950 Jahre Kleinrinderfeld 1060 - 2010 Festschrift - Gemeinde ...
950 Jahre Kleinrinderfeld 1060 - 2010 Festschrift - Gemeinde ...
950 Jahre Kleinrinderfeld 1060 - 2010 Festschrift - Gemeinde ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ErlEbt und Erzählt von Willi SchirmEr<br />
Julius, der Ziegenbock<br />
Als ich 15 <strong>Jahre</strong> alt war, bekamen wir Zuwachs in<br />
unserem Stall. Mein Vater, der Schirmers Fritz übernahm<br />
die Verantwortung für zwei edle, prämierte und gekörte<br />
Ziegenböcke. Es gab damals ca. 100 Ziegen im Dorf und<br />
die mussten jährlich, so zwischen Oktober und November<br />
unseren Böcken einen Besuch abstatten, um im nächsten<br />
Frühjahr Nachwuchs zu gebären.<br />
Die Böcke kaufte die <strong>Gemeinde</strong>, mein Vater hatte sie<br />
gegen Entgelt das ganze Jahr über zu versorgen und im<br />
Herbst das Management zu übernehmen. Es waren zwei,<br />
da die Bockzeit so kurz und die Ziegen so viele waren.<br />
Einer allein konnte beim besten Willen die Aufgabe nicht<br />
bewältigen. Viagra war damals noch unbekannt, sowohl<br />
bei den Ziegenböcken als auch beim Menschen, und das<br />
war gut so. Ein arbeitsloser Ziegenbock hätte ja auch kein<br />
Arbeitslosengeld oder gar Hartz IV bekommen.<br />
Die Böcke mussten alle <strong>Jahre</strong> bei der Körung ihre<br />
Männlichkeit beweisen, wenn es nicht mehr ging, wurden<br />
sie gegen jüngere ausgetauscht. Jeder Bock hatte einen<br />
Namen und so sind die Wotans, Maxels, Brutus und viele<br />
mehr noch in meinem Gedächtnis. An einen Bock kann ich<br />
mich noch genau erinnern, es war der „Julius“. Während<br />
der Bockzeit rumorten die Tiere recht heftig im Stall, danach<br />
und das ganze Jahr über blieben sie recht zutraulich<br />
und zahm. Der Julius war ein Prachtexemplar seiner Rasse,<br />
ca. 1,50 m hoch, hatte einen langen Bart und riesige<br />
Hörner. Eines Tages saßen wir beim Müller im Gasthaus<br />
„Zum Löwen“, hatten schon einige „Bartel“ (Krüge) intus,<br />
da kam der Gallus Borst auf die Idee: „Wir holen jetzt den<br />
Julius aus seinem Stall, wenn ihr alle dann für uns Freibier<br />
springen lasst." Keiner glaubte, dass wir das auch wirklich<br />
in die Tat umsetzen würden und stimmten zu.<br />
Wir gingen nach Hause, der Gallus sprach dem Bock<br />
gut zu, ich hatte etwas Angst, denn Julius war nicht gerade<br />
ruhig, und ab ging es zum „Müller“. Mit viel Hallo<br />
wurden wir in der Wirtschaft begrüßt. Alle tanzten um<br />
den Bock herum, was ihm doch nicht ganz geheuer vorkam<br />
und als Beweis seines Unmuts entleerte er sowohl<br />
seinen Darm als auch, was noch unangenehmer war, seinen<br />
„Bocksbeutel“. Einen noch größeren Schrecken gab<br />
es, als Julius plötzlich auf den in der Mitte der Wirtschaft<br />
stehenden Ofen losging und ihn umwarf. Das Ofenrohr fiel<br />
herunter und die Rußwolke größeren Ausmaßes durchzog<br />
die Wirtschaft. Damit war unsere „Bockparty“ schnell beendet<br />
und Julius kam wieder in seinen Stall. Von dieser<br />
Geschichte habe ich folgendes Gedicht gemacht:<br />
Es saßen einst vier lustige Mann<br />
im Löwenwirtshaus drin<br />
und tranken aus dem Bartel (Krug)<br />
mit frischem, frohem Sinn.<br />
Der Bartel wurde leer,<br />
die Köpfe wurden schwer.<br />
Da kam ein Mann auf den Entschluss:<br />
wir holen jetzt den Geißbock Julius.<br />
Ein Freund mit viel Humor und Witz,<br />
ging auch hinaus zum Schermers Fritz.<br />
Sie schmuggelten leise den Bock heraus<br />
und Julius strömte sein Aroma aus.<br />
Sie ritten den Bock, es wir sich schon lohnen<br />
(Freibier)<br />
und in der Wirtschaft lagen Bohnen.<br />
Der Bock kam zurück in den Stall<br />
und der Bartel füll` sich noch duztende Mal.