BK-Heft 2/2012 - Baukammer Berlin
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Bau 2-12 Umbruch 3 20.06.<strong>2012</strong> 14:46 Uhr Seite 54<br />
Recht<br />
Bemessung und Konstruktion von Holzbauten),<br />
der zu erlassen war, da maßgebliche<br />
Werte zu günstig angesetzt wurden<br />
und hieraus konkrete Gefahren für Leib<br />
und Leben bei der Umsetzung der Norm<br />
drohten.<br />
Das DIN erstellte daraufhin ein „Berichtigtes<br />
Dokument“ mit Ausgabedatum<br />
2010-12, welches die bis dato vorliegenden<br />
Änderungen und Berichtigungen<br />
zusammenfasste. Seit dem ersten Quartal<br />
2011 in Teilen (bspw. Eurocode 2) als<br />
gleichwertige Lösung i.S.d. § 3 Abs. 3 S.<br />
3 BauO Bln von der Obersten Bauaufsichtsbehörde<br />
in <strong>Berlin</strong> anerkannt.<br />
Allerdings räumt auch die Senatsverwaltung<br />
für Stadtentwicklung in <strong>Berlin</strong><br />
zuletzt mit Rundschreiben VI D Nr. 39/11<br />
v. 21.03.2011 ein, dass einige nationale<br />
Anhänge (bspw. zum Eurocode 1) – erst<br />
kurz vor dem 01.07.<strong>2012</strong> Weißdruckstatus<br />
erreichen werden. Es erscheint<br />
durchaus wahrscheinlich, dass insbesondere<br />
diese „nachgeschobenen“ Normen<br />
nicht frei von Unklarheiten und Fehlern<br />
sind, mit der Folge, dass mangelhafte<br />
Normen mit Wirkung zum 01.07.<strong>2012</strong><br />
zur Technischen Baubestimmung erhoben<br />
werden.<br />
Verunsicherungen und unüberschaubare<br />
Haftungsrisiken für die Ingenieure sind<br />
die Folge.<br />
III.Umsetzung der Eurocodes in der<br />
Praxis problematisch<br />
1. Softwareprobleme<br />
Da bis zum 01.07.<strong>2012</strong> die altbekannten<br />
DIN als Technische Baubestimmungen<br />
gelten, darüber hinaus die Eurocodes<br />
vielfältigen Überarbeitungen unterlagen<br />
und auch noch liegen, haben sich beispielsweise<br />
die Softwareentwickler nur<br />
äußerst zögerlich der Umsetzung der<br />
Eurocodepakete angenommen. Bei<br />
Ingenieuren bekannte und bewährte Statiksoftware<br />
wird erst seit kurzem mit<br />
Hochdruck angepasst. Die zwingende<br />
Folge des Zeitdrucks sind auch hier Programmierfehler<br />
und Updates.<br />
ithin ist nicht ausgeschlossen, dass zum<br />
01.07.<strong>2012</strong> dem Ingenieur nur solche<br />
Statiksoftware zur Verfügung steht, die<br />
im Hinblick auf die Umsetzung der Eurocodepakete<br />
als mangelhaft bezeichnet<br />
werden muss. Fehlerhafte Anwendungen<br />
der Eurocodepakete bzw. Berechnungsfehler<br />
sind nicht ausgeschlossen.<br />
2. Unzureichende Vorbereitung der<br />
Ingenieure<br />
Die Einführung jeder neuen Norm stellt<br />
54 | <strong>Baukammer</strong> <strong>Berlin</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
den Ingenieur jeweils neu vor die Herausforderung,<br />
die neue Norm in seinen Planungen<br />
korrekt umzusetzen. Je umfangreicher<br />
die Änderungen sind, desto<br />
schwieriger wird diese Aufgabe selbstverständlich<br />
für den Ingenieur.<br />
Gerade kleineren Ingenieurbüros mit ein<br />
oder zwei Ingenieuren fehlt oft das Geld<br />
für kostenintensive Schulungsmaßnahmen.<br />
Auch verfügen solche Büros oft<br />
nicht über die notwendige Zeit, sich mit<br />
der gebotenen Sorgfalt in die neuen Normierungen<br />
einzuarbeiten. Ihnen steht<br />
nicht die Möglichkeit zum notwendigen<br />
Erfahrungsaustausch offen.<br />
Hinzu tritt das Problem, dass auch Fachkommentierung<br />
zur den Eurocodepaketen<br />
noch nicht vorliegt, die dem Ingenieur<br />
eine wichtige Hilfestellung bei der Auslegung<br />
einzelner Normen sein kann.<br />
Die Ingenieure werden somit gerade in<br />
der Anfangsphase ab dem 01.07.<strong>2012</strong><br />
regelmäßig auf sich alleine gestellt sein,<br />
wenn es um die richtige Anwendung der<br />
Eurocodepakete 0-5, 7 und 9 geht. Planungsfehler<br />
und Haftungsrisiken in<br />
erheblichem Umfange sind die Folge.<br />
IV. Lösungsansätze<br />
1. Verschiebung der Einführung der<br />
Eurocodes als Technische<br />
Baubestimmung<br />
Es könnte darüber nachgedacht werden,<br />
den Termin zur Einführung der Eurocodepakte<br />
0-5, 7 und 9 auf einen späteren<br />
Zeitpunkt zu verlegen, beispielsweise<br />
den 01.07.2013. Bis zum 01.07.2013<br />
könnten die bereits im Weißdruck vorliegenden<br />
Codepakete – wie bisher auch –<br />
als gleichwertige Lösung i.S.d. § 3 Abs. 3<br />
S. 3 BauO Bln neben den bekannten und<br />
bewährten DIN angewandt werden.<br />
2. Befristete Möglichkeit der<br />
Anwendung der bekannten DIN als<br />
gleichwertige Lösung<br />
Alternativ zur Verschiebung des Starttermins<br />
könnte – spiegelbildlich zum Rundschreiben<br />
VI D Nr. 39/11 v. 21.03.2011<br />
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />
<strong>Berlin</strong> - darüber nachgedacht werden,<br />
trotz Erhebung der Eurocodes 0-5,<br />
7 und 9 zur Technischen Baubestimmung<br />
mit Wirkung zum 01.07.<strong>2012</strong>, die<br />
bis zum 30.06.<strong>2012</strong> anzuwendenden<br />
DIN-Normen als gleichwertige Lösung<br />
i.S.d. § 3 Abs. 3 S. 3 BauO Bln weiterhin<br />
zuzulassen. Der Status als gleichwertige<br />
Lösung könnte zumindest bis zur für den<br />
März 2013 angekündigten Überarbeitung<br />
der Eurocodes aufrecht erhalten<br />
werden.<br />
3. Erörterung<br />
der beiden Lösungsansätze<br />
Beiden Lösungsansätzen ist der Vorteil<br />
gemeinsam, dass durch die Schaffung<br />
eines größeren Zeitfensters der Druck<br />
von den an der Einführung der Eurocodes<br />
beteiligten Personenkreisen genommen<br />
wird. Unzulänglichkeiten in Bezug<br />
auf die anzuwendende Statiksoftware<br />
u.ä. könnten beseitigt werden. Notwendige<br />
Schulungsmaßnahmen der Ingenieure<br />
könnten besser und in größerem<br />
Umfange durchgeführt werden. Durch<br />
ein weiteres Nebeneinander von DIN-<br />
Normen und Eurocode könnte insbesondere<br />
den Ingenieuren ein flüssiger Übergang<br />
zu den neuen Eurocodes ermöglicht<br />
werden.<br />
Eine Verschiebung der verbindlichen Einführung<br />
der Eurocodes als Technische<br />
Baubestimmung um bspw. 12 Monate<br />
hätte darüber hinaus den Vorteil, dass<br />
zusätzliche Zeit zur Verfügung stehen<br />
würde, um sämtliche vorgenannten Probleme<br />
unter geringerem Zeitdruck zu<br />
lösen. Es bestünde weiterhin die Möglichkeit,<br />
bis zum 01.07.2013 eine Komplettierung<br />
des Eurocodepaketes herbeizuführen,<br />
sodass ein in sich geschlossenes<br />
Gesamtkonzept bestehen würde,<br />
welches ein Nebeneinander von Eurocodes<br />
und DIN Normen obsolet machen<br />
könnte. Schließlich und endlich bestünde<br />
die Möglichkeit, auf Grundlage weiterer<br />
wissenschaftlicher Forschungen und<br />
Anwendungen in der Praxis noch bestehende<br />
Fehler und Unzulänglichkeiten der<br />
Eurocodes zu beseitigen und dem Ingenieur<br />
so eine größere Sicherheit zu verschaffen,<br />
dass das von ihm in öffentlich<br />
rechtlicher Hinsicht zu beachtende Normenpaket<br />
fehlerfrei ist.<br />
Allerdings dürfte es nunmehr für eine Verschiebung<br />
des Einführungstermins der<br />
Eurocodes, - weg vom 01.07.<strong>2012</strong> – hin<br />
zu einem späteren Zeitpunkt nunmehr<br />
deutlich zu spät sein. Schließlich wurde<br />
der Einführungstermin bereits im August<br />
2010 festgelegt. Ferner ist zu bedenken,<br />
dass die Einführung der Eurocodes zum<br />
01.07.<strong>2012</strong> nicht nur in <strong>Berlin</strong>, sondern in<br />
allen 16 Bundesländern stattfindet. Ein<br />
Alleingang <strong>Berlin</strong>s ist insoweit ausgeschlossen.<br />
Die Deklaration der bis dato geltenden<br />
DIN-Normen als gleichwertige Lösung<br />
i.S.d. § 3 Abs. 3 S. 3 BauO Bln würde<br />
dagegen einen weitaus geringeren Verwaltungsaufwand<br />
hervorrufen, da der<br />
Starttermin der Eurocodes 01.07.<strong>2012</strong> in<br />
keiner Art und Weise tangiert würde. Eine<br />
entsprechende Reaktion auf die zuvor