüler höchst ungesund“ (1) S. 32<br />

Auch bei den wenigen Schulneubauten<br />

auf dem Lande hat sich an der Gestaltung<br />

und Einrichtung der Gebäude kaum<br />

etwas gegenüber der Amtszeit seines<br />

Vaters geändert. Sie waren meist einfache<br />

eingeschossige Fachwerkhäuser mit<br />

Lehmausfachung und Rieddächern und<br />

bestanden üblicherweise aus einem<br />

Schul- und Betsaal, einer Lehrerwohnung<br />

und dazugehörige Stallungen für<br />

Kleintiere und Bevorratung.<br />

Errichtet wurden sie bei den in Brandenburg<br />

vorherrschenden Angerdörfern in<br />

der Regel auf dem Anger – also dem<br />

gemeindeeigenem Zentrum des Dorfes -<br />

in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kirche.<br />

Nur selten wurden Steinhäuser<br />

errichtet.<br />

Im Oderbruch östlich von <strong>Berlin</strong> wo nach<br />

der Trockenlegung 1747 bis 1763 eine<br />

Vielzahl von Gebäuden errichtet wurden<br />

gibt es in Wuschewier ein Schul- und<br />

Bethaus von 1764 welches im ursprünglichen<br />

Zustand erhalten geblieben ist.<br />

(siehe Abb. 2) Das Gebäude kann nach<br />

Voranmeldung beim Evangelischen<br />

Pfarramt Neutrebbin, Hauptstr. 77, Telefon:<br />

(033474) 3 05 für Gruppen besucht<br />

werden.<br />

Friedrich erkannte also schon frühzeitig<br />

die Notwendigkeit eines guten Bildungssystems.<br />

Es mangelte auch nicht an<br />

guten Vorsätzen und Einsichten. Leider<br />

fehlte ihm das nötige Geld seine guten<br />

Vorsätze gegen den häufigen Widerstand<br />

der adligen Grundbesitzer durchzusetzen.<br />

Es gab aber auch Grundbesit-<br />

<strong>Baukammer</strong> <strong>Berlin</strong> 2/<strong>2012</strong> | 47

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