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950 Jahre Kleinrinderfeld 1060 - 2010 Festschrift - Gemeinde ...

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Stillstand der Zeit<br />

deR sImonshof Im fRänkIschen fReIlandmuseum bad WIndsheIm von heRbeRt may<br />

In der Baugruppe „Frankenhöhe – Steigerwald – Main-<br />

gebiet“ des Freilandmuseums Bad Windsheim ist seit<br />

Sommer 2002 die Hofanlage aus <strong>Kleinrinderfeld</strong> (Landkreis<br />

Würzburg) zu besichtigen. 1 Bei seiner „Entdeckung“<br />

zu Beginn der 1990er <strong>Jahre</strong> barg das eher unscheinbare,<br />

verputzte Wohnstallhaus eine gehörige Überraschung:<br />

Man fand einen Großteil der Räume mit einer Möbeleinrichtung<br />

vor, die weitgehend der Zeit um 1900 entstammen<br />

dürfte – und dies vor allem in der Guten Stube im<br />

Obergeschoß in einer beeindruckenden Unversehrtheit.<br />

Es war, als ob die Zeit für eine lange Weile stillgestanden<br />

wäre. Auch das übrige Inventar war noch zahlreich<br />

vorhanden: Küchengeschirr, Töpfe, Trachten, Wäsche, die<br />

gesamte Aussteuer der letzten Hausbewohnerin, Backutensilien,<br />

Chromolithographien mit religiösen Motiven,<br />

Stallgeräte und vieles mehr. Drei Tage waren für den<br />

Umzug der gesamten mobilen Ausstattung ins Museum<br />

notwendig. Wie war es möglich, dass sich das Inventar<br />

in dieser einzigartigen Vollständigkeit bis in unsere Zeit<br />

erhalten konnte, ohne nach dem Zweiten Weltkrieg zerstreut<br />

oder in der Wirtschaftswunderzeit ‘runderneuert’<br />

zu werden? Wie konnte sich überhaupt dieses Haus in die<br />

1990er <strong>Jahre</strong> hinüberretten? Ein Haus, dessen Wohnstandard<br />

den 1930er <strong>Jahre</strong>n entsprach, ohne sanitäre Anlagen,<br />

ohne Heizung, bis 1991 sogar noch mit Deutschem Kamin<br />

– ein Fossil in einem Dorf, dessen historische Bausubstanz<br />

in den letzten Jahrzehnten gründlich hinweggefegt wor-<br />

den ist. Durch archivalische Recherchen und Befragungen<br />

von Verwandten und Hausnachbarn kam man der Hausund<br />

Hofgeschichte des Simonshofes, benannt nach Simon<br />

Borst, einem früheren Hofbesitzer, auf die Spur. Doch soll<br />

vorher ein kurzer Blick auf die Baugeschichte der Hofgebäude<br />

den Handlungsrahmen der Hofgeschichte deutlich<br />

machen.<br />

Die Hofanlage und ihre Gebäude<br />

<strong>Kleinrinderfeld</strong> liegt südlich von Würzburg im so genannten<br />

Ochsenfurter Gau, einem der fruchtbarsten Ackerbaugebiete<br />

in Unterfranken. Das nur wenige Kilometer<br />

südlich von Würzburg gelegene mehrteilige Straßendorf<br />

stand jahrhundertelang im Einflussbereich des Hochstifts<br />

Würzburg und zählte am Vorabend der Säkularisation<br />

496 Bewohner in 80 Häusern. 100 <strong>Jahre</strong> später hatte sich<br />

die Einwohnerzahl der Ortschaft im Bannkreis der Mainmetropole<br />

mehr als verdoppelt und die Bebauung stark<br />

verdichtet. Zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor in <strong>Kleinrinderfeld</strong><br />

war durch den Abbau des reichlich vorhandenen<br />

Muschelkalksteins mittlerweile die Natursteinindustrie<br />

geworden.<br />

Das Hofensemble umfasste ein Wohnstallhaus, eine<br />

großen Scheune, einen Pferdestall, einen Schweinestall<br />

und einige Remisen. Außer dem stark baufälligen rückwärtigen<br />

Scheunenteil, dem unter der Scheune befindlichen<br />

Rübenkeller und den Remisen sind sämtliche Ge-<br />

bäude nach Bad Windsheim transloziert worden. Während<br />

die genannten Nebengebäude allesamt während des 19.<br />

Jahrhunderts in Muschelkalkstein errichtet worden sind,<br />

stammt das Wohnstallhaus nach einer Inschrift an einem<br />

Balken des traufseitigen Fachwerkgefüges wie auch nach<br />

archivalischen Unterlagen und der dendrochronologischen<br />

Untersuchung aus dem <strong>Jahre</strong> 1779. Das stattliche zweigeschossige<br />

Gebäude war zuletzt vollständig verputzt<br />

und bestand – abgesehen von dem massiv erneuerten<br />

Stallbereich – aus konstruktivem Eichenholz-Fachwerk mit<br />

wandhohen Streben, das auf einem Sockel aus heimischem<br />

Muschelkalkstein lagerte. Nicht nur das äußere Erscheinungsbild,<br />

auch die Grundrissaufteilung repräsentiert<br />

einen Haustypus, den man als durchaus exemplarisch für<br />

den Ochsenfurter Gau bezeichnen kann. 2 Im vierzonigen<br />

Grundriss des Erdgeschosses befindet sich links des Flurs<br />

die Stube, in der durch eine restauratorische Befunduntersuchung<br />

mehrschlägige Schablonierungen festgestellt<br />

werden konnten, dahinter ist eine Schlafkammer. An die<br />

hinter dem Flur liegende Küche schloss sich an der Traufseite<br />

bis 1958 ein Back- und Dörrhaus an, das zwischen 20<br />

und 25 Laib Brot fassen konnte. Unter der Wohnzone liegt<br />

der Gewölbekeller, hier lagerte vor allem der selbst hergestellte<br />

Most. Von der Küche gelangt man in einen noch<br />

Der Simonshof:<br />

wiederaufgebaut im Freilandmuseum Bad Windsheim

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